Stichwort: Der Wehrbeauftragte
21. Januar 2011Das Amt des Wehrbeauftragten des Bundestags ist so alt wie die Bundeswehr selbst. Die Initiative zur Schaffung dieses Amtes kam Mitte der 50er Jahre aus dem Parlament. Aus leidvoller historischer Erfahrung entstand der Wunsch nach einer starken Kontrolle des Militärs durch das Parlament. Daher sollte ein Politiker - und nicht etwa ein Militär - der Verbindungsmann zwischen der gerade erst gegründeten Bundeswehr und dem Bundestag sein. Eine solche Kontrollinstanz hatte es in Deutschland nie zuvor gegeben, weshalb die Befürworter sich auf das schwedische Vorbild eines Militär-Ombudsmanns beriefen.
1956 wurde das Grundgesetz um einen Artikel zum Wehrbeauftragten ergänzt. Für seine Stellung ist das entscheidend - der Wehrbeauftragte leitet seine Legitimation aus der Verfassung ab, was ihn unabhängig von der jeweiligen Regierung macht. Er könnte also auch dann nicht entlassen werden, wenn er deutliche Kritik am Verteidigungsminister oder der militärischen Führung üben würde. Seinen Auftrag erhält der Wehrbeauftragte vom Bundestag; mehr als die Hälfte der Abgeordneten müssen in geheimer Wahl für ihn stimmen. In der Regel wählen sie einen Politiker aus ihren Reihen, der dann sein Parlamentsmandat niederlegt.
Tausende Eingaben
Zusammen mit seinen 50 Mitarbeitern achtet der Wehrbeauftragte darauf, dass die Grundrechte der Soldaten und die Grundsätze der Inneren Führung gewahrt werden. Er geht Beschwerden von Soldaten nach, besucht unangemeldet Kasernen und die Einsatzgebiete im Ausland. Die Soldaten machen außerdem regen Gebrauch von ihrem Recht, dem Wehrbeauftragten ihre Sorgen mitzuteilen. Mehrere tausend Eingaben erreichen jedes Jahr das Berliner Büro des Wehrbeauftragten. Einmal im Jahr fasst er diese in einem Bericht zusammen, den er dem Bundestag vorlegt und anschließend der Öffentlichkeit vorstellt.
Auf diese Weise erfährt das Parlament Details über den Zustand der Truppe, die das Verteidigungsministerium nicht ohne weiteres preisgeben würde. Viele Mängel werden abgestellt, weil der Wehrbeauftragte immer wieder beim Verteidigungsminister vorspricht und beharrlich die Interessen der Soldaten vertritt. Er ist also sowohl Vertrauensperson für die Soldaten als auch Auge und Ohr des Parlaments in der Truppe.
Heute ist die parlamentarische Kontrolle der Armee ohne den Wehrbeauftragten nicht mehr vorstellbar. Der FDP-Politiker und Jurist Hellmut Königshaus ist der inzwischen elfte Wehrbeauftragte. Seit seiner Wahl durch den Bundestag im März 2010 ist er wiederholt mit kritischen Anmerkungen zu Mängeln bei der Bundeswehr an die Öffentlichkeit gegangen.
Autorin: Nina Werkhäuser
Redaktion: Dеnnis Stutе