Sierens China: Nicht nachtragend
28. Januar 2016Sri Lankas Präsident Maithripala Sirisena hatte sich in den vergangenen Monaten demonstrativ nach anderen Partnern umgeschaut. Peking, dem bisher verlässlichen Partner, zeigte er dabei die kalte Schulter. Gleich nach seiner Wahl zum Präsidenten vor fast genau einem Jahr hatte er ein riesiges Hafenprojekt kurzerhand auf Eis gelegt, das noch sein Vorgänger Mahinda Rajapaksa mit den Chinesen vereinbart hatte. Die offizielle Begründung: Es fehle an einer Studie zur Umwelttauglichkeit des Hafenprojektes.
Um Investitionen im Wert von über einer Milliarde US-Dollar zu stoppen, müssen wohl auch andere Gründe für Sirisenas Entscheidung eine wichtige Rolle gespielt haben. Denn eigentlich braucht die Insel Gelder für Infrastrukturprojekte, um seine Wirtschaft wieder anzukurbeln. Nicht so richtig in Fahrt will das Wachstum vor allem wegen der politischen Instabilität Sri Lankas kommen. Zwei Jahrzehnte andauernde Bürgerkriege und danach rivalisierende Parteien haben der wirtschaftlichen Entwicklung lange Zeit einen Dämpfer versetzt. China ist einer der größten Investoren im Land. Und das Geld aus der Volksrepublik wird mehr denn je benötigt.
Distanzierung vom Amtsvorgänger
Sirisena wollte sich aber vom Erbe seines Vorgängers, dem besonders gute Beziehungen zu China nachgesagt wurden, distanzieren. Denn dieser baute nicht nur die wirtschaftlichen Kontakte zu China immer weiter aus, sondern auch die militärischen. Deswegen hatten zuletzt sowohl Indien als auch die USA immer frostiger auf den Kuschelkurs zwischen Sri Lanka und China reagiert. Sowohl Indien als auch die USA wollten vor allem verhindern, dass Peking mehr Einfluss in Sri Lanka gewinnt, und somit auch seinen Zugang zu den strategisch wichtigen Seewegen zwischen dem Golf von Bengalen und dem Arabischen Meer sichert. Sirisena wollte daher durch den Baustopp auch die Wogen zu Indien und den USA glätten.
Aber weder der indische Präsident Modi noch US-Präsident Obama haben so attraktive Angebote wie China gemacht. Sirisena hat schneller, als ihm lieb war, erkennen müssen, dass alles Werben nicht hilft, wenn die Braut nur eine mickrige Mitgift mitbringt. Rund 70 Prozent der Infrastrukturprojekte in Sri Lanka sind von Chinesen finanziert worden. Allein in den vergangenen fünf Jahren hat Sri Lanka zudem fünf Milliarden US-Dollar Hilfsgelder aus Peking erhalten.
Nun werden Bauarbeiten wieder aufgenommen
So wurde vergangene Woche grünes Licht gegeben. Und die Chinesen können schon im Februar die Arbeiten am Hafen von Colombo wieder aufnehmen. Offiziell wurde die Aufnahme der Bauarbeiten damit begründet, dass die Umweltstudie abgeschlossen sei und nun nichts mehr dem Bau im Wege stünde. Ein Detail hat sich dennoch geändert. Statt das Areal, auf dem gebaut wird, erwerben zu können, sollen die Chinesen das Grundstück am Hafen von Colombo nur noch pachten können. Ein Rückschlag für Peking.
Peking hatte vor über einem Jahr angekündigt, 1,4 Milliarden Dollar in das "Port City Project" am Hafen von Colombo zu investieren. Das riesige Hafenprojekt ist für den Ausbau der maritimen Seidenstraße ein strategisch wichtiger Punkt. Colombo ist eine Perle, die sich in die Perlenkette von Handelshäfen einreiht, die die Chinesen derzeit am Indischen Ozean bauen. Für Präsident Xi Jinping ist es der Traum, neben den alten Handelswegen der einstigen Seidenstraße auch eine maritime Seidenstraße zu bauen, um so Asien und Europa näher zu bringen.
Milliardenschwere Investitionen durch AIIB
Auch die Asiatische Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB) mit einem Stammkapital von 100 Milliarden US-Dollar wurde eigens für den Ausbau der Seidenstraßenprojekte gegründet. Xi fuhr damals sogar für den ersten Spatenstich zu einem Staatsbesuch nach Sri Lanka. Und schon im September 2014 wurde fleißig auf dem 244 Hektar großen Areal gebaut. Auf dem Gelände soll sich neben Hochtechnologiefirmen auch das produzierende Gewerbe ansiedeln und ein neues Finanzzentrum entstehen. Für Sri Lankas Präsident Sirisena mag es keine Liebesheirat sein. Aber wenigstens ist es ein Bündnis, in der der eine dem anderen nichts nachträgt.
Unser Korrespondent Frank Sieren lebt seit über 20 Jahren in Peking.