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Sorgen Teherans wegen ISIS-Vormarsch im Irak

David Eickhoff, Hans Spross13. Juni 2014

Der Vormarsch sunnitischer Extremisten im Irak bis in die Nähe Bagdads beunruhigt auch den Nachbarn Iran. Dort hofft man, dass sich der Verbündete Maliki auch ohne offene militärische Intervention behaupten kann.

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Konvoi von Isil-Kämpfern (Foto: AP)
Bild: picture alliance/AP Photo

Angesichts der blitzartigen Eroberung mehrerer Städte des Nord-Iraks, darunter der zweitgrößten des Landes, Mossul, durch Kämpfer der islamistischen Gruppe ISIS ("Islamischer Staat im Irak und Groß-Syrien") hat der Iran der Regierung in Bagdad unter Ministerpräsident Maliki Unterstützung zugesagt. "(Der Iran) wird Gewalt, Extremismus und Terrorismus in der Region und weltweit bekämpfen", sagte Präsident Rohani am Donnerstag (12.06.2014) im iranischen Staatsfernsehen. Zuvor hatte Außenminister Sarif die "Ermordung irakischer Bürger" verurteilt und Bagdad "Unterstützung" gegen den Terrorismus zugesagt. Weder Rohani noch Sarif konkretisierten jedoch die Art der angebotenen Unterstützung für die Regierung Maliki.

Ausgebranntes Fahrzeug irakischer Sicherheitskräfte in Mossul (Foto: Reuters)
Ausgebranntes Fahrzeug irakischer Sicherheitskräfte in MossulBild: Reuters

Der Iran habe seine Grenztruppen in der Region Westkurdistan in Alarmbereitschaft versetzt, meldet die iranische Agentur ILNA. Flüge aus dem Iran nach Bagdad wurden gestrichen oder ins südlicher gelegene Nadschaf umgeleitet.

"Iran will keinen Krieg zwischen Schiiten und Sunniten"

Der mehrheitlich schiitische Iran muss angesichts der militärischen Erfolge der Kämpfer unter Führung von Abu Bakr um seine eigene Sicherheit und um die der schiitischen Bevölkerung sowie der heiligen Stätten im Irak fürchten. Im Westen besitzt der Iran eine rund 1500 Kilometer lange Grenze zum Irak. Mehrere bedeutende schiitische Pilgerorte, darunter die heilige Stadt Kerbala, befinden sich auf irakischem Gebiet.

Karte ISIS im Irak und Syrien

Der iranische Journalist und Experte für die arabischen Länder, Mashallah Shamsolvaezin, hält dennoch ein direktes Eingreifen Irans im Nachbarland für unwahrscheinlich. Im Gespräch mit der Deutschen Welle relativiert er die Stärke der ISIS-Truppen: "Es handelt sich um eine begrenzte Anzahl von Kämpfern, die Guerilla-Taktiken anwenden." Mit relativ einfachen Mitteln habe ISIS es geschafft, die ganze Region in einen kollektiven Schockzustand zu versetzen. Die Schwäche der irakischen Armee sei von den Rebellen ausgenutzt worden. Shamsolvaezin geht davon aus, dass ehemalige Militärs aus Saddam Husseins Baath-Partei, die unter Maliki kaltgestellt wurden, an der Planung der Operation beteiligt gewesen seien.

"Eroberung weiterer Städte unwahrscheinlich"

Obwohl das Vorrücken der Terroristen im Irak die Interessen und die Sicherheit Irans berühre, schließt Shamsolvaezin ein Eingreifen der iranischen Armee ohne eine ausdrückliche Bitte der irakischen Regierung aus. Eine solche Intervention würde das Etikett des Krieges Schiiten gegen Sunniten tragen und einen solchen Religionskrieg wolle die Führung in Teheran unbedingt vermeiden. Davon abgesehen wären das iranische Militär und die Elitetruppen der Revolutionsgarden (Sepah) in der Lage, "die ISIS-Kämpfer innerhalb von 24 Stunden aus Mossul zu vertreiben".

"Aus strategischer Sicht fehlt den ISIS-Truppen die Unterstützung aus der Luft und die Anbindung an ihre Befehlszentren", so der Experte. Die Terroristen verfügten für einen ausgedehnten Krieg weder über die notwendigen Transport- und Kommunikationskapazitäten noch über schwere Artillerie und Luftstreitkräfte. Ein weiteres Vorrücken und die Einnahme weiterer Städte, wie von den Extremisten angekündigt, wäre deshalb ein äußerst schwieriges Unterfangen für die Kämpfer von ISIS.

Hassan Rohani (Foto: Reuters)
Irans Präsident Rohani sagt dem Irak Unterstützung zuBild: Reuters

"Scheitern der Atomgespräche mit dem Iran wäre fatal"

Solange sich Irans Verbündeter Maliki an der Macht halten kann, besteht also für die Führung in Teheran kein Grund zur Intervention. Dennoch "haben der Iran und die westlichen Staaten, die Europäer, denselben Feind: ISIS", sagt der deutsche Nahost-Experte Michael Lüders gegenüber der DW. "Es wäre wirklich tragisch, wenn nun die Atomgespräche zwischen dem Iran und der internationalen Gemeinschaft scheitern würden. Dann würde der Iran keine Veranlassung sehen, ISIS zu bekämpfen, sondern würde das (dem Westen) überlassen." Nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters gibt es in der iranischen Führung bereits Überlegungen, mit den USA zusammenzuarbeiten, um der Regierung in Bagdad gegen den Ansturm der Extremisten zu helfen.