Stoch gewinnt Vierschanzentournee
6. Januar 2017Tournee-Gesamtsieger Kamil Stoch setzte zum Freudentanz an, Pechvogel Daniel Andre Tande war untröstlich, und die deutschen Ski-Adler schauten wieder einmal betreten aus der Wäsche: Beim Finale der 65. Vierschanzentournee in Bischofshofen sind Markus Eisenbichler und Co. kalt erwischt worden und erneut am Podest vorbeigeflogen. Polens Olympiasieger Stoch krönte sich derweil als Tagessieger in einem dramatischen Finale zum neuen König der Lüfte.
"Das ist eine unglaubliche Geschichte für mich, ein Traum. Für Daniel tut es mir aber unglaublich leid", sagte Stoch. Der 29-Jährige lag nach acht Wertungsdurchgängen mit 997,8 Punkten vor seinem Landsmann Piotr Zyla (962,5 Punkte) und Tande (941,8). Dem Norweger, der mit hauchdünnem Vorsprung in den letzten Wettbewerb gegangen war, ging im finalen Sprung die Bindung auf, er vermied mit Mühe einen Sturz und kam nur auf Tagesplatz 26. Im Auslauf weinte der coole Tande bittere Tränen.
Für DSV-Adler war mehr drin
Markus Eisenbichler beendete die Tournee als bester Deutscher auf einem guten siebten Platz (924,4). Es wäre sogar mehr möglich gewesen, doch Rang 13 in Bischofshofen nach Platz 29 zuvor in Innsbruck verhinderte dies. "Ich hatte Kopfweh, Rückenschmerzen, Halsweh. Dafür war es okay. Ich kann zufrieden nach Hause fahren, das war meine beste Tournee", sagte Eisenbichler. Stephan Leyhe wurde glänzender Gesamt-Achter (911,1).
Das letzte Springen im bitterkalten Bischofshofen bei Temperaturen um minus 15 Grad war für das DSV-Team aber trotz Platz sechs für Richard Freitag in der Tageswertung eines zum Vergessen. Allen voran patzte Andreas Wellinger. Der Team-Olympiasieger, der am Donnerstag mit einem Traumflug zum Schanzenrekord von 144,5 Meter die Qualifikation gewonnen und damit die Hoffnungen auf den ersten deutschen Sieg in Bischofshofen seit Sven Hannwald 2002 geschürt hatte, stürzte böse ab, verlor sein K.o.-Duell mit Eisenbichler und verpasste sogar den zweiten Durchgang. "Gestern war es geil, heute scheiße", sagte der restlos bediente 21-Jährige: "Mein Flug war auf Aufwind ausgelegt, mit den Bedingungen der Qualifikation würde ich wahrscheinlich jetzt noch fliegen".
Severin Freund, Vorjahres-Zweiter der Tournee und dabei Dritter in Bischofshofen, war bereits vor dem dritten Springen der Tournee in Innsbruck wegen eines grippalen Infekts abgereist.
Auch Österreicher enttäuschen
Nichts zu lachen hatten auch die Österreicher, die erstmals seit 2005/06 nicht auf dem Podium der Endabrechnung landeten. Für Hoffnungsträger Stefan Kraft platzte der Traum vom Tournee-Sieg schon im ersten Durchgang, als er das K.o.-Duell gegen Freitag verlor. "Ich verstehe es nicht, was hier los war, bin ahnungslos", sagte Kraft, der immerhin noch als "Lucky Loser" den Finaldurchgang erreichte. Dort patzte er aber erneut, verlor als 25. seinen dritten Platz in der Gesamtwertung wurde nur nur Sechster.
Damit bleibt es ein Gesetz: Noch nie konnte ein vor dem letzten Springen Drittplatzierter die Tournee gewinnen. Doch nach der Statistik hätte Tande mit hoher Wahrscheinlichkeit siegen müssen: Bei den vorigen 64 Auflagen der Tournee hatte der nach drei Wettbewerben führende Springer nur achtmal den Titel verpatzt.
Stoch, der mit Schmerzen am Schlüsselbein sprang, gab allerdings nicht allzu viel auf Gesetze und Serien und sicherte sich als zweiter Pole nach dem großen Adam Malysz (2000/01) den Tournee-Sieg. Nach Olympiasieg, Weltmeisterschaft und Gesamtweltcup-Sieg holte Stoch, der zwei Jahre lang seiner Form hinterher gesprungen war, den vierten von fünf großen Einzeltiteln, die das Skispringen zu bieten hat. Nun fehlt noch der Erfolg bei der Flug-WM.
ck/fab (sid)