Stoppt die Krise Afrikas Entwicklung?
26. März 2009Eigentlich hatte alles sehr gut ausgesehen für Afrika: Ein Wirtschaftswachstum von fünf bis sechs Prozent hatten die afrikanischen Volkswirtschaften in den vergangenen Jahren durchschnittlich zu verzeichnen. In Staaten wie Kenia wuchs eine Mittelschicht heran, die in die eigene Wirtschaft investierte. Die Investitionen von außen - maßgeblich auch aus Schwellenländern wie China, Brasilien und Indien - sorgten für satten Anstieg der Auslandsinvestitionen.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) schätzt, dass die ausländischen Investitionen und Kredite nach Afrika auf 53 Milliarden US-Dollar angestiegen sind - dies ist fünfmal mehr als im Jahr 2000. Doch die Finanzkrise könnte nun den Rohstoffländern wie den Entwicklungsstaaten in Afrika gleichermaßen zusetzen, warnt Donald Kaberuka, Präsident der Afrikanischen Entwicklungsbank: "Bisher hat es noch keine afrikanische Bank betroffen, aber die Volkswirtschaften schon: wir erwarten für 2009 im Durchschnitt ein maximales Wirtschaftswachstum von höchstens vier bis 4,5 Prozent." Es müsse nun darum gehen, innerafrikanisches Kapital zu mobilisieren. Auf der regionalen Ebene sei es der Afrikanischen Entwicklungsbank bereits gelungen, Kapital zu mobilisieren, für den ganzen Kontinent dagegen noch nicht.
Afrika muss mitreden
Ad Melkert ist Untergeneralsekretär der Vereinten Nationen und vertritt deren Entwicklungsprogramm UNDP. Auch er befürchtet einen Rückschlag für Afrika durch die internationale Krise: "Wenn sich die Weltgemeinschaft, die G20, im April in London erneut zu einem Finanzgipfel trifft, muss sie sicherstellen, dass es auch um Afrika geht."
Ein multilaterales Risikomanagement für die Finanzmärkte fordern internationale Institutionen wie die OECD, aber auch die Bundesregierung. Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte unlängst in Davos, einen Weltwirtschaftsrat zu schaffen. Entscheidend aber ist aus Sicht von Ad Melkert, dass die Entwicklungsländer in diese Instrumente einbezogen sind. Hier erhofft sich der UNDP-Vertreter eine klare Position der G20. Ansonsten seien die Entwicklungsziele der Vereinten Nationen in Gefahr: "Die Krise schafft eine völlig neue Ausgangslage. Sie bedeutet wirklich einen Rückschlag - selbst für die erfolgreichsten Staaten wie zum Beispiel China. Wir müssen also eine Extra-Anstrengung leisten, um die Entwicklungsziele zu erreichen."
Millenniumsziele wichtiger denn je
Deutschland hat sich - trotz Finanzkrise - verpflichtet, die Entwicklungshilfe zu erhöhen und Stück für Stück auf 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aufzustocken. Auch Melkert hält die Entwicklungsziele für wichtige Zielmarken: "Es gibt keine Alternative dazu. Ich hoffe, dass das Treffen der G20 hilft, ich hoffe dass die neue amerikanische Regierung unter Obama die Millenniumsziele stärker unterstützen wird. Ich hoffe, dass die Europäer bei ihren Zusagen bleiben und in jedem Jahr mehr in die Entwicklungspolitik investieren."
Tatsächlich macht die Armutsbekämpfung weltweit zwar Fortschritte, aber in Afrika ist - auch durch das schnelle Bevölkerungswachstum dort - der Prozentsatz der Armen noch nicht wirklich zurückgegangen. Mit einer Armutsrate von knapp 50 Prozent bleibt der Anteil der extrem Armen an der Gesamtbevölkerung gleich. Hier befürchtet Melkert eine weitere Verschlechterung: "Wir müssen das Problem der Armut wirklich ernst nehmen. Mit dieser Finanzkrise werden mehr Leute in die Armut getrieben als in den Jahren davor. Wir müssen diesen Trend umkehren."
Vorbild Lateinamerika
Auch der Internationale Währungsfonds hat seine Erwartungen nach unten korrigiert und geht inzwischen für dieses Jahr von 3,4 Prozent Wirtschaftswachstum für Subsahara-Afrika aus. Doch auch die Regierungen Afrikas selbst seien in der politischen Pflicht, mahnt Melkert. Er empfiehlt einen Blick über den Ozean: "Für die afrikanischen Staaten sollte es darum gehen, soziale Sicherungssysteme aufzubauen. Dafür haben wir gute Systeme in Lateinamerika - dort bekommen Familien Geld, wenn sie ihre Kinder in die Schule schicken oder impfen lassen. Solche Initiativen könnte man auch in Afrika umsetzen." Die Weltbank, die UN oder bilaterale Geber könnten seiner Meinung nach ein solches System stützen und finanziell fördern.
In jedem Fall müsse die Weltgemeinschaft einen langen Atem behalten, um Entwicklung wirklich zu befördern. Trotz weltweiter Finanzkrise gelte: "Wir müssen Geduld haben. Entwicklungs-Fortschritte erreicht man nicht von einem Jahr auf das andere." Das sei eher eine Frage von zehn, 20 Jahren.
Autorin: Ute Schaeffer
Redaktion: Julia Elvers-Guyot