1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Studieren ohne Grenzen

Elena Singer24. April 2008

Bildung ist ein hohes Gut – das merkt man vor allem dann, wenn man es nicht mehr hat. Im Krieg oder Krisengebieten zum Beispiel. Studenten aus Süddeutschland haben sich zusammengetan, um genau hier auszuhelfen.

https://p.dw.com/p/DnKJ
Russische Truppen in Grosny, 23. Nov. 2004 (Quelle: AP)
Tschetschenien nach dem Krieg - schlechte Chancen für StudentenBild: AP

"Wenn du bombardiert wirst, kannst du nicht an Bücher denken." Der schmächtige Junge mit den dunklen Haaren wird ernst, wenn er von seiner Heimat Tschetschenien spricht. Er ist 25 Jahre alt und war gerade dabei seinen Schulabschluss zu machen, als seine Familie aus Grosny fliehen musste.

Nach dem Krieg in Tschetschenien konnte Ajub zwar studieren. Erstens aber nicht das was er wollte, und zweitens auf sehr niedrigem Niveau. "Die Bildung in Tschetschenien ist schlecht", sagt Ajub. "Für uns Tschetschenen ist es aber fast unmöglich, für Praktika oder ein Studium ins Ausland zu gehen."

Kaukasier werden benachteiligt

Mann und Frau stehen nebeneinander Copyright "Kai Breuing"
Ajub und Bianka Pietrow-EnnkerBild: Kai Breuing

Das liegt nicht daran, dass es keine finanziellen Möglichkeiten gibt. Für Austauschprogramme mit Russland gibt es Stipendien. Dann werden aber meist Studenten aus den Großstädten Moskau und Sankt Petersburg geschickt. Auch Ajub hat es schon probiert, sich in Moskau einzuschreiben und dann ins Ausland zu kommen - ohne Erfolg. "Das passt zum Tenor der offiziellen russischen Politik, Kaukasier generell aus den russischen Zentren auszugrenzen," bestätigt Bianka Pietrow-Ennker, Professorin für Osteuropäische Geschichte an der Universität Konstanz.

Aussenansicht eines Gebaeudes der Universitaet Konstanz, aufgenommen am 5. Mai 2003 (Quelle: AP)
Unterstützt "Studieren ohne Grenzen": Die Universität KonstanzBild: AP

Der 25-jährige Tschetschene ist der erste ausländische Student, den eine Gruppe Studierender aus Konstanz und Tübingen nach Deutschland geholt hat. Unter dem Motto "Studieren ohne Grenzen" schlossen sich vor ein einhalb Jahren zwölf Studenten zusammen. Sie sammelten Geld, um jungen Menschen in Krisengebieten entweder vor Ort ein Studium zu finanzieren oder, falls das nicht möglich ist, sie nach Deutschland zu holen.

"Konstanzer Studenten brauchen Ihre Hilfe"

Porträt eines Mannes Copyright: Kai Breuing/Elena Singer
Michael Schleicher sammelt Geld für ausländische StudentenBild: Kai Breuing

Der Konstanzer Student Michael Schleicher ist unter anderem für die Spendenaktionen von "Studieren ohne Grenzen" zuständig. Im Herbst 2007 liefen die Studenten von Haus zu Haus und warfen Briefe ein. Mit der Bitte "Konstanzer Studenten brauchen Ihre Hilfe" sammelten sie an die 3000 Euro, die nun dem tschetschenischen Studenten zu Gute kommen.

Ganz nebenbei lernen die Konstanzer Studenten auch etwas für ihr eigenes Studium. Schleicher studiert Volkswirtschaftslehre. "Bei Studieren ohne Grenze habe ich schon einiges gelernt, was Projektplanung angeht und auch, wie man mit Verantwortung umgeht."

Das eigene Land voranbringen

Eine Fernsicht auf das Alpenpanorama, im Vordergrund ist der Bodensee mit der Insel Mainau zu sehen (Archivfoto vom 02.04.2001, Quelle: dpa)
Blick von der Uni Konstanz: Idyll am BodenseeBild: dpa

Ohne die Hilfe der deutschen Studenten hätte Ajub es nicht geschafft, im Ausland zu studieren. Die Universität Konstanz stellt ihm kostenlos das Zimmer im Studentenwohnheim zur Verfügung, damit er hier Verwaltungswissenschaften studieren kann: das ist ein Mix von Politik, Jura und internationalen Beziehungen. Wenn er nach Grosny zurückkommt möchte er sich für Menschenrechte einsetzten. "Ich bin Patriot", sagt der junge Tschetschene. "In Grosny gibt es zu viele Unschuldige hinter Gittern und viele Schuldige, die frei herumlaufen."