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Flüchtlinge aus Tunesien

18. April 2011

Italien hat tunesischen Flüchtlingen Visa ausgestellt, damit sie in andere EU-Länder reisen können. Frankreich ließ deshalb mehrere Züge nicht über die Grenze - Empörung in Italien, Verständnis bei der EU-Kommission.

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Flüchtlinge auf Lampedusa (Foto: pa/dpa)
Viele Flüchtlinge kommen zuerst in Italien anBild: picture alliance / dpa

Weiterfahrt verweigert! - Französische Behörden stoppten einen Zug aus Italien an der Grenze. Grund dafür: Einige der Passagiere an Bord waren tunesische Flüchtlinge. Italien hatte ihnen zuvor vorläufige Aufenthaltsgenehmigungen ausgestellt. Der Sprecher der italienischen Eisenbahn, Maurizio Furia, bestätigte der Nachrichtenagentur AP, dass der Zug zwischen dem italienischen Ventimiglia und den französischen Menton am Sonntag angehalten worden war. Die zuständige französische Präfektur hatte angeordnet, weitere Züge von Italien nach Frankreich zu annullieren. Am Sonntagabend wurde der Zugverkehr dann wieder aufgenommen.

Die EU-Kommission zeigte offenbar Verständnis für die französische Reaktion. Paris habe das Schengener Abkommen zur Freizügigkeit nicht verletzt, sagte ein Brüsseler Beamter am Montag (18.04.2011) der Nachrichtenagentur AFP. Die Maßnahme sei nur vorübergehend gewesen und nicht über das Notwendige hinausgegangen, so der Beamte.

Italien steht allein auf weiter Flur

Italiens Innenminister Roberto Maroni (Foto: dapd)
Sieht keinen Verstoß gegen EU-Regeln: Italiens Innenminister MaroniBild: dapd

Die italienische Regierung hatte zuvor gegen den Zugstopp protestiert und die französische Reaktion kritisiert. Italiens Außenminister Franco Frattini forderte eine Erklärung und schaltete das italienische Konsulat in Nizza ein. "Wir haben Migranten Reisedokumente ausgestellt und die EU-Kommission hat das anerkannt", sagte der italienische Innenminister Roberto Maroni dem Fernsehsender TG24 TV. Italien halte sich damit auch an die Schengen-Regeln. "Der freie Reiseverkehr steht jedem offen, der die entsprechenden Papiere hat und nach Frankreich will." Derzeit gehören 25 Staaten zum grenzkontrollfreien Schengen-Raum.

Der französische Innenminister betonte dagegen am Montag, die Behörden hätten "sich bis aufs Komma genau" an die Vorschriften der Schengener Abkommen gehalten. Frankreich besteht darauf, dass die in den Abkommen garantierte Freizügigkeit nur für Menschen mit gültigen Ausweispapieren gelte, die ausreichend finanzielle Mittel hätten, um ihren Aufenthalt selbst zu finanzieren. Die meisten Flüchtlinge erfüllten diese Kritirien aber nicht.

Auch Deutschland kritisierte das Verhalten Italiens. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) bezeichnete die vorläufigen Aufenthaltsgenehmigungen als "eine Zumutung". Das verstoße "ganz klar gegen die Grundsätze der Partnerschaft in Europa und den Geist von Schengen", sagte Herrmann der "Passauer Neuen Presse". Er habe Verständnis für die Verärgerung der Franzosen.

Mit Sondervisum durch Europa

Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (Foto: picture-alliance/dpa)
Kritisiert die Aufenthaltsgenehmigungen: Bayerns Innenminister Joachim HerrmannBild: picture-alliance/ dpa

Die Einreiseverweigerung der französischen Behörden ist eine Reaktion darauf gewesen, dass Italien seine Drohung wahrgemacht hat und tunesischen Flüchtlingen nun Aufenthaltsgenehmigungen ausstellt, mit denen sie visafrei auch in andere europäische Länder reisen dürfen. Seit Beginn der politischen Unruhen in Nordafrika im Januar sind mehr als 20.000 Flüchtlinge - zumeist Tunesier - nach Italien geflohen. Viele der Immigranten haben Verwandte in Frankreich. Paris befürchtet daher, dass die meisten Flüchtlinge dorthin weiterreisen.

Die EU-Staaten streiten seit langem über den Umgang mit Flüchtlingen. Die bisherige Regelung sieht vor, dass Flüchtlinge nur in dem Land einen Antrag auf Asyl stellen dürfen, in dem sie erstmals EU-Boden betreten haben. Gerade für die Mittelmeeranrainer Italien, Griechenland, Malta oder Spanien stellt das ein großes Problem dar. Sie fordern seit langem mehr Solidarität von den anderen EU-Staaten und eine faire Verteilung der Flüchtlinge innerhalb der Europäischen Union.

Autorin: Nicole Scherschun (dapd, afp, rtr, dpa)
Redaktion: Ursula Kissel