Streik legt Pariser Metro lahm
13. September 2019Zehn der 16 U-Bahn-Linien der Pariser Metro standen nach Angaben des Betreibers RATP komplett still. Auf vier weiteren Linien fuhren nur zu den Hauptverkehrszeiten Züge, zudem blieben einige Stationen geschlossen. Normaler Verkehr war nur bei zwei automatischen Linien angekündigt, die ohne Fahrer auskommen. Auf den wenigen offenen Linien drängten sich in der Stoßzeit zahlreiche Menschen auf den Bahnsteigen und warteten. Nur jeder dritte Bus fuhr, bei den Vorortzügen kam es zu massiven Verspätungen.
In der Hauptstadtregion Île-de-France drängelten sich am Morgen zeitweise deutlich mehr Autos als üblich, der Verkehrsdienst Sytadin registrierte in der Spitze insgesamt knapp 300 Kilometer Stau. Das ganz große Chaos blieb in der Stadt aber aus: Zahlreiche Pendler nahmen sich den Tag frei, Unternehmen verschoben wichtige Termine auf die kommende Woche. RATP hatte die Passagiere schon vor Tagen aufgefordert, auf nicht notwendige Fahrten zu verzichten.
Vorsorglicher Streik
Zu den Streiks aufgerufen hatten alle großen Gewerkschaften. Sie sprachen von einem "ersten Warnschuss" gegen die Rentenpläne der Regierung. Der Ausstand sei "ein Erfolg", hieß es zudem. Gewerkschaftsvertreter sprachen von einer Beteiligung von 60 bis 98 Prozent der Mitarbeiter, je nach RATP-Sparte.
Frankreichs Regierung will mit der großen und politisch heiklen Rentenreform die Zersplitterung in Einzelsysteme für bestimmte Berufsgruppen beenden. Arbeitnehmer sollen auch dazu gebracht werden, länger zu arbeiten. Das Projekt gilt als wichtigste Sozialreform in der noch bis 2022 dauernden Amtszeit von Präsident Emmanuel Macron. Für die Beschäftigten der Pariser Nahverkehrsbetriebe erwarten Gewerkschaften dadurch Einschnitte.
Die Mitarbeiter im Nahverkehr profitieren bei der Rente bislang von Sonderregeln und können beispielsweise früher in Rente gehen als andere Beschäftigte. Nach Angaben des französischen Rechnungshofs liegt das Renteneintrittsalter bei Mitarbeitern der Nahverkehrsbetriebe im Schnitt bei 55,7 Jahren, im allgemeinen Rentensystem dagegen bei 63 Jahren. Das Eintrittsalter will die Regierung offiziell zwar nicht antasten - sie plant aber ein höheres "Ausgleichsalter", vor dessen Erreichen Bürger mit Rentenabschlägen rechnen müssen, wenn sie nicht weiter arbeiten wollen.
Haushaltsminister Gérald Darmanin äußerte sich im Radiosender Europe 1 "erstaunt" über die Aktionen. Der Gesetzestext sei noch gar nicht fertig, die Regierung berate noch mit den Sozialpartnern, betonte er. Die Regierung strebt eine Parlamentsabstimmung bis zur Sommerpause 2020 an. Das neue System soll dann von 2025 an eingeführt werden.
lh/se (dpa, afp)