Euro-Krise
15. Juni 2010Es bedurfte sogar eines Wortes der deutschen Kanzlerin: Nein, so Angela Merkel am Montagabend (14.06.2010) in Berlin, nein, man müsse keine Sorge haben. Allein: Das hat man schon sehr oft gehört in den vergangenen Wochen und Monaten: Nein, Griechenland brauche keine Hilfen von anderen. Am Ende stand ein gigantischer Rettungsschirm von 750 Milliarden Euro, um die europäische Gemeinschaftswährung vor dem Absturz zu bewahren. Und nun Spanien: Auch hier wieder das gleiche Szenario: Erst ist es nur eine Nachricht. Die Regierung in Madrid wittert eine Verschwörung, sieht eine Armee der Spekulanten aufziehen und feuert zurück: "Eine Lüge!"
Spanien hat viele Probleme
In solchen Momenten schaffen es selbst regulär geplante Telefonkonferenzen in die Schlagzeilen, von denen sonst kein Mensch Notiz nehmen würde. Aber wenn die Finanzminister der sieben wichtigsten Industrienationen (G7) miteinander telefonieren, dann geht es natürlich um Geld, und natürlich besorgt die Lage in der Eurozone auch die Minister aus den USA, Kanada und Japan. Und in der Tat hat Spanien einige große Probleme – auch wenn die Wirtschaftskraft des Landes stärker ist als die Griechenlands: Ein großes Loch in der Staatskasse, ein Arbeitslosenrekord, ein deftiger Crash am Immobilienmarkt: Die Immobilienblase, die in Spanien geplatzt ist, stellt für die vielen Sparkassen des Landes die Existenzfrage dar. Experten schätzen, dass nicht viele der insgesamt 45 regionalen Institute diese Krise überleben werden. Zwei von ihnen mussten schon per Verstaatlichung vor dem Kollaps bewahrt werden. 20 weitere wollen durch eine Fusion mit anderen ihre Probleme lösen. Ausgang der Operation: ungewiss.
Schwieriger an frisches Geld
Wie gesagt: Spanien ist nicht Griechenland. Es ist die viertgrößte Volkswirtschaft der Eurozone. Allerdings ist auch das auf Pump gekauft. Unternehmen, private Haushalte und der spanische Staat haben sich allein von deutschen Banken 200 Milliarden Euro geliehen. Frankreichs Banken sind gar mit 250 Milliarden Euro mit von der Partie. Insgesamt summieren sich die Außenstände Spaniens bei den Banken auf 600 Milliarden Euro. Die Unsicherheit ist groß: Es wird immer schwieriger für die Schuldenstaaten, an frisches Geld zu kommen. Der Anleihemarkt werde immer schwieriger, schreibt die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel in ihrem jüngsten Monatsbericht.
Gute und schlechte Nachrichten
Zu den vielen schlechten Nachrichten dieser Tage kam am Montagabend eine weitere dazu: Da stufte mit Moody´s eine weitere Ratingagentur die Kreditwürdigkeit Griechenlands ab: Von "A3" auf "Ba1" – zu deutsch: auf Ramsch-Status - oder nichts wert. Immerhin: Mittelfristig wird keine weitere Abwertung in Erwägung gezogen, so die Analysten von Moody´s. Dennoch gibt es auch gute Nachrichten von der Eurofront: So wurde am Dienstag (15.6.2010) in Athen ein Vertrag unterzeichnet, mit dem die Kooperation im Seeverkehr mit China ausgebaut werden soll. Damit verbinden sich Hoffnungen, dass die Chinesen künftig stärker in Griechenland einsteigen und das Land als Drehscheibe für ihre Europa-Exporte nutzen. Der Deal ist Teil des griechischen Plans, Länder mit großen Staatsfonds als Investoren zu gewinnen.
Autor: Henrik Böhme
Redaktion: Rolf Wenkel