Spezialmaschinen für Leiterplatten
9. August 2013Ohne Leiterplatten läuft quasi nichts. Man findet sie in Handys und Stereoanlagen, aber auch in Herzschrittmachern. Eingesetzt werden sie ebenfalls in der Automobilbranche sowie in der Luft- und Raumfahrt, also in Flugzeugen, Raketen und Satelliten. Auf diesen Leiterplatten befinden sich die miteinander verlöteten elektronischen Bauelemente, die die Funktionen steuern. Ob im Flachbildfernseher oder im heimischen Computer. Solche Leiterplatten sollen nicht nur gut leiten, sondern auch lange haltbar sein. Das erreicht man mit einem speziellen Herstellungsverfahren. Die dafür notwendigen Maschinen stellt das mittelständische deutschen Unternehme Pentagal Chemie und Maschinenbau GmbH her. Das Bochumer Unternehmen hat eine Marktnische entdeckt und international erfolgreich besetzt.
Nach den Worten von Firmenchefin Sabine Schläger benötigen Leiterplattenhersteller in aller Welt solche Maschinen "um eine Zinnschicht auf die Kupferschicht von Leiterplatten zu bringen." Und zwar in einem speziellen Heißluftverzinnungsverfahren. Die Millimeter dünne Oberflächenschicht dieser Leiterplatten besteht aus Kupfer. Doch erst eine Bearbeitung mit einer zinnhaltigen Metallmischung sorgt dafür, dass die elektrischen Befehle auch reibungslos fließen. Außerdem verhindert die aufgebrachte Zinnschicht, dass die Kupferflächen nicht oxidieren.
Nachfrage ist groß
Lange lagern kann man herkömmliche Leiterplatten nicht, denn wenn sie nicht umgehend mit Bauteilen bestückt werden, können die Kupferoberflächen rasch korrodieren, erläutert Sabine Schläger. Mit dem sogenannten Heißluftverzinnungsverfahren verlängert sich aber die Lagerzeit von Leiterplatten, die noch nicht mit Bauteilen bestückt wurden, um mindestens sechs Monate. Darum sind die Maschinen von Pentagal auf der ganzen Welt gefragt. Zu den Kunden gehört mit Ibiden aus Japan auch der größte Hersteller von Leiterplatten. Gefragt nach den Abnehmern, muss Firmenchefin Schläger nicht lange nachdenken. "Mir fällt kaum ein Land ein, wo die nicht hingehen. Japan, Russland, Korea, Brasilien, Ecuador. USA sowieso." Und natürlich zu Kunden in diversen europäischen Ländern.
Aufgrund der großen Nachfrage müssen sich die Hersteller von Leiterplatten inzwischen in Geduld üben. Denn bei Pentagal wird pro Monat eine Maschine in aufwändiger Detailarbeit hergestellt. Außerdem merkt Sabine Schläger an, dass das Unternehmen nicht nur vom Bau neuer Maschinen lebt. "Mittlerweile sind über 300 Maschinen von uns auf dem Markt. Und die brauchen ja auch Ersatzteile." Inzwischen reichen die Lieferzeiten bis ins nächste Jahr.
Jede Maschine ist ein Einzelstück
Das Herzstück der Pentagal-Maschinen ist, so Sabine Schläger, der Zinntopf, in dem das Metall erhitzt wird. Dieser Zinntopf, der aus einem speziellen Stahl besteht, wird im Unternehmen selbst geschweißt. Hinzu kommen spezielle Luftmesser aus der Hausfertigung, die für Temperaturen bis zu 300 Grad ausgelegt sind. Auch das Programm für die Steuerung stammt von Pentagal. Geliefert werden die Maschinen mit einem Touchpanel, das in 16 Sprachen aufgerufen werden kann.
Jede Maschine ist ein Unikat, zugeschnitten auf die Bedürfnisse des jeweiligen Leiterplattenherstellers. Denn es kommt auf die Zusammensetzung der Lötmischung an, die in Fachkreisen als Lot bezeichnet wird. Zu der herkömmlichen Mischung gehören neben Zinn u.a. auch Nickel und Germanicum. Doch da seit 2006 die Verwendung mit Bleibestandteilen gesetzlich stark eingeschränkt wurde, testete das Unternehmen im Rahmen von Forschungsprojekten auch den Einsatz bleifreier Lötmittel. Mit Erfolg, dann heute kann Pentagal Maschinen sowohl für verbleite als auch bleifreie Lötmittel liefern.
Nachahmung schwer gemacht
Das sorgt auf dem internationalen Markt gegenüber Mitbewerbern für einen beachtlichen Vorsprung. Für die Bearbeitung von Leiterplatten, die für die Automobilindustrie, die Luft- und Raumfahrt sowie die Medizintechnik bestimmt sind, können aufgrund einer Ausnahmeregelung weiter verbleite Lötmischungen verwendet werden, da diese Produkte langlebiger sein müssen. Der Unterschied bei der Bearbeitung besteht in den unterschiedlichen Schmelztemperaturen der bleifreien und bleihaltigen Lötmischungen. Maschinen des Bochumer Familienunternehmens sind für beide Prozesse ausgelegt.
Pentagal garantiert mit dieser Methode der Abblastechnik eine Schichtdicke zwischen zwei und 20 My. Kreativität zahlt sich aus. Das gilt auch für die kleinen, weichen Plastikrädchen und Walzen aus einem Kunststoff für den schonenden Transport der Leiterplatten in der Maschine. Auch dieser Kunststoff wird bei Pentagal in die notwendigen Formen gegossen. Damit, merkt Firmenchefin Schläger nicht ohne Stolz an, mache man es anderen zusätzlich schwer, "unsere Maschinen nachzubauen." Mit gerade einmal 20 Mitarbeitern zählt Pentagal zu den Weltmarktführern. Ein Beweis dafür, dass auch kleine deutsche Familienunternehmen international eine führende Rolle spielen können.