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Boykottaufrufe gegen Dakar-Rallye verhallen

5. Januar 2021

Die Rallye Dakar führt an dem saudischen Gefängnis nahe Riad vorbei, in dem die Frauenrechtlerin Ludshain al-Hathlul inhaftiert ist - weil sie sich für die Aufhebung des Fahrverbots für Frauen eingesetzt hat.

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Saudi-Arabien | Rallye Dakar 2021 - Sebastien Loeb und Co-Fahrer Daniel Elena
Bild: Franck Fife/AFP/Getty Images

Möglicherweise hat Ludschain al-Hathlul in ihrer Gefängniszelle den Motorenlärm sogar gehört. Die dritte Etappe der Rallye Dakar an diesem Dienstag führte südwestlich der Hauptstadt Riad nahe dem Gefängnis Al-Ha'ir vorbei. Dort ist die 31 Jahre alte Frauenrechts-Aktivistin seit Mai 2018 inhaftiert. "Es ist absolut grotesk, dass die saudischen Behörden zur gleichen Zeit ein Motorsportereignis ausrichten - einschließlich weiblicher Fahrer - während die Heldinnen, die ihr Recht zu fahren erkämpft haben, im Gefängnis dahinvegetieren", sagte Lucy Ray von der britischen Menschenrechtsorganisation "Grant Liberty" der Zeitung "The Guardian".

Doch Aufrufe, die Rallye Dakar wegen der fortlaufenden Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien zu boykottieren, verhallten. Bei der diesjährigen Ausgabe der Wüstenrallye starten rund ein Dutzend Fahrerinnen.

Appell an Veranstalter ASO

Ursprünglich führte die 1978 gegründete Rallye von der französischen Hauptstadt Paris nach Dakar, in die Hauptstadt des Senegal. 2009 wurde die Veranstaltung aus Sicherheitsgründen von Afrika nach Südamerika verlegt. 2020 fand die Rallye dann erstmals in Saudi-Arabien statt, nachdem der französische Veranstalter "Amaury Sport Organisation" (ASO) einen Fünfjahresvertrag mit den Machthabern in Riad geschlossen hatten.

In einem offenen Brief vom vergangenen Samstag an ASO-Chef Jean-Etienne Amaury wiesen 13 Menschenrechtsorganisationen - darunter Human Rights Watch und Transparency International - auf anhaltende Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien hin und forderten die ASO auf, bei ihren Sportveranstaltungen internationale Menschenrechtsnormen zu beachten. Die ASO organisiert neben der Dakar-Rallye unter anderem auch die Radrundfahrten Tour de France und Vuelta.

Saudisches Frauen-Team bei der Dakar 2022?

"Fans, Medien und Rennteams sollten sich nicht von dem Spektakel der Rallye blenden lassen, während Saudi-Arabien mittels "Sportswashing" verschleiert, dass friedliche Oppositionelle inhaftiert werden", sagte Minky Warden von Human Rights Watch. "Sportswashing" nennen Menschenrechtler den Versuch von Regierungen wie jenen in Saudi-Arabien oder auch Katar, mit großen, glanzvollen Sportveranstaltungen von Menschenrechtsverletzungen im Land ablenken zu wollen.

So ist 2021 auch erstmals ein Formel-1-Rennen in Saudi-Arabien geplant. Vor Beginn der Rallye Dakar präsentierten die Machthaber in Riad stolz die Pläne für das Frauen-Motorrad-Team "Sheroes": Dania Akeel and Mashael Alobaidan sollen 2022 als erste saudische Frauen bei der Rallye starten.

Frauenrechtlerinnen als Terroristinnen verurteilt

Saudi-arabische Aktivistin Ludschain al-Hathlul
Ludschain al-Hathlul vor ihrer InhaftierungBild: Marieke Wijntjes/Amnesty International/dpa/picture alliance

Dass saudische Frauen überhaupt hinter dem Steuer sitzen dürfen, ist auch ein Verdienst von Ludschain al-Hathlul. Jahrelang hatte sie sich für das Recht saudischer Frauen eingesetzt, Auto fahren zu dürfen. Drei Wochen vor der Aufhebung des entsprechenden Verbots waren sie und andere Aktivistinnen verhaftet worden, weil sie Auto gefahren waren. Neben al-Hathlul sitzen mindestens drei weitere Frauenrechtlerinnen noch hinter Gittern.

Das höchste Terrorgericht Saudi-Arabiens hatte Ludschain al-Hathlul Ende Dezember zu fünf Jahren und acht Monaten Haft verurteilt. Da ihre seit 2018 schon im Gefängnis verbrachte Zeit angerechnet und ein Teil der Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden soll, kommt al-Hathlul möglicherweise im Frühjahr frei. Dennoch hat sie Berufung gegen das Urteil eingereicht, weil sie nicht als Terroristin eingestuft werden will.

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter