Auftakt des Bonner Beethovenfests
5. September 2015"Es ist nur eine Frage der Zeit. Irgendwann, in fünfzig Jahren vielleicht, werden die Leute meine Melodien nach dem Konzert nachpfeifen" - so oder ähnlich äußerte sich einmal der Komponist Arnold Schönberg. Wie eine fromme Hoffnung klingt der Satz, wenn man sich Schönbergs sperrige Kompositionen vorstellt. Doch durch die Wiedergabe seiner Variationen für Orchester Opus 31 beim Eröffnungskonzert des Bonner Beethovenfests ging seine Prophezeiung fast in Erfüllung. Gespielt wurden sie von der Staatskapelle Berlin unter der Leitung seines Chefdirigenten Daniel Barenboim.
Schönbergs Melodieverläufe haben oft nur einen geringen Wiedererkennungswert. Schließlich sind sie durch die von ihm entwickelte Zwölftontechnik eher abstrakt, sogar mathematisch geprägt. Doch als Daniel Barenboim beim Eröffnungskonzert Schönberg dirigierte - erstaunlicherweise ohne Partitur - konnte man die Motive, Verläufe und musikalischen Ereignisse genau verfolgen. Überraschende Momente, beruhigende und beunruhigende gleichermaßen, prägen das bunt schillernde, etwa halbstündige Werk aus dem Jahr 1928. Auch das Publikum war von der Leichtigkeit des Stücks angetan.
Vertrautes und Neues
Um Wiedererkennungsmomente geht es auch bei Kompositionen mit Thema und Variationen. Ludwig van Beethoven sprach von "Veränderungen", ein Motto, das dem diesjährigen Beethovenfest vorangestellt ist. Beim Eröffnungskonzert erklang die Musik Schönbergs neben der Egmont-Ouvertüre von Ludwig van Beethoven und der Sinfonie Nr. 1 von Edward Elgar.
Egmont, ein niederländischer Freiheitskämpfer aus dem Mittelalter, wurde in einem Trauerspiel von Johann Wolfgang von Goethe verewigt. Vor allem aber bleibt er in Erinnerung durch die Schauspielmusik, die Ludwig van Beethoven dazu schrieb. "Eine politische Musik" nannte sie der Bonner Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch in seiner Ansprache vor dem Konzert. Einen Kontrast dazu bildete Elgars erste durch und durch romantische Sinfonie, die an Johannes Brahms erinnert, der wiederum ohne Beethovens Einflüsse ein anderer geworden wäre. "Keiner der nachfolgenden Komponisten kommt um Beethoven herum," betonte Festivalintendantin Nike Wagner in ihrer Ansprache.
Nike Wagners Programm bekräftigt die wegweisende Bedeutung Beethovens
So gesehen, erscheint es fast als ein Leichtes, ein Beethovenfest zu programmieren: Der Komponist nahm so viel Einfluss, dass man bei nachfolgenden Komponisten oftmals einen Beethovenbezug ausmachen kann. Ganz so leicht macht es sich Nike Wagner als Festivalintendantin jedoch nicht, wie unschwer an den mehr als fünfzig Veranstaltungen des diesjährigen Programms, das bis zum 4. Oktober andauert, zu erkennen ist.
Der Festivalauftakt überzeugte und lässt auf weitere Höhepunkte hoffen. "Großartig, technisch brillant", nannte DW-Intendant Peter Limbourg den Eröffnungsabend. "Ich denke, es ist wunderbar für diese Stadt, dass dieses Festival ein so hervorragendes Publikum und hervorragende Musiker vorweisen kann, und ich freue mich auf die kommenden Wochen."