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"Viel zu viel Spaß, um aufzuhören"

Jost-Arend Bösenberg13. Juli 2014

Sie sind die erfolgreichste deutsche Rockband aller Zeiten. Im Interview sprechen sie über den Abschied vom Abschied, das 50-jährige Bandjubiläum, den DW-Dokumentarfilm "Forever And A Day" und das geplante Album.

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13.06.2013 DW popXport Scorpions
Bild: Sony Music

Die Scorpions - das sind vor allem Sänger Klaus Meine, Gitarrist Rudolf Schenker und Lead-Gitarrist Matthias Jabs. Zusammen haben sie über 100 Millionen Tonträger verkauft und mehrere Tausend Konzerte gegeben.

DW: 2010 habt Ihr bekannt gegeben, nach einer dreijährigen Farewell-Tour die Karriere beenden zu wollen. Anfang 2013 kam dann die Entscheidung, weiter zu machen. Warum?

Klaus Meine: Wenn man auf eine dreijährige Farewell-Tour geht – da weiß man, dass man noch eine lange Zeit vor sich hat. Aber diese lange Zeit, die war sehr viel schneller rum, als wir uns vorstellen konnten. Und je näher wir an den finalen Punkt kamen, also Richtung München im Dezember 2012, umso mehr haben wir das Gefühl gekriegt, wir sind noch lange nicht am Ende. Da waren so viele Bildern im Kopf und all die Emotionen im Herzen: All das, was wir erlebt haben zwischen 2010 und 2012, die 200 Konzerte, die wir gespielt haben, das war einfach so stark. Wenn man auf der Bühne steht und da runter schaut und so viele Fans sieht - auch aus der jungen Generation, die so abgehen und sagen: "Scorpions, es ist so geil, wir sehen Euch das erste Mal, wann kommt ihr wieder?" Also, es ist so motivierend und inspirierend, für drei Generationen zu spielen. Wir haben alle viel zu viel Spaß, um die Gitarren schon in die Ecke zu stellen.

Rudolf Schenker: Der Erfolg der Farewell-Tour hat uns überwältigt. Wenn du davon ausgehst, dass Du eine ganz neue Generation vor dir hast - viele 18-, 19-, 20-Jährige, dann kommst Du in eine Situation, wo Du einen Kick bekommst. Im Grunde haben wir die Farewell-Tour angesetzt, weil wir nicht wollten, dass wir auf der Bühne stehen und das nicht mehr abliefern können, was die Leute von uns erwarten.

Matthias Jabs: Für den Abschied gab es ja erst mal viele Argumente, die wurden aber schnell überholt von dem Gefühl, wie viel Spaß das alles macht. Egal wo wir hingegangen sind, das Publikum stand überall Kopf - in Südamerika, in den USA, in ganz Europa. Und wir haben einfach gedacht, das kann doch nicht das Ende sein.

Dann kam das Angebot, ein MTV-Unplugged-Konzert in Athen zu spielen, das dann später auch auf CD und DVD veröffentlicht wurde. Was bedeutet Euch die Akustik-Reihe?

Klaus Meine: Es war Anfang 2013, als das Angebot von MTV-Unplugged kam. Da hat uns natürlich das Jagdfieber gepackt und wir haben gesagt: "MTV-Unplugged? Sollen wir jetzt sagen, zu schade, wir haben gerade aufgehört? Natürlich nicht." Also, da waren wir alle sehr schnell der Meinung, das ist noch mal eine Herausforderung. MTV-Unplugged ist so ein Brand, auch wenn MTV heute nicht mehr das ist, was es mal in den glorreichen 1980er Jahren war. Aber das ist so eine starke Geschichte, wo eigentlich die besten Musiker der Welt unterwegs sind und wo man Teil dieser MTV-Unplugged-Historie wird. Und deswegen war das für uns eine Einladung, die wir wirklich nicht ausschlagen konnten und wo wir uns mit voller Leidenschaft rein gestürzt haben.

Scorpions @POPXPORT
Die Scorpions unplugged unterwegsBild: Torsten Hilse

Was ist denn die Herausforderung bei MTV-Unplugged?

Matthias Jabs: Die Akustik-Gitarre verzeiht nichts. Man muss mit viel größerer Konzentration und Genauigkeit spielen. Eine Elektro-Gitarre, gerade wenn sie etwas verzerrter ist, da kann man auch mal reinhauen und der Ton steht ein bisschen länger. Das gibt ja auch den ganz eigenen Sound. Aber bei einer Akustik-Gitarre muss jeder Ton genau dann gemacht werden, wenn er dran ist, und das macht es eben besonders schwierig.

Welche Rolle spielen bei Euch die sozialen Medien?

Klaus Meine: Für eine Live-Band, die so global unterwegs ist wie die Scorpions, ist das Internet zum Verbündeten geworden - in dem Sinne, dass man sich fast nach jedem Konzert auf YouTube Songs anschauen kann. Das sehen dann junge Leute und die sagen, wenn die Scorpions in mein Land kommen, dann gehe ich mit meinen Freunden hin, denn da gibt es auf jeden Fall eine Rock'n Roll-Vollbedienung, und da werden wir eine gute Zeit haben. Die gehen dann vom Konzert weg und erzählen, wir haben die Scorpions gesehen und das war so geil; das war jetzt keine Altherrenrockercombo, die da unterwegs ist, sondern eine Band, die uns mit ihrer Musik direkt ins Herz getroffen hat.

Nächstes Jahr feiert Ihr 50 Jahre Scorpions. Was plant Ihr für das Jubiläum?

Klaus Meine: Wir wollen 2015, wenn wir, man mag es kaum aussprechen, 50th Anniversary feiern, natürlich auch mit einem starken Album aufwarten. Wir waren in den letzten Wochen im Studio und haben da weiter gemacht, wo wir 2011 schon mal angefangen hatten: bei einem Projekt, das wir "Outtakes" benannt haben und für das wir Songs aus den 80er Jahren nochmal durchgehört haben und unsere Archive, die ganzen Schubladen, durchgekramt haben. Da haben wir viel Material gefunden, viele Titel, die wir nie veröffentlicht haben, die auch zum Teil nicht unbedingt fertig komponiert waren. Da gab es auch Texte, Arbeitstexte, wo ich mich jetzt wieder ran gesetzt habe und einfach neue Lyrics geschrieben habe und gesagt habe, da ist doch das eine oder andere Juwel dabei. Auf dem Album wird es aber auch neues Material geben - Songs, die jetzt gerade entstehen. Also, es ist ein spannendes Projekt.

Klaus Meine auf der Bühne
Klaus Meine hat noch viel vorBild: Steve Jennings

Was ist mit dem Dokumentarfilm „Forever And A Day“, den Regisseurin Katja von Garnier im Auftrag der Deutschen Welle und des Zweiten Deutschen Fernsehens macht?

Klaus Meine: Der Dokumentarfilm soll ebenfalls 2015 rauskommen. Ein Kamerateam hat uns in den letzten Jahren rund um die Welt begleitet - in Bangkok, Berlin, München, Paris, Los Angeles und Moskau. Neulich haben wir uns bei einem Screening die letzte Version des Films angeschaut. Das ist schon abgefahren, auch weil da so viel Material zu sehen ist, an das wir uns selbst gar nicht mehr erinnern konnten, zum Beispiel die Scorpions mit ihrem alten Band-Bus Anfang der 70er Jahre auf Tour. Da sind so viele Bilder drin, die außer uns noch niemand gesehen hat. Ich glaube, das wird ein ganz besonderer Film für unsere Fans.

Das Interview führte Jost-Arend Bösenberg.