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MusikEuropa

Still rolling on: Mick Jagger zum 80.

26. Juli 2023

Erfolgreich war er schon sehr früh. Was aber wäre aus dem Frontmann der Rolling Stones geworden, wenn er nicht dabei erwischt worden wäre, als er öffentlich an die Wand einer Tankstelle pinkelte?

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Mick Jagger streckt beide Arme zur Seite und hält ein Mikro in der Hand.
Mick Jagger 2022 in London - die Stones rocken weiter Bild: Suzan Moore/empics/picture alliance

Zusammen mit seinen damaligen Bandkollegen Brian Jones und Bill Wyman wird Mick Jagger 1965 wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses angeklagt. Die Geldstrafe macht ihnen höchstwahrscheinlich nicht viel aus, denn dieser Vorfall zementiert endgültig das Image der Rolling Stones als "böse Jungs" und liefert den Fans den Beweis dafür, dass Jagger und Co. Rebellen sind. Kurz darauf sorgt ihr Song "(I can't get no) Satisfaction" für den weltweiten Durchbruch der Band - und wird zur Hymne einer ganzen Generation.

Lebende Legenden: Die Rolling Stones

Ob sich etwas wirklich lohnt, hat der ehemalige Student der Wirtschaftswissenschaften schon immer gewusst. In Mick Jagger vereinen sich zwei Talente, die nicht oft miteinander harmonieren: Einerseits ist er der kühle Rechner und Geschäftsmann, andererseits der charismatische Frontmann einer Band, deren Image es ist, immer und überall anzuecken. Die Bösen zu geben ist allerdings auch brillantes Kalkül, denn das Terrain der "braven Jungs" ist ja schon durch die Beatles besetzt.

Wie viel Schauspiel es für den heute 80-jährigen Mick Jagger bedeutete, den Zügellosen herauszukehren, das wird er vielleicht selbst nicht mehr beantworten können. Später spielt er jene skandalträchtige Zeit herunter und sagt, sie seien doch nichts anderes gewesen als eine "Teenie-Pop-Band" und hätten nicht daran gedacht, rebellisch sein zu wollen.

Bill Wyman, Charlie Watts, Mick Jagger, Keith Richards und Brian Jones stehen auf einer Treppe vor einem Haus und blicken in die Kamera.
Die Rolling Stones 1964: Bill Wyman, Charlie Watts, Mick Jagger, Keith Richards und Brian JonesBild: Avalon/Retna/King Collection/picture alliance

Geburtsstunde auf dem Bahnhof

Für Mick Jaggers Freund und Stones-Gitarrist Brian Jones endete diese "harmlose Teenie-Band" in Drogensucht und mit seinem tragischen Tod 1969. Zusammen mit ihm und seinem anderen Kumpel Keith Richards startete Mick Jagger die Rolling Stones, nachdem er sich als Sänger schon einige Sporen in Alexis Korners Bluesband verdient hatte.

Der Legende nach trafen sich Mick Jagger und Keith Richards auf dem Bahnhof von Dartford in der Grafschaft Kent. Dort war Michael Philip Jagger am 26. Juli 1943 geboren worden - und an jenem Tag 1961 befand er sich auf dem Weg von zu Hause nach London zur School Of Economics, wo er studierte. Nach London wollte auch Richards, beide kannten sich aus der Schulzeit - denn auch er ist gebürtiger Dartforter.

Man beschloss, sich zum Musik machen wieder zu treffen und ein gutes Jahr später wurden The Rolling Stones aus der Taufe gehoben. Zusammen mit Keith Richards schreibt Mick Jagger bis heute die größten Hits für die Band - als Songschreiberteam vielleicht nur vergleichbar mit John Lennon und Paul McCartney. Jagger drückt den Stones mit seiner exaltierten Bühnenshow seinen unnachahmlichen Stempel auf - Richards liefert kongenial die einmaligen Gitarren-Riffs.

Die Stones in Deutschland

1965 betreten Mick Jagger und die Rolling Stones zum ersten Mal deutschen Boden. Am 11. September geben sie ihr erstes Konzert in Münster. Das Publikum reagiert euphorisch, wie schon zuvor die Fans in England und auf den Tourneen in den USA.

Wie viel rebellisches Potenzial die Band um Mick Jagger bei ihrem Publikum wecken kann, zeigt sich vier Tage später: Das Konzert der Stones in der Berliner Waldbühne endet mit der totalen Zerstörung der Freilicht-Arena. Polizei und Fans liefern sich stundenlange Auseinandersetzungen, Wasserwerfer kommen zum Einsatz. Die Waldbühne selbst wird erst sieben Jahre später wieder instand gesetzt.

Schwarz-weiß Aufnahme: Der junge Mick Jagger läuft mit Mikro in der Hand und aufgerissenen Augen über die Bühne. Neben ihm Gitarrist Keith Richards.
Die Rolling Stones beim Konzert am 4. Juli 1999 in KölnBild: Malte Ossowski/SVEN SIMON/picture alliance

Mick Jagger privat

Das Privatleben des 80-Jährigen ist ebenso bewegt wie das seiner Band. 1970 dementiert er in einem Interview mit dem deutschen "Musik Express" noch irgendwelche Heirats- und Kinderpläne - eine spießige Ehe passt ja auch nicht so gut zum Rebellenimage - ein Jahr später ist er mit Bianca Pérez-Mora Macias verheiratet. Er unterschlägt dabei auch seine erste uneheliche, inzwischen einjährige Tochter Karis. Deren Mutter ist die Sängerin Marsha Hunt. Jaggers erstes Eheglück währt bis 1979 und kostet ihn mutmaßlich 2,5 Millionen Dollar Abfindung bei der Scheidung.

Mick Jagger steht mit Melanie Hamrick schick gekleidet vor einer Werbewand.
Seltener gemeinsamer Auftritt: Mick Jagger und Melanie Hamrick im Juni in New York CityBild: Charles Sykes/Invision/AP/picture alliance

Seine zweite Ehe mit Jerry Hall dauert von 1990 bis 1999. Derzeit an seiner Seite: die Tänzerin Melanie Hamrick, die fast 44 Jahre jünger ist als er. Mit ihr bekommt er 2016 Sohn Deveraux; er ist Jaggers achtes Kind. Außerdem hat der Rockstar fünf Enkel und zwei Urenkel.

Viel Zeit scheint Mick Jagger für die weit verzweigte Familie nicht zu haben. Ist er nicht im Dienste der Rolling Stones unterwegs, dann läuft irgendein Solo-Projekt oder er steht zusammen mit berühmten Kollegen am Mikrofon.

Der Künstler abseits der Stones

Was andere Bandkollegen bereits vor ihm unternommen haben, wagt Mick Jagger erst 1985. Mit "She's the boss" veröffentlicht er sein erstes Solo-Album und landet bei seinen Fans einen Volltreffer. Es folgen noch weitere Werke und 2007 ein "Best of".

Die Liste der Künstler, mit denen er seit 1972 als Sänger und Musiker zusammen gearbeitet hat, ist so lang wie prominent. Da finden sich Namen wie Carly Simon, Tina Turner, Jerry Lee Lewis oder David Bowie. Mit ihm zusammen nimmt er 1985 den weltweiten Hit "Dancing in the street" auf, ein Benefiz-Projekt für Live Aid.

Mick Jagger mit Tina Turner vor dem Mikrofon.
Tina Turner und Jagger: Zwei Superstars beim gemeinsamen AuftrittBild: AP

Auch als Filmschauspieler hat sich Mick Jagger immer wieder in Szene gesetzt. Sein Debüt gibt er 1970 in "Kelly, der Bandit", 2001 dreht er mit George Hickenlooper "Ein Mann für geheime Stunden". Dabei wird ihm immer wieder mehr als nur Talent zum Schauspiel attestiert. Filmregisseur Werner Herzog sah ihn sogar als "tragische Lücke in der Filmgeschichte" und meinte 2012 in einem Interview, man habe Jagger nicht genügend gewürdigt als jemand, der als Schauspieler ganz groß hätte sein können.

Ein Ritter macht weiter

Lohn und Ehre für all seine künstlerische Umtriebigkeit: 2003 wird Michael Philip Jagger vom damaligen Prinz Charles zum Ritter geschlagen - für seine "Verdienste um die populäre Musik", wie es in der Begründung heißt. Er darf sich nun "Sir" nennen.

Und die Geschichte der Rolling Stones ist immer noch nicht zu Ende. Aktuell arbeitet Jagger mit den Rolling Stones an einem neuen Album, bei dem auch der frühere Beatle Paul McCartney mitspielen soll. 

Auch mit 80 Jahren singt und tanzt der Frontmann der Stones wie damals in den Swingin' Sixties. Ob 1962, 1989 oder 2022: In manchen Live-Momenten spielt das Alter keine Rolle.

Dieses Porträt wurde aktualisiert.

Wuensch Silke Kommentarbild App
Silke Wünsch Redakteurin, Autorin und Reporterin bei Culture Online
Nikolas Fischer, Redakteur
Nikolas Fischer Reporter und Redakteur