SPD erhöht den Druck auf Merkel
16. September 2018Die Koalition zwischen CDU, CSU und SPD werde "an der Frage des Präsidenten einer nachgeordneten Behörde nicht zerbrechen", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel zum aktuellen Streitthema der Regierungskoalition. Die Sozialdemokraten fordern weiterhin die Entlassung des Verfassungsschutz-Präsidenten Hans-Georg Maaßen.
Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Malu Dreyer rief Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Handeln auf. "Maaßen ist nicht irgendein Beamter einer nachgeordneten Behörde, er ist der Präsident der wichtigsten Sicherheitsbehörde in unserem Land", sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin der "Bild am Sonntag". "Deswegen ist für uns ganz klar, dass Maaßen nicht mehr der richtige Mann für dieses wichtige Amt ist. Die Kanzlerin muss handeln."
Merkel muss Klarheit schaffen
Die SPD hält damit den Druck in dem Streit aufrecht. Sie pocht wegen umstrittener Aussagen Maaßens zu ausländerfeindlichen Vorfällen in Chemnitz auf seine Ablösung. Außerdem zweifelt sie an seiner Eignung im Kampf gegen rechtsextreme Tendenzen. SPD-Chefin Andrea Nahles sagte, es sei nun an Merkel, Klarheit zu schaffen. "Herr Maaßen muss gehen, und ich sage Euch, er wird gehen."
Der linke Flügel der SPD dringt darauf, die Koalition zu beenden, falls Maaßen im Amt bleibt. Allerdings könnte das zu einer Neuwahl führen, die die Partei fürchtet - zum einen angesichts dramatisch schwacher Umfragewerte, zum anderen, weil die AfD noch stärker abschneiden könnte als bisher. Die Hoffnung der Parteiführung liegt deshalb auf einem freiwilligen Rückzug Maaßens.
Ein ernsthafter Fehler
Maaßens oberster Dienstherr, Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), sieht hingegen keinen Anlass für dessen Entlassung. Dass die Koalition an der Frage zerbreche, hielt aber auch Seehofer für ausgeschlossen: "Das, was die Kanzlerin (...) zur Arbeit der Koalition gesagt hat, ist exakt meine Meinung. Die Koalition wird weiterarbeiten." Wie der Konflikt gelöst werden könnte, dazu sagte Seehofer auf Nachfrage nichts. Maaßen selbst sieht keinen Grund für einen Rücktritt. Zuletzt wurde bekannt, dass er plant, die Mitarbeiterzahl in seiner Behörde zu verdoppeln.
Niedersachsens Wirtschaftsminister und CDU-Landeschef, Bernd Althusmann, sagte der "Welt am Sonntag", Maaßen habe unbestritten einen ernsthaften Fehler gemacht. "Eine glaubwürdige Entschuldigung von Herrn Maaßen wäre jetzt angebracht." Sollten sich jedoch weitere Vorwürfe bestätigen, so Althusmann, müsste der Sachverhalt neu bewertet werden.
Stillschweigen bis Dienstag
Ausgangspunkt des Streits war ein Interview Maaßens in der "Bild"-Zeitung, in dem der oberste Verfassungsschützer gesagt hatte, ihm lägen "keine belastbaren Informationen" darüber vor, dass in Chemnitz Hetzjagden stattgefunden hätten. Vielmehr sprächen "gute Gründe" dafür, dass es sich bei einem entsprechenden Video "um eine gezielte Falschinformation handelt, um möglicherweise die Öffentlichkeit von dem Mord in Chemnitz abzulenken". Maaßen erläuterte seine Aussagen anschließend Parlamentariern. Seehofer stärkte ihm daraufhin den Rücken.
Am Dienstag wollen Merkel, Seehofer und Nahles erneut über den Streit beraten. Bis dahin haben sie Stillschweigen über das Thema vereinbart. Ein Gespräch der Koalitionsspitzen hatte zuletzt keine Lösung gebracht.
pgr/haz (dpa)