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Studie vergleicht Arbeitsbedingungen

6. Mai 2019

Arbeitsbedingungen unterscheiden sich international gewaltig. Eine neue Studie, die Daten aus 41 Ländern auswertet, kommt allerdings zu dem Schluss, dass es auch viele Gemeinsamkeiten gibt.

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China Chang'e-4 Mondprogramm | Model Mondahrzeug
Bild: Reuters

Die Studie "Arbeitsbedingungen in globaler Perspektive" deckt 41 Länder mit rund 1,2 Milliarden Werktätigen ab und ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen der zur UN gehörenden Internationalen Arbeitsagentur ILO und Eurofound, einer EU-Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen.

Berücksichtigt wurden sowohl Arbeiter, Angestellte und Selbständige mit und ohne Beschäftigte in den 28 Ländern der Europäischen Union (EU), China, USA, Südkorea, Türkei sowie den lateinamerikanischen Ländern Argentinien, Chile, Uruguay, Costa Rica, El Salvador, Guatemala, Honduras, Nicaragua und Panama.

"Um Arbeitsbedingungen zu verstehen, müssen wir sie messen", schreiben ILO-Direktor Guy Rider und Eurofound-Direktor Juan Menéndez-Valdés in ihrem gemeinsamen Vorwort. Die Daten könnten dann dazu beitragen, grenzüberschreitende Muster zu erkennen und voneinander zu lernen, heißt es weiter.

Schwer vergleichbar

Die Studie stützt sich auf die bereits vorliegende Erhebungen in den untersuchten Ländern. Das wirft einige Probleme auf, denn nicht überall wurden dieselben Fragen gestellt. Hinzu kommt, dass sich die Länder beim Entwicklungsstand gewaltig unterscheiden. Das betrifft nicht nur den Wohlstand, sondern auch die Struktur der Volkswirtschaft.

Einige Beispiele: In den USA, der EU und Südkorea macht die Landwirtschaft arbeiten weniger als fünf Prozent  der Menschen in der Landwirtschaft, in einigen lateinamerikanischen Staaten sind es fast 30 Prozent. Selbständige sind in den USA (zehn Prozent) und in der EU (15 Prozent) klar in der Minderheit. In Honduras oder Nicaragua ist dagegen fast die Hälfte der Werktätigen selbständig.

Symbolfoto für Lohnungleichheit
Frauen verdienen weltweit weniger als Männer, so die StudieBild: picture-alliance/Bildagentur-online/Ohde

Die Studie untersucht sieben Aspekte: die physische Beschaffenheit des Arbeitsplatzes, die Intensität der Arbeit, die Qualität der Arbeitszeit, die soziale Umgebung, Qualifikation und Fortbildung, Zukunftsaussichten und Verdienst.

Zwischen den untersuchten Ländern schwankt die Arbeitszeit starkt. In Südkorea, der Türkei und Chile gab rund die Hälfte der Befragten an, mehr als 48 Stunden pro Woche zu arbeiten; der der EU waren es nur 17 Prozent.

Gleichzeitig gibt es Unterschiede bei der Flexibilität. So gaben 70 Prozent der Beschäftigten in Südkorea an, sich problemlos ein oder zwei Stunden freinehmen zu können, um persönliche oder familiäre Angelegenheiten zu erledigen. In der EU, den USA und der Türkei schwankt dieser Wert zwischen 20 und 40 Prozent.

Rund ein Drittel der Befragten in der EU und den USA, aber auch in der der Türkei, El Salvador und Uruguay gaben an, dass sie im Job mit Termindruck und hohem Tempo zu kämpfen haben.

Frauen: Mehr Arbeit, weniger Geld

Gesundheitsrisiken am Arbeitsplatz sind länderübergreifend häufig. Mehr als die Hälfte der Befragten klagt über Haltungsschäden, etwa durch sich ständig wiederholende Hand- und Armbewegungen, ein Viertel über häufig zu hohe oder zu niedrige Temperaturen am Arbeitsplatz. Aus China lagen dazu allerdings keine Daten vor.

Länderübergreifend ist auch der Befund, dass gering qualifizierte Beschäftigte nur wenige Möglichkeiten erhalten, ihre Qualifikation zu verbessern.  In den USA, der EU und Uruguay gaben zwischen 72 und 84 Prozent der Beschäftigten an, im Job Neues zu lernen. Der Anteil war deutlich geringer in der Türkei (57 Prozent), China (55 Prozent) und Südkorea (30 Prozent).

Türkei Bergarbeiter
Türkische Bergleute in Zonguldak. Rund ein Viertel der türkischen Arbeiter ist im Job Rauch und Staub ausgesetzt, so die StudieBild: Getty Images/C. McGrath

Laut Studie zeigen die Daten aus allen Ländern, dass Frauen signifikant weniger verdienen als Männer; bei den am schlechtesten bezahlten Jobs sind Frauen zudem überproportional vertreten.

Außerdem verbringen Frauen deutlich mehr Zeit mit unbezahlter Arbeit. Dazu gehören etwa der Haushalt, Kümmern um Angehörige sowie Vereins- und Wohltätigkeitsarbeit. Bei Frauen in Deutschland macht diese unbezahlte Arbeit jeden Tag viereinhalb Stunden aus und entspricht laut Studie in etwa dem internationalen Durchschnitt. Männer arbeiten dagegen 109 Minuten am Tag ohne Bezahlung.

Mehr Daten dringend gesucht

In den USA und der EU klagen bis zu zwölf Prozent der Befragten über Beschimpfungen, Erniedrigungen oder Mobbing am Arbeitsplatz. In der Türkei und Südkorea, wo vergleichbare Fragen gestellt wurden, waren diese Werte deutlich niedriger (bis zu sieben Prozent). In den lateinamerikanischen Staaten wurden andere Daten erhoben, hier klagten bis zu vier Prozent der Beschäftigten über körperliche Gewalt am Arbeitsplatz.

Insgesamt beurteilten rund 70 Prozent der Befragten ihre Vorgesetzten eher positiv und lobten zudem auf ein hohes Maß an Untersützung durch Kollegen.

ILO und Eurofound riefen alle Länder auf, vergleichbare Umfragen zur Messung der Arbeitsqualität durchzuführen. Dies sei eine wesentliche Voraussetzungen, um Handlungsempfehlungen für die Politik entwickeln zu können.

"Gute Arbeitsbedingungen leisten einen Beitrag zum Wohlbefinden von Beschäftigten und zum Erfolg von Firmen", sagte Manuela Tomei von der ILO. "Ein besseres Verständnis ist ein wichtiger Schritt, um anständige Arbeitsbedingungen für alle zu erreichen. Das gilt vor allem in einer Zeit, in der neue Technologien und Arbeitsformen die Welt der Arbeit verändern."

Andreas Becker
Andreas Becker Wirtschaftsredakteur mit Blick auf Welthandel, Geldpolitik, Globalisierung und Verteilungsfragen.