Studenten-Oscar für Münchner Nachwuchsfilmer
7. Juni 2014Hollywood am Telefon! Der Anruf der Traumfabrik bei ihm zu Hause hat Lennart Ruff ganz schön aus dem Konzept gebracht. So sehr, dass seine Freundin ihm das Erstaunen und die Freude direkt an der Körperfarbe ablesen konnte. "Ich war am ganzen Körper rot", erzählt Ruff, der als Sieger in der Kategorie Bester ausländischer Film geehrt wurde.
Lennart Ruff ist bereits der dritte Student der Hochschule für Fernsehen und Film in München (HFF), der den "Honorary Foreign Film Award" entgegennehmen darf. Seit 1972 vergibt die Academy of Motion Picture Arts and Sciences aus Beverly Hills den Preis, der als "kleiner Bruder" des berühmten Oscar gilt. Schließlich mischen die Gewinner später oft auch bei der großen Oscar-Verleihung mit.
Ein Film zwischen Traum und Wirklichkeit
Lennart Ruff hat gerade sein Studium abgeschlossen und bekommt die Auszeichnung für seinen Abschlussfilm Nocebo. Für ihn gab es Gold, für den in Berlin lebenden Kollegen Peter Baumann Bronze für den Kurzfilm "Border Patrol".
Der Gewinner-Streifen "Nocebo" ist ein 40 Minuten dauernder Thriller, vollgepackt mit Action, Emotionen und verwirrenden Traumbildern. Im Zentrum steht ein junges Pärchen, das an einer Medikamentenstudie teilnimmt. Der 22-jährige Christian entdeckt zusammen mit seiner Freundin Anna den Tod eines Patienten. Doch die Ärzte vertuschen den Vorfall. Jetzt will der junge Mann seine Freundin retten und aus der Klinik befreien. Doch da sind plötzlich Verfolger hinter ihm her. Weil Christian an paranoider Schizophrenie leidet, verschwimmen nun Traum und Wirklichkeit.
Mut zur eigenen Produktionsfirma
Dieses Spiel mit der Realität hat den jungen Regisseur interessiert, auch weil er darin ein Gleichnis für den Film überhaupt sieht. "Wir gucken ja die ganze Zeit einer Projektion zu, das ist ja nur Licht, das durch so ein kleines Bildchen geschickt wird", erklärt Ruff. "Aber was wir fühlen, ist echt." Genau darum gehe es auch in seinem Film, so Ruff: "Am Ende ist gar nicht so relevant, ob Christian das so erlebt hat oder nicht, denn er hat es emotional erlebt.“
Produziert haben "Nocebo" - neben dem Bayerischen Rundfunk und Arte - die Südart-Filmproduktion, eine Firma von zwei Hochschul-Absolventen, und die Menelaos-Film, ebenfalls eine Gründung von zwei HFF-Studenten. Dass bereits Studierende eine Firma gründen, sei üblich an der Hochschule, sagt Filmstudent Tobias Huber, einer der Gründer der Menelaos-Film.
Netzwerk HFF - Geheimnis des Erfolgs
Huber schätzt die zahlreichen Kontakte, die sich während des Studiums ergeben. Gerade weil die HFF so klein sei, komme man mit sehr vielen Leuten in Kontakt, erzählt er, quer durch alle Jahrgänge und Nationen. "Das ist extrem hilfreich, wenn man produzieren will." Viele dieser Kontakte bleiben auch nach der Ausbildung bestehen und helfen dann bei der Produktion, Finanzierung, Steuerberatung und Rechtsberatung.
Lennart Ruff genießt auch das internationale Flair. In seinen Kursen sind Kommilitonen aus Kolumbien, Finnland, Korea und Österreich - eine bunte Mischung. "Vor allem aber laufen in der HFF auch viele erfolgreiche Filmleute über den Flur und setzen sich mit dir in den Schneideraum", berichtet er. Mentoren unterstützen die Studierenden, wo immer sie können. "Das ist kein Zufall, sondern gehört zum Konzept der Hochschule", betont der Professor für Spielfilm, Andreas Gruber. Er lobt vor allem das Programm "Von den Besten lernen", das den Film "Nocebo" unterstützt hat.
Oscar-Schmiede des deutschen Films
Mittlerweile kann sich die Münchner Hochschule als Oscar-Schmiede des deutschen Films ansehen. Sie hat nicht nur preisgekrönte Jungregisseure hervorgebracht, sondern auch zwei Oscar-Gewinner: Florian Henkel von Donnersmarck erhielt die Auszeichnung 2007 für "Das Leben der Anderen" und Caroline Link 2003 für "Nirgendwo in Afrika".
Kein Wunder, dass jedes Jahr hunderte von Bewerbungen bei der HFF eingehen. 50 Studenten erhalten einen Platz, zehn davon im Studiengang Kino und Spielfilm. Wer sich bewerben will, muss zwei Videoaufgaben lösen, einen kurzen narrativen Film und ein Selbstporträt einreichen, dazu eine Fotodokumentation und ein kurzes Filmexposé. "Das Wichtigste ist, dass man sich vollen Herzens fürs Filmgeschäft entscheidet", sagt Jung-Regisseur Lennart Ruff. "Man kann es nicht halb machen."