Spitzenkandidaten von allen Seiten
Die Bundestagswahl rückt näher, die Spitzenkandidaten der Parteien wollen nur noch ihre Schokoladenseite zeigen. Neben ihrer offiziellen, haben die Kandidaten auch eine unbekannte Seite.
Wer wird Kanzler?
Auch wenn nur CDU und SPD ernsthaft glauben, nach der Bundestagswahl im September einen Kanzler stellen zu können, haben alle größeren Parteien Deutschlands Spitzenkandidaten. Sie repräsentieren ihre Partei im Wahlkampf. Die DW stellt die Kandidaten vor und zeigt nicht nur ihre offizielle, sondern auch die private Seite.
Auf dem Gipfel der Macht
Sie weiß wie es ist, die Erste im Land zu sein: Seit acht Jahren regiert Angela Merkel (59) die Bundesrepublik. Ihre politische Karriere begann sie 1989 in einer der ersten demokratischen Parteien des Ostens und ging dann zur konservativen CDU. Als Kanzlerin rüttelte sie an grundsätzlichen Positionen der Partei: Sie verabschiedete sich von der Wehrpflicht und beschloss den Atomausstieg.
Wandern, kochen, regieren
Wenn sie frei hat, ist die wahrscheinlich mächtigste Frau der Welt gerne in der Natur. Wandern mit ihrem Mann und Kochen sind ihre liebsten Beschäftigungen. Angela Merkel wuchs in der DDR auf. Dort absolvierte sie auch ihr Studium der Physik. "Die Naturwissenschaften waren meine Sache, auch weil sich die DDR-Führung in Naturgesetze wenig einmischen konnte", sagt Merkel auf ihrer Webseite.
Knallharter Kandidat...
"Nie wieder" will der Kanzlerkandidat der SPD, Peer Steinbrück (66), gemeinsam mit Angela Merkel regieren. Von 2005 bis 2009 war er unter Merkel Bundesfinanzminister in der großen Koalition von SPD und CDU. Im Wahlkampf plädiert der Volkswirt unter anderem für einen gesetzlichen Mindestlohn und eine Mietpreisbremse - und das stets mit viel Ironie und provozierenden Sprüchen.
...mit strategischer Ausrichtung
Seit seinem sechsten Lebensjahr spielt Peer Steinbrück Schach. Wenn er nicht gerade gegen einen Weltmeister antritt, nimmt er es mit einem Schachcomputer auf. Der SPD-Kanzlerkandidat beschrieb Schach einmal als ein Spiel, bei dem man immer nur versuchen könne, besser zu sein als sein Gegner. "Seit ich mich mit einem Schachcomputer duelliere, ist dies allerdings aussichtslos."
Eine ungleiche Doppelspitze
Jeder soll sich von den zwei grünen Spitzenkandidaten repräsentiert fühlen: Katrin Göring-Eckardt (47) ist eher bürgerlich, Jürgen Trittin (59) kommt aus dem linkeren Spektrum der Partei. Sie kommt aus dem Osten, er aus dem Westen Deutschlands. Beide fordern höhere Steuern für Besserverdienende und beide wurden von der Partei in einer Urabstimmung gewählt. Das war eine Premiere in Deutschland.
Immer mitten drin
Das Bad im Fluss wird Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin nicht so viel ausmachen. An prekäre Situationen auf Demonstrationen ist der ehemalige Bundesumweltminister gewohnt. Denn Trittin lässt sich gerne bei Protesten für mehr Umweltschutz oder gegen Rassismus sehen. Von seinem Privatleben gibt der Sozialwissenschaftler allerdings sehr ungern Details preis.
Die grüne Tänzerin
Bei ihrem Vater, der in der DDR eine Tanzschule betrieb, lernte Katrin Göring-Eckhardt, sich auf dem Parkett zu bewegen. Sie übte sich sogar im Turniertanz. Seitdem habe sie keine Angst mehr vor großen Auftritten. Eine gute Voraussetzung für ihre Kandidatur, für die die Mutter zweier Söhne ihre Arbeit als Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland vorerst ruhen lässt.
Wirtschaft, Finanzen, Brüderle
Rainer Brüderle (68), Spitzenkandidat der FDP, ist Wirtschaftspolitiker durch und durch. Von seiner ersten politischen Tätigkeit in Mainz bis zum Amt des Bundeswirtschaftsministers unter Angela Merkel prägten Wirtschaftsthemen seine Arbeit. Nachdem die FDP viele Stimmen auf der Länderebene verlor, trat Brüderle 2011 von allen seinen Ämtern zurück und wurde Fraktionsvorsitzender im Bundestag.
Nie privat...
Mitte Juni brach sich Rainer Brüderle bei einem Sturz ein Bein und einen Arm. Die wochenlange Reha am Tegernsee hat er jetzt hinter sich. Nach eigenem Bekunden hat es den 68-Jährigen genervt, dass die Genesung während des Wahlkampfs so lange dauerte. Ein Vollblutpolitiker, der über sein Privatleben kaum etwas durchsickern lässt. Nur so viel: Er ist verheiratet, evangelisch und wohnt in Mainz.
Der Linke und die noch Linkere
Stellvertretende Parteichefin Sahra Wagenknecht (44) und Fraktionschef Gregor Gysi (65) mögen sich eigentlich nicht sehr und zusammen arbeiten wollten die beiden schon gar nicht. Trotzdem führen sie das Spitzenteam der Partei Die Linke durch den Bundestagswahlkampf. Damit sie sich dabei nicht in die Haare kommen, gibt es noch Unterstützung von sechs weiteren Kandidaten.
Die Linke im Privaten
Eigentlich gilt sie als Einzelgängerin, doch ihr Privatleben teilt sie mit Oskar Lafontaine, dem ehemaligen Parteivorsitzenden der Linken. "Ich brauche meine Freiräume, Zeit für mich zum Lesen, zum Denken", sagt Sahra Wagenknecht über sich selbst. Sich in Themen vertiefen und forschen, das liegt ihr: Die promovierte Politikerin wollte ursprünglich Wissenschaftlerin werden.
Der brilliante Rhetoriker
Als Kind synchronisiert Gregor Gysi sowjetische Filmkomödien. Seine Freunde johlen immer, wenn sein Name im Abspann läuft. Heute redet er lieber über das Theater und liest Essays, hört Klassik. Früher wälzte der Jurist wie ein Besessener bis in die Nacht hinein Akten. Heute kann er sie auch bis zum nächsten Tag liegen lassen. Denn Gysi muss sich schonen: Er hat Herzprobleme.