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Politik

Seenotretter erheben Vorwürfe gegen EU

28. Juni 2018

Die Lifeline-Aktivisten wehren sich nach ihrer Odyssee, als kriminell abgestempelt zu werden: Ihre Schiffe seien im Mittelmeer unterwegs, weil die EU versage. Der Lifeline-Kapitän soll in Malta vor Gericht.

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Malta Rettungsboot Mission Lifeline im Hafen von Valletta
Bild: Reuters/D.Z. Lupi

Die privaten Rettungsorganisationen Lifeline und Sea-Watch haben von dem EU-Gipfel in Brüssel eine europäische Lösung im Umgang mit Flüchtlingen im Mittelmeer gefordert. Die Hilfsorganisationen seien einer "Kriminalisierungskampagne" ausgesetzt, sagte Marie Naass von der Organisation Mission Lifeline in Berlin.

Die Organisationen würden von der Politik zu "Sündenböcken" für eine verfehlte Migrationspolitik gemacht. "Uns gibt es nur, weil Staaten ihrer Verantwortung nicht nachkommen", sagte Naass.

Beide Organisationen forderten eine Dublin-Reform. Die Dublin-Verordnung sieht vor, dass Länder, in die Migranten zuerst einreisen, deren Asylanträge bearbeiten müssen. Hauptankunftsländer wie Italien oder Griechenland tragen daher eine besonders große Last. Italien sei mit dem Flüchtlingsproblem in den vergangenen Jahren "massiv allein gelassen" worden. "Der europäische Rat hat es versäumt, einen Vorschlag vorzulegen", sagte die Lifeline-Sprecherin. 

Zukunft privater Rettungsaktionen fraglich

Die Aktivisten ließen die Zukunft ihrer Rettungsmissionen offen. Man könne noch keine Aussage dazu machen, ob man gleich wieder rausfahre, so Naass weiter. Wenn man nicht mehr vor Ort sei, würden Menschen im Mittelmeer sterben. "Wir wissen aber auch, dass unsere Arbeit massiv erschwert wird - und wir können so eine Lifeline-Situation nicht jede Woche haben."

Mittelmeer NGO Mission Lifeline Schiff Flüchtlinge (Foto: picture-alliance/AP Photo/H. Poschmann)
Die "Lifeline" hatte die Migranten vor der libyschen Küste aus Seenot gerettetBild: picture-alliance/AP Photo/H. Poschmann

In der vergangenen Woche hatte die Lifeline, das gleichnamige Rettungsschiff der Organisation, vor der libyschen Küste 234 Flüchtlinge gerettet. Nach einer sechs Tage langen Irrfahrt über das Mittelmeer erhielt es am Mittwochabend die Erlaubnis, im Hafen von Valetta anzulegen. Italien und Malta hatten dem Schiff zuvor das Einlaufen in einen ihrer Häfen verweigert.

Die Aktivisten der Dresdner Hilfsorganisation Mission Lifeline müssen nun rechtliche Konsequenzen fürchten, weisen aber alle Anschuldigungen von sich. Maltas Regierung wirft dem Lifeline-Kapitän vor, gegen "internationale Gesetze verstoßen und Anweisungen der italienischen Behörden missachtet" zu haben. Er wurde bereits zwei Mal von der maltesischen Polizei befragt und soll nun vor Gericht gestellt werden. Dafür ist am Montag ein Termin angesetzt.

Bergung in letzter Minute?

Dem Kapitän werden Verfehlungen im Zusammenhang mit der Registrierung des Schiffes vorgeworfen, wie der maltesische Rechtsbeistand Neil Falzon mitteilte. Ihm war auch vorgehalten worden, die Anweisungen der italienischen Behörden bei der Rettung der Migranten vor Libyen ignoriert zu haben.

Die Regierung in Rom hatte das Schiff nach eigenen Angaben angewiesen, der libyschen Küstenwache die Bergung zu überlassen. Nach Darstellung der Helfer kam die Küstenwache aber nicht schnell genug zu Hilfe. "Wir werden unser Möglichstes tun, um diese Sache aufzuklären und sicherzustellen, dass Hilfsorganisationen nicht zum Ziel werden, weil sie Menschen in Seenot retten", sagte Falzon.

"Wir haben uns an alle internationalen Konventionen gehalten", betonte Lifeline-Sprecherin Naass. Man kooperiere mit den Behörden in Malta und gebe alle gewünschten Informationen weiter. Das Auswärtige Amt sei stets über die Mission informiert gewesen. Ein Sprecher des Büros von Premier Joseph Muscat bestätigte die Vorwürfe, machte aber keine weiteren Angaben.

Das Schiff fährt nach Angaben der Dresdener Hilfsorganisation unter niederländischer Flagge, was die dortigen Behörden aber bestreiten: Die Lifeline sei nur im Register des Wassersportverbandes eingetragen.

sam/jj (afp, dpa, rtr)