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Streik der Lokführer: Warum die Lage so verfahren ist

Mischa Ehrhardt
6. März 2024

Der Chef der Lokführergewerkschaft GDL räumt einen Denkfehler bei der Ankündigung erneuter Bahnstreiks ein. Dennoch bleibt er bei seinen Streikplänen. Wie könnte eine Lösung aussehen?

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ICE Schnellzüge stehen während eines Bahnstreiks auf Abstellgleisen vor dem Hauptbahnhof München
Hochbetrieb auf dem Abstellgleis: ICE-Züge während eines Bahnstreiks in MünchenBild: Lennart Preiss/dpa/picture alliance

Der Chef der Lokführergewerkschaft GDL hat gegenüber DW einen Denkfehler eingeräumt. Es geht um Aussagen Weselskys im Rahmen der Pressekonferenz am Montag, in der er nach dem Abbruch der Tarifverhandlungen mit der Deutschen Bahn neue Streiks angekündigt hat.

Die Aussagen bezogen sich auf den Vorschlag der beiden Moderatoren, dem ehemaligen Bundesminister Thomas de Maizière und dem Ministerpräsidenten Schleswig-Holsteins, Daniel Günther. Claus Weselsky sagte über diesen Moderatorenvorschlag: "Die Moderatoren selbst haben auch eine Stunde Absenkung vorgeschlagen, und dann die weitere halbe Stunde als Wahlmodell ausgeprägt. Und deshalb war deren Vorschlag nicht annehmbar."

Claus Weselsky | Pressekonferenz GDL Vorsitzender
Gibt einen Denkfehler zu, lässt aber nicht ab von seinen Streikplänen: GDL-Chef Claus WeselskyBild: Carsten Koall/dpa/picture alliance

36-Stunden-Woche in Sicht

Allerdings widerspricht das dem tatsächlichen Papier, das die beiden Moderatoren am Dienstag veröffentlicht haben - auf Grund von "unterschiedlichen Interpretationen" zu ihrem Vorschlag. Aus dem ist ersichtlich, dass die Vermittler eine Absenkung der Arbeitszeit für im Schichtdienst Beschäftigte auf 37 Stunden ab 1. Januar 2026 vorgeschlagen haben. Eine weitere Absenkung auf dann 36 Stunden sollte es ab dem 1. Januar 2028 geben. Beide Schritte der Reduzierung sollten sich bei gleichbleibendem Gehalt vollziehen, also dem von der Gewerkschaft geforderten vollen Lohnausgleich. Das ist deutlich näher an der Kernforderung der Gewerkschaft einer 35-Stunden-Woche als die zunächst behaupteten 37 Stunden plus Wahlmodell.

"Ich habe während der Pressekonferenz einen Zwischenstand des Moderatorenvorschlags im Kopf gehabt", sagte Claus Weselsky am Mittwoch gegenüber DW. "Aber auch die Arbeitszeitabsenkung, die im Endpapier stand, und die Summe aller Elemente darin, hat dazu geführt, dass wir auch die zweite Stunde als nicht ausreichend beziehungsweise auch zu spät kommend eingestuft haben. Deswegen ist das Moderatorenpapier abgelehnt worden."

Leerer Bahnsteig auf dem Hauptbahnhof Köln
Kein Zug, nirgends: Gähnende Leere auf dem Hauptbahnhof von Köln (hier beim Streik im Dezember 2023)Bild: Jana Rodenbusch/REUTERS

Die Bahn dagegen zeigte sich während der Verhandlungen bereit, den Moderatorenvorschlag anzunehmen. "Wir waren bereit, auf Grundlage dieses Einigungsvorschlages die Verhandlungen auch zu Ende zu führen", betonte Bahn-Sprecher Achim Stauß. Zur Absenkung auf 35 Stunden für Schichtarbeiter ist die Bahn aber nicht bereit. Denn das, so argumentiert der Konzern, würde den ohnehin vorhandenen Personalmangel verstärken.

GDL unter Erfolgsdruck

Die Gewerkschaft beharrt dagegen auf der schrittweisen Einführung der 35-Stunden-Woche. Sie argumentiert genau umgekehrt: Nur so könne der Beruf des Lokführers wieder attraktiver werden. "Junge Menschen sehen Schichtarbeit als überhaupt nicht erstrebenswert an. Und wenn die dann mit jemandem sprechen oder das Schichtsystem erleben, dann sagen sie, das es nicht das ist, was sie ein Leben lang machen wollen. Und deswegen machen wir die Absenkung der Wochenarbeitszeit eben auch nur für die Schichtarbeiter", so Claus Weselsky.

Eine Frau geht mit einem Koffer neben einem ICE im Hauptbahnhof Hannover
Wer Glück hat und das Risiko liebt, versucht einen der wenigen verkehrenden Züge zu bekommenBild: Julian Stratenschulte/dpa/picture alliance

Zudem verweist die GDL darauf, bereits mit 28 anderen Eisenbahnunternehmen entsprechende Tarifverträge abgeschlossen zu haben. Darin sind auch Laufzeiten der Tarifverträge von 24 Monaten festgeschrieben. Der Vorschlag der Moderatoren sah dagegen eine Laufzeit von 30 Monaten vor. Auch das geht der Gewerkschaft zu weit. Und was ebenfalls wichtig ist: Viele der bereits ausgehandelten Tarifverträge treten erst in Kraft, wenn die GDL und die Bahn einen gleichwertigen Abschluss erzielen. Auch das erklärt den Erfolgsdruck, unter dem die GDL steht. 

Keine Frage des 'Ob', sondern des 'Wie'

Die Fronten zwischen der Gewerkschaft und dem Bahn-Management bleiben also verhärtet - und damit wird die Bahn ab Mittwochnacht im Güterverkehr und ab Donnerstagmorgen im Personenverkehr von der GDL bestreikt. Streiklänge gemäß der Forderung jeweils: 35 Stunden. Im Personenverkehr wird der Streik somit bis 13.00 Uhr am Freitag andauern. Nach diesem Streik will die GDL ihre Gangart verschärfen, indem sie auch Streiks durchführt, die praktisch ohne Vorlauf angekündigt werden - so genannte "Wellenstreiks". Sie sollen es der Deutschen Bahn unmöglich machen, Notfahrpläne zu erstellen. 

Unterdessen fordern verschiedene Politiker die GDL auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Der Politikwissenschaftler Wolfgang Schröder, Professor an der Universität Kassel, sieht durchaus Spielraum für Verhandlungen - auch in Punkto Arbeitszeitverkürzung. "Auf das Ganze betrachtet ist es nicht mehr eine Frage des 'Ob', sondern eine Frage des 'Wie': Wie man diese Arbeitszeitverkürzung plausibel macht und in die Tarifverträge hineinbringt; sodass sowohl die Interessen der Bahn als auch die Interessen der Lokführer Berücksichtigung finden."