Streitereien im Südchinesischen Meer
11. Mai 2009Jahrelang ruhte der Streit zwischen China und Vietnam um die Paracel-Inseln, eine kleine Inselgruppe, die genausoweit vom chinesischen wie vom vietnamesischen Festland entfernt ist. Die 30 Inseln und Atolle liegen etwa 300 km von der Küste entfernt im südchinesischen Meer. Jetzt scheint sich der Streit wieder zu verschärfen. Ende April wurde im vietnamesischen Parlament eine Verwaltungsreform verabschiedet. Dabei wurde ein offizieller Verwaltungsbeamter ernannt, der zukünftig für die Paracel-Inseln verantwortlich sein soll. Doch diese Ernennung löste heftige Proteste von Seiten der chinesischen Regierung aus. Das chinesische Außenministerium in Peking ließ in einer Erklärung verlauten, dass die von ihnen "Xisha-Inseln" genannte Inselgruppe und ihre Gewässer ein unumstrittener Teil des chinesischen Staatsgebietes seien.
Streit seit Jahrhunderten
"Die Frage nach den Meeresgrenzen ist ein Problem des modernen Völkerrechts," erklärt Gu Xuewu von der Ruhr-Uni Bochum. "Früher, bis ins 18. Jahrhundert hinein, gab es es keine festgelegten Grenzziehungen." Deswegen werden sie heute von den Anrainern des Südchinesischen Meeres nicht akzeptiert. Militärisch werden die Paracel-Inseln seit 1974 von China kontrolliert. Laut chinesischer Darstellung hat die nordvietnamesische Regierung die Paracel-Inseln damals der Volksrepublik überlassen. Als Gegenleistung bekam Nord-Vietnam daraufhin chinesische Militärunterstützung im Kampf gegen die USA. Doch das vereinigte Vietnam widerspricht und will seine Ansprüche auf die Inseln nicht aufgeben. Die Inseln sind strategisch wichtig, da man von ihnen aus den Zugang zu großen Teilen der südchinesischen und nordvietnamesischen Küste kontrollieren kann. Außerdem werden reichhaltige Bodenschätze in der Nähe der Inseln vermutet. Erst im April 2009 soll ein chinesisches Marineschiff ein vietnamesisches Fischerboot beschossen haben. Der Fall löste heftige Reaktionen in der vietnamesischen Bevölkerung aus. Vor allem junge vietnamesische Studenten gingen in der Hauptstadt Hanoi auf die Straße und zogen bis vor die chinesische Botschaft, um gegen die chinesische Regierung zu protestieren. Die Proteste mussten anschließend durch die Polizei aufgelöst werden.
Sechs Staaten zanken sich um viele Eilande
Aber der Disput um die Paracel-Inseln ist nur eine ungeklärte Souveränitätsfrage im Südchinesischen Meer. Die südlich von den Paracel Inseln gelegene Inselgruppe Spratly wird gleich von sechs Staaten reklamiert. Neben China und Vietnam erheben die Philippinen, Malaysia, Indonesien und sogar Taiwan Hoheitsansprüche über die Spratly-Inseln. Gu Xuewu sieht darin vor allem eine zunehmende Angst vor dem immer mächtiger werdenden China: "Die Geschwindigkeit des politischen Aufstieg Chinas ist so rasant. Einem noch stärkeren China kann man immer weniger entgegensetzen.“ Dass China und die anderen Anrainerstaaten des südchinesischen Meeres also eine baldige Lösung für ihre Streitigkeiten finden werden, ist unwahrscheinlich. Dafür sind die geostrategischen und wirtschaftlichen Interessen der Staaten in dieser Region einfach zu groß.
Autor: Giang Chi Viet
Redaktion: Thomas Latschan