Verfassungsrichter stoppen die Katalanen
8. September 2017Einen Tag nach der Verabschiedung eines umstrittenen katalanischen Gesetzes für ein Abspaltungsreferendum hat das spanische Verfassungsgericht die Regelung wieder aufgehoben. Die Entscheidung sei am Abend in einer Dringlichkeitssitzung unter Vorsitz des Präsidenten des Gerichtshofes, Juan José González Rivas, gefallen, berichten spanische Medien.
Ministerpräsident Mariano Rajoy hatte zuvor "Aufruhr" und "Ungehorsam" der Katalanen beklagt. Der Beschluss des Regionalparlaments in Barcelona für eine Volksabstimmung über die Unabhängigkeit von Spanien sei "unerträglich" und "völlig inakzeptabel". Während Rajoy erneut das Verfassungsgericht anrief, drohten die Madrider Justizbehörden den katalanischen Führern mit Strafverfolgung.
Separatistenführer hinter Gitter?
Generalstaatsanwalt José Manuel Maza erklärte, die Verfechter des Unabhängigkeitsreferendums würden vor Gericht gestellt. Das Verfahren richte sich gegen Abgeordnete des katalanischen Regionalparlaments sowie gegen die Mitglieder der Regionalregierung, die das Gesetz unterzeichneten. Er habe des weiteren die Sicherheitskräfte angewiesen, jedwede Vorbereitung der katalanischen Führer für die Volksabstimmung zu untersuchen, sagte Maza. Dokumente und Unterlagen für das Referendum würden beschlagnahmt.
Das von der separatistischen Bewegung dominierte Abgeordnetenhaus in Barcelona hatte am Mittwoch gegen den Willen der spanischen Zentralmacht ein Gesetz über die Volksabstimmung und den rechtlichen Rahmen für die Gründung eines eigenen Staates verabschiedet. Demnach sollen die Bürger am 1. Oktober darüber abstimmen, ob sich die autonome Region im Nordosten des Landes von Spanien abspalten soll. 48 Stunden nach einem "Ja"-Votum würde dann das Parlament die Unabhängigkeit erklären. Die Zentralregierung in Madrid lehnt eine Abspaltung Kataloniens jedoch strikt ab.
Trotz eines gerichtlichen Verbots hatten die Katalanen bereits im November 2014 in einer inoffiziellen Volksabstimmung mehrheitlich für die Loslösung von Spanien votiert. Das Referendum hatte keine rechtlich bindende Wirkung.
Zustimmung gesunken
Wenige Wochen nach den Terroranschlägen von Barcelona und Cambrils treibt Spanien nun möglicherweise in eine weitere schwere politische Krise. In der wohlhabenden Region Katalonien mit rund 7,5 Millionen Einwohnern gibt es seit Jahrzehnten Bestrebungen, sich von Spanien loszulösen.
Laut Umfragen haben die Befürworter der Unabhängigkeit derzeit mit rund 41 Prozent allerdings keine Mehrheit in der Bevölkerung. Viele verteidigen einfach das Recht, frei darüber abstimmen zu dürfen.
Katalonien erbringt ein Fünftel der spanischen Wirtschaftsleistung. Die Separatisten argumentieren, dass es der Region ohne Transferzahlungen an ärmere Gebiete Spaniens noch besser ginge. Die Regierung in Madrid warnte hingegen, dass die Abspaltung Rezession und Kapitalflucht auslösen könnten.
SC/rb (afp, rtr, APE)