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Strafprozess gegen Marine Le Pen

22. September 2015

Wegen islamfeindlicher Äußerungen muss sich die Chefin von Frankreichs rechtsextremem Front National (FN), Marine Le Pen, vor Gericht verantworten. Es geht um einen Vergleich mit der Nazi-Besatzung.

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Front National-Chefin Marine Le Pen (Foto: AFP)
Bild: Getty Images/AFP/D. Charlet

Am 20. Oktober dürfte der Medienauflauf vor dem Strafgericht von Lyon riesig werden, denn dann wird dort Marine Le Pen auf der Anklagebank sitzen. Die Staatsanwaltschaft wirft der Vorsitzenden des "Front National" (FN) Anstiftung zum Rassenhass vor. Im Dezember 2010 hatte Le Pen vor Parteianhängern in Lyon Gebete von Muslimen in der Öffentlichkeit mit der deutschen Besatzung Frankreichs während des Zweiten Weltkriegs verglichen.

Konkret sprach die heute 47-Jährige von einer "Besatzung" in Stadtteilen, "in denen das religiöse Gesetz angewandt wird". "Sicher geschieht dies ohne Panzer und ohne Soldaten, aber trotzdem ist es eine Besatzung, und betroffen sind die Einwohner", sagte sie wenige Wochen, bevor sie ihren Vater Jean-Marie Le Pen an der Parteispitze ablöste.

Gerichtsverfahren vor den Regionalwahlen

Die Äußerungen lösten in Frankreich große Empörung aus - und riefen die Staatsanwaltschaft auf den Plan. Im Sommer 2013 hob das Europaparlament, dem Le Pen angehört, die Immunität der Abgeordneten auf und machte damit den Weg frei für eine formelle Beschuldigung durch die französische Justiz und für einen späteren Prozess.

Dieser ist nur wenige Wochen vor den Regionalwahlen angesetzt, die im Dezember stattfinden. Dabei tritt die FN-Chefin als Spitzenkandidatin für die Region Nord an. Auf die Frage, ob sie persönlich vor Gericht erscheinen werde, sagte Le Pen der Nachrichtenagentur AFP: "Ja sicher, ich werde eine solche Gelegenheit doch nicht verpassen."

Le Pen will den Front National eigentlich mit einer Abkehr von den rassistischen und antisemitischen Parolen ihres Vaters ein respektableres Ansehen verschaffen und so neue Wähler gewinnen. Der Parteigründer wurde wegen seiner Provokationen immer wieder verurteilt. Unter anderem verharmloste er die Gaskammern der Nationalsozialisten wiederholt als "Detail" der Geschichte des Zweiten Weltkriegs.

Mögliche Präsidentschaftskandidatin

Als er diese Äußerung Anfang April erneut tätigte, brach Marine Le Pen mit ihrem Vater. Nach einem monatelangen Streit, der in der Öffentlichkeit und vor Gerichten ausgetragen wurde, warf den Front National ihren Gründer im August aus der Partei.

Marine Le Pen konnte mit ihrem Kurs zahlreiche Wahlerfolge verbuchen: Bei den Gemeindewahlen im März 2014 gewann der FN rund ein Dutzend Rathäuser, bei den Europawahlen zwei Monate später wurde die Partei erstmals stärkste Kraft in Frankreich. Umfragen zufolge könnte Marine Le Pen bei den Präsidentschaftswahlen 2017 in der ersten Runde die meisten Stimmen erhalten und damit in die Stichwahl einziehen.

cw/mak (afp, rtre)