Syrien-Krieg: Steinmeier appelliert an Iran
17. Oktober 2015Frank-Walter Steinmeier ist der erste deutsche Außenminister seit zwölf Jahren, der zu einem längeren Besuch in den Iran gereist ist. Umso größer ist das diplomatische Gewicht der Initiative des SPD-Politikers. Zum Auftakt kam Steinmeier in Teheran mit seinem Kollegen Mohammed Dschawad Sarif zusammen. Dabei appellierte er an die iranische Führung, konstruktiv an den Friedensbemühungen im Syrien-Konflikt mitzuwirken. Der Iran solle seinen Einfluss auf den syrischen Machthaber Baschar al-Assad und dessen Umgebung nutzen, damit "erste Schritte hin zu einer Deeskalation" möglich seien, sagte der Minister nach dem Treffen. Dazu gehöre ein Eintreten für ein Verbot von Fassbomben und dass "das syrische Regime humanitären Zugang nach Syrien erlaubt und die Versorgung der Bevölkerung zulässt".
Sarif sagte ebenfalls, die Konflikte in der Region könnten nicht militärisch gelöst werden. Auch müsse humanitäre Unterstützung das syrische Volk erreichen und die Flucht tausender Syrer gestoppt werden. Sarif zeigte sich bereit, eine "konstruktive Rolle" bei der Lösung von regionalen Konflikten zu spielen und dafür mit allen wichtigen Kräften in der Region zu sprechen.
Syriens Staatschef Assad ist für seinen Machterhalt neben Russland auf die iranischen Truppen und die ebenfalls vom Iran unterstützte Hisbollah-Miliz aus dem Libanon angewiesen. Am Nachmittag will Steinmeier in Teheran mit Präsident Hassan Rohani zusammenkommen.
"Sprachlosigkeit überwinden"
Mit Blick auf Irans Rolle in Syrien fügte Steinmeier hinzu: "Es ist kein Geheimnis, dass unsere Position nicht in jeder Hinsicht deckungsgleich sind. Aber wir haben ein gemeinsames Interesse daran, dass das Morden in Syrien ein Ende findet und dass Syrien als Staat erhalten bleibt." Deutschland strebt dazu eine Friedenskonferenz an, an der neben Russland auch die großen Regionalmächte wie die Türkei und Saudi-Arabien beteiligt sind. Bislang lehnen das der Iran und Saudi-Arabien, die sich die Führungsrolle im Nahen Osten streitig machen, strikt ab. Steinmeier appellierte an beide, die bisherige Sprachlosigkeit zu überwinden: "Jeder Akteur in der Region hat eine Verantwortung, die über das nationale Interesse hinaus geht. Diese Verantwortung ist wichtiger als Ehrgeiz und nationaler Stolz."
Steinmeier hält sich bis Sonntag in Teheran auf. Die Beziehungen beider Länder waren seit mehr als einem Jahrzehnt durch den Streit um das iranische Atomprogramm sehr belastet. Mitte Juli verständigten sich die fünf UN-Vetomächte und Deutschland dann mit dem Iran darauf, dass das Land Atomkraft zivil nutzen darf, auf die Entwicklung einer eigenen Atombombe aber verzichtet. Steinmeier mahnte, die Vereinbarungen jetzt auch zügig umzusetzen. "Das fällt alles nicht vom Himmel. Wir wissen, dass der größere Teil der Arbeit uns noch bevorsteht." Erst in einigen Monaten werde man wissen, ob das Abkommen ein Erfolg sei. Im Iran gibt es Zweifel, dass der Westen die Jahrzehnte alten Sanktionen tatsächlich aufheben will. Das Land leidet darunter schwer. An diesem Sonntag muss der Iran mit der Umsetzung der Vereinbarungen beginnen.
Investitionen besser absichern
Mit Blick auf den angestrebten Ausbau der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen dem Iran und Deutschland nach einer Aufhebung der Sanktionen forderte Steinmeier Teheran auf, dafür solide rechtliche Voraussetzungen zu schaffen. "Deutsche Firmen wollen sich langfristig engagieren und schauen nicht nur auf den kurzfristigen Gewinn", sagte der Minister der regierungsnahen Tageszeitung "Iran". "Gerade deshalb wünschen sie sich stabile, rechtlich abgesicherte Investitionsmöglichkeiten." Eine Kooperation sei beispielsweise im Bereich der erneuerbaren Energien und bei der Modernisierung der Infrastruktur vorstellbar.
Am Sonntag reist Steinmeier nach Saudi-Arabien weiter. Letzte Station der Reise ist am Dienstag Jordanien. Zuletzt war der damalige Außenminister Joschka Fischer (Grüne) 2003 zu einem längeren Besuch im Iran. 2011 war dann auch der damalige Außenminister Guido Westerwelle (FDP) für einige Stunden in Teheran. Damals ging es darum, zwei inhaftierte deutsche Journalisten zurück nach Berlin zu bringen.
kle/sti (rtr, dpa, afp)