Stromspeicher braucht das Land
29. Februar 2012Rund 20 Prozent des deutschen Stroms kommt aus erneuerbaren Quellen. Schon in acht Jahren soll dieser Anteil bei einem Drittel liegen, das sieht das Energiekonzept der Bundesregierung vor. Und natürlich soll auch immer genügend Strom vorhanden sein. Das Problem ist nur: Wind und Sonne richten sich nicht nach den Wünschen der Verbraucher. Und da das Stromnetz keinen Strom speichern kann, muss also in jedem Augenblick genauso viel Strom eingespeist wie entnommen werden. Sonst bricht das Stromnetz zusammen.
Langfristig keine Sicherheit durch Gaskraftwerke
Zurzeit sorgen unter anderem Gaskraftwerke, die bei Bedarf hochgefahren werden können, für eine sichere Stromversorgung. "Bisher war es so, dass Kraftwerke zur Mittagszeit sehr gutes Geld verdient haben, weil die Mittagsspitze immer sehr teuer war", erklärt Norbert Allnoch, Direktor des Internationalen Wirtschaftsforums Regenerative Energien. Jetzt dränge die Solarenergie die Spitzenlastkraftwerke zur Mittagszeit aus dem Markt raus. "Das führt dazu, dass die Stromversorger nicht mehr in solche Kraftwerke investieren werden, weil die sich nicht mehr rechnen."
Ähnlich sieht das Josef Auer, Energieanalyst der Deutschen Bank. Er hat zwar ausgerechnet, dass sich der Bau flexibler Gaskraftwerke bei hohen Strompreisen noch rechnen könnte. Tatsächlich würde aber schon heute kaum noch in Gaskraftwerke investiert. Umso wichtiger wird es daher auf anderen Wegen eine sichere Stromversorgung zu gewährleisten.
Entlastung aber keine Lösung
Neben flexiblen Kraftwerken soll in Zukunft auch der Aufbau eines sogenannten Smart Grid, also eines intelligenten Stromnetzes, künftig dazu beitragen, dass die Verbraucher Strom dann nutzen, wenn er reichlich vorhanden ist. Das kann jedoch nicht die alleinige Lösung sein. Denn man kann zwar Waschmaschinen laufen lassen, wenn es gerade viel Strom gibt, aber Licht muss am Abend eingeschaltet werden - unabhängig von den Windverhältnissen.
Ein weiterer Baustein für eine sichere Stromversorgung ist der Ausbau des Stromnetzes. Denn der Strom aus windreichen Gegenden im Norden muss zu den Industriestandorten im Süden transportiert werden. Im Augenblick genügen die vorhandenen Stromtrassen nicht immer und so müssen von Zeit zu Zeit Windräder ganz abgestellt werden, um das Stromnetz nicht zu überlasten. Die geplanten Windparks in der Nordsee werden künftig das Problem noch verschärfen, meint Allnoch: "Die große Herausforderung kommt, wenn wir eines Tages 20.000 Megawatt Windkraftleistung im Meer stehen haben. Die kann dann regional nicht mehr verbraucht werden können." Da brauche man die entsprechenden Autobahnen, um den Strom zu den Verbrauchern in ganz Europa zu transportieren. Außerdem könnten in einem gut ausgebauten Netz, das sich über ganz Europa erstreckt, regionale Schwankungen durch grenzüberschreitende Stromflüsse abgeschwächt werden.
Zu wenig Speicher vorhanden
Trotz intelligentem und europaweitem Stromnetz, muss also die schwankende Energie aus Wind und Sonne gespeichert werden, um bei Bedarf dann Strom zu liefern. Solche Speicher gibt es bereits - vor allem sogenannte Pumpwasserspeicher. Dabei wird in stromreichen Zeiten Wasser in höher gelegene Becken gepumpt. Bei Strommangel fließt das Wasser dann zurück in tiefere Becken und treibt auf dem Weg Turbinen an, die wiederum Strom erzeugen. Aber genügen die Kapazitäten der vorhandenen Stromspeicher auch noch in Zukunft? Das haben sich Experten der Deutschen Bank gefragt. Ihr Ergebnis: Die Speicher genügen nicht. "Bis 2025 muss sich die kurzfristige Stromspeicherung mindestens verdoppeln", meint Josef Auer, Energieanalyst der Deutschen Bank.
In der langen Frist mit wachsendem Anteil des grünen Stroms müssten noch mehr Speicher gebaut werden. Neben den Pumpspeicherkraftwerken müsse künftig auch die Umwandlung von Strom in Gas eine wichtigere Rolle spielen, so Auer. Denn dadurch könnten auch längerfristig größere Energiemengen gespeichert werden. Am Ende verschlingt damit nicht nur der Ausbau des Netzes viel Geld. Auch bei den Speichern besteht ein großer Investitionsbedarf. "Wir rechnen allein in Deutschland mit einem Investitionsvolumen in den kommenden 20 Jahren von etwa 30 Milliarden Euro."
Unternehmen scheinen unbedarft
In den Unternehmen scheint die Speicherproblematik noch nicht richtig angekommen zu sein. So berichtet Auer, dass ihn die Reaktion der Fachleute auf seine Studie sehr überrascht habe. Ursprünglich sei er davon ausgegangen, dass in den Schubladen der Großkonzerne viele Berechnungen schlummern würden und diese auch Auswirkungen hätten auf die Investitionsentscheidungen. Aber:
"Tatsächlich hat sich herausgestellt, dass wir von denen zum Teil gefragt wurden, wie wir gerechnet haben und welche Ergebnisse wir aus unseren Berechnungen abgeleitet haben", erzählt Auer. "Da hat sich dann gezeigt, dass die mittleren und großen Unternehmen und auch die Stadtwerke eigentlich nicht vorbereitet sind auf das Thema. Allerdings wird es höchste Zeit, dass sich jetzt die Unternehmen um das Thema Speicher verstärkt kümmern."
Autor: Insa Wrede
Redaktion: Henrik Böhme