SPD-Basis stimmt für große Koalition
14. Dezember 2013Am Ende ging alles schneller als geplant. Schon am frühen Nachmittag waren die Stimmen der SPD-Mitglieder ausgezählt. Ursprünglich war die Pressekonferenz des SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel erst für den Abend geplant. Doch die hochmodernen Umschlagschlitzmaschinen, die mit dem Öffnen der Briefwahlunterlagen betraut waren, arbeiteten offenbar schneller als gedacht. Und so konnte Barbara Hendricks, die Vorsitzende der Zählkommission um 15 Uhr das Ergebnis verkünden: "Es wurden 337.880 Stimmen wirksam abgegeben. Davon waren 316 ungültig. Mit Ja haben gestimmt: 256.643. Das entspricht einer Quote von 75,96 Prozent. Mit Nein haben gestimmt: 80.921. Das entspricht einer Quote von 23,95 Prozent."
Insgesamt hatten sich 77,86 Prozent der SPD-Mitglieder an der Urabstimmung beteiligt. Rund 32.000 Stimmen konnten jedoch nicht gezählt werden, weil bei ihnen Formfehler vorlagen oder die eidesstattlichen Erklärungen fehlten, die den Stimmzetteln beigefügt werden mussten.
Ein glücklicher Parteichef
Sigmar Gabriel zeigte sich hochzufrieden mit dem Ergebnis. "Ich war lange nicht mehr so stolz, Sozialdemokrat zu sein wie in diesen Wochen und Monaten", sagte er mit einem beglückten Lächeln. So politisch engagiert habe er seine Partei lange nicht mehr erlebt. "Eine lebendige deutsche Sozialdemokratie hat gezeigt, wir sind nicht nur die älteste demokratische Partei in Deutschland. Wir sind auch die Beteiligungspartei." Er sei der festen Überzeugung, dass die SPD mit dieser basisdemokratischen Entscheidung neue Standards gesetzt habe für die politische Teilhabe der Bürger in Deutschland. "Es war ein Fest innerparteilicher Demokratie und ein Fest der Demokratie selbst. Dieser Tag wird in die Geschichte der Demokratie eingehen."
Gabriel wandte sich auch an die Parteimitglieder, die gegen die große Koalition gestimmt hatten. Auch sie und ihre Beweggründe nehme er sehr ernst. In den nächsten vier Jahren wolle er alles tun, um sie davon zu überzeugen, dass die Mehrheit mit ihrer Entscheidung Recht gehabt habe. Gleichzeitig forderte er die Gegner der großen Koalition in der SPD auf, sich weiter als engagierte Parteimitglieder zu beteiligen und ihre Zweifel und ihre Kritik in die Diskussion einzubringen.
400 ehrenamtliche Helfer
Auch für die Journalisten, die zahlreich in die ehemalige Posthalle in Berlin-Kreuzberg gekommen waren, wo das Abstimmungsergebnis verkündet wurde, hatte Gabriel einen Satz parat: "Vielleicht schreiben Sie über die SPD nach dem heutigen Tag ein bisschen anders als vor dem heutigen Tag", sagte er unter dem frenetischen Applaus der Parteifunktionäre und der vielen ehrenamtlichen Helfer, die sich in der Halle versammelt hatten. Sie waren aus ganz Deutschland nach Berlin gekommen, um bei diesem Ereignis dabei zu sein: 400 Männer und Frauen, die seit Mitternacht und ohne Bezahlung geholfen hatten, die Stimmen auszuzählen.
Bald Minister?
Neben Gabriel waren auch die SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles, Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier, der frühere parlamentarische Geschäftsführer Thomas Oppermann und die stellvertretende Parteivorsitzende Manuela Schwesig gekommen, um bei der Verkündung des Ergebnisses dabei zu sein. Sie alle werden für Posten in Regierung und Fraktion gehandelt. So soll Steinmeier wieder Außenminister werden, Oppermann soll ihm als Fraktionsvorsitzender Folgen. Schwesig wird als neue Familienministerin gehandelt und Nahles als Arbeitsministerin. Gabriel selbst soll das um den Bereich Energie erweiterte Wirtschaftsministerium übernehmen. Er lehnte es jedoch ab, sich zu den Personalspekulationen zu äußern. Das neue Kabinett soll am Sonntag bekannt gegeben werden.
Triumph für Gabriel
Eines jedenfalls steht fest: für Gabriel war dieser Tag ein Triumph. Er hatte den Mitgliederentscheid auf den Weg gebracht und in den letzten Wochen landauf landab für ein positives Votum der Parteimitglieder gekämpft. Hätten ihm die Genossen die Gefolgschaft verweigert, hätte dies sein Ansehen und seine Stellung an der Spitze der Partei schwer beeinträchtigt. Mit diesem Ergebnis aber ist er der unumstritten starke Mann an der Spitze der SPD und wahrscheinlich in Kürze Vizekanzler an der Seite von Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Am Abend gaben die die künftigen Koalitionspartner dann auch offiziell die Verteilung der Ministerposten in der neuen Regierung bekannt. Die CDU stellt demnach die Bundeskanzlerin und fünf Bundesminister, die Schwesterpartei CSU bekommt drei Ministerien und die SPD sechs Ressorts.
Verbraucherschutz künftig im Justizministerium
Die CDU wird künftig die Ministerien für Finanzen, Inneres, Verteidigung, Gesundheit sowie Bildung und Forschung besetzen. Sie wird auch den Staatsminister bei der Bundeskanzlerin stellen. Das Innenministerium war bislang von der CSU geführt, die nun das Entwicklungshilferessort als neues Ministerium bekommt.
Die Christsozialen behalten die Zuständigkeit für das Verkehrsministerium, das um den Fachbereich digitale Infrastruktur erweitert wird, und für das Landwirtschaftsministerium, das allerdings den Verbraucherschutz an das SPD-geführte Justizministerium abgeben muss.
Neben diesem neuen Ressort für Justiz und Verbraucher besetzt die SPD das Auswärtige Amt, das um Kompetenzen in der Energiepolitik erweiterte Wirtschaftsministerium, das Ressort für Arbeit und Soziales, das Umwelt- und das Familienministerium. Außerdem stellt die SPD den Vizekanzler. Die SPD besetzt außerdem das Amt des Staatsministers für Migration und Flüchtlinge. Der Posten des Kulturstaatsministers bleibt bei der CDU.