Beethovenfest schließt nachdenklich ab
2. Oktober 2017Es war kein knalliger Rausschmiss. Mit leisen und ungewohnten Klängen ging das Fest zu Ende: Wer kennt schon das "Poème de l'amour et de la mer" (Gedicht von der Liebe und dem Meer) oder "La mort de Cléopatre" (Der Tod der Kleopatra)? Das Beethovenfest-Publikum im fast ausverkauften World Conference Center Bonn (WCCB) gehört nun zu den Wissenden, die am 1. Oktober Ernest Chaussons subtil schillernden Tönen lauschten, die stilistisch zwischen Wagner und Debussy anzusiedeln sind, und den langsamen Tod der ägyptischen Königin hörten, der von Hector Berlioz in Musik verwandelt wurde. Ungewohnt war auch, dass es anstatt einer zwei Gesangssolistinnen gab: die Amerikanerin Betsy Horne und die Bulgarin Vesselina Kasarova.
Dann kam die Große Sinfonie in C-Dur von Franz Schubert: Eher rau, rhythmisch packend und von Bläsern dominiert, zeigten die Bamberger Symphoniker und ihr Chefdirigent Jakub Hrůša, dass es bei Schubert um Abgründe geht – Abgründe der Liebe, der Einsamkeit und des ewigen Wanderns. Fast beiläufig dann, als ob die Musiker daran erinnern wollten, dass sie beim Beethovenfest auftraten, spielten sie als Zugabe den zweiten Satz aus der Achten Sinfonie Ludwig van Beethovens. Auch das war ein eher subtiler Moment.
Ein Fest der Gefühle
Zu Beginn versprach Beethovenfest-Intendantin und Urenkelin von Richard Wagner, Nike Wagner, "in einer lärmenden Welt, Raum für die stillen Gefühle" zu schaffen – und hielt das Versprechen in den anschließenden drei Festivalwochen. Schließlich ging es beim Motto "Ferne Geliebte" um Sehnsucht und unerfüllte Leidenschaft.
Wagner zeigte sich am Ende des Musikfestivals zufrieden: Besonders bei den Liederabenden habe sie "Träne über die Gesichter laufen" gesehen. Wagner hob auch das Streichquartetten-Wochenende als besonders intensives Erlebnis hervor.
Verknappt und konzentriert
Drei Wochen anstatt vier dauerte das Fest diesmal. Bei einer nur geringfügigen Reduzierung des Angebotes bedeutete das an manchem Wochenende zwei oder drei Veranstaltungen gleichzeitig – Besucher hatten mitunter die Qual der Wahl, ließen sich durch die Vielfalt aber nicht abschrecken: Die Vorstellungen waren im Durchschnitt zu etwa 70 Prozent ausgelastet, was sogar ein wenig mehr als im vergangenen Jahr ist.
Dabei musste das Fest mit provisorischen Spielstätten auskommen: Dazu gehörten die Kreuzkirche, mit deren heller Akustik und Echo-Effekten etwa der Weltstar-Pianist Igor Levit zurechtkommen musste, oder das WCCB, das ein Originalklang-Orchester wie Opera Fuoco kaum klanglich ausfüllen konnte. Ein Zustand der voraussichtlich noch weitere zwei Jahre andauert, da die Bonner Beethovenhalle saniert wird. Da funktionierte es besser mit dem BBC Symphony Orchestra, dem hr-Sinfonieorchester oder dem Mariinsky Theatre Orchestra.
Das Fest bot viele Entdeckungs- und Überraschungsmomente wie den Auftritt des Signum-Saxophonquartetts, neue Musik aus der Ukraine im Campuskonzert oder das Ballet de l'Opera de Lyon, das sich Beethovens "Großer Fuge" gleich dreimal in einer visuellen – sprich: getanzten – Darbietung widmete.
Und alles schaut auf 2020: Im 250. Jahr nach der Geburt Ludwig van Beethovens muss es dann in Bonn knallen. Und zwar mit einem besonderen Fest, das das ganze Jahr markiert.
Hören Sie hier eine Auswahl der Festival-Highlights vom Beethovenfest Bonn 2017:
- das Mariinsky Theatre Orchestra
- das Signum Saxophonquartett
- das hr-Sinfonieorchester
- das Originalklang-Ensemble Opera Fuoco
- das Campuskonzert des Beethovenfests