Eskalation
11. Mai 2008Hunderte Kämpfer der Bewegung für Gerechtigkeit und Gleichheit (JEM) waren am Samstagabend in die Außenbezirke von Khartum eingedrungen. Die sudanesische Regierung erklärte, sie habe den Angriff zurückgeschlagen und brandmarkt den Tschad als Drahtzieher der jüngsten Rebellenangriffe auf seine Hauptstadt. Die Beziehungen zum Nachbarland wurden abgebrochen.
Raid auf die Hauptstadt
Die Rebellen aus der Unruheprovinz Darfur würden vom Präsidenten des Tschad, Idriss Deby, unterstützt, sagte Sudans Präsident Omar Hassan al-Baschir am Sonntag (11.5.2008) im staatlichen Fernsehen. Die Ausgangssperre in Khartum wurde bis auf den Ort des Angriffs aufgehoben. Dort, in dem Außenbezirk Omdurman, suchten Soldaten noch nach versprengten Rebellen. Es war das erste Mal in dem bereits seit Jahrzehnten dauernden Konflikt, dass die Rebellen bis auf die Hauptstadt vorrücken konnten.
Der Vormarsch auf die sudanesische Hauptstadt soll laut einem Bericht des staatlichen Fernsehens von JEM-Chef Chalil Ibrahim persönlich angeführt worden sein. Ibrahim verstecke sich in Khartums Schwesterstadt Omdurman am anderen Nil-Ufer, hieß es am Sonntag weiter. Das Fernsehen veröffentlichte ein Fahndungsfoto des Mannes.
Die sudanesische Regierung erklärte, man habe den Vormarsch aufhalten können. "Alles ist unter Kontrolle", versicherte Präsident Omar al Baschir am Sonntag in seiner Fernsehansprache. Zuvor hatte Rebellenführer Abu Sumam erklärt, Hunderte seiner Kämpfer hätten Omdurman erreicht. Die Rebellen hatten zuvor von der Unruheprovinz Darfur aus eine 600 Kilometer lange Strecke durch die Wüste in Richtung Khartum zurückgelegt.
"Ein tschadischer Angriff"
Die sudanesische Regierung wirft dem Nachbarland Tschad vor, die JEM militärisch zu unterstützen. Rebellenführer Ibrahim sei "ein Agent des tschadischen Regimes", sagte Al-Baschir. "Dies ist ein tschadischer Angriff."
Der Tschad wies eine Verwicklung in die Angriffe vom Samstag zurück. Kommunikationsminister Mahamat Hissene sagte der Nachrichtenagentur AP, er hoffe, dass die beiden Länder weiter "freundschaftliche und brüderliche Beziehungen" pflegen könnten.
Auch der Tschad wirft dem Sudan vor, Rebellen zu unterstützen, die gegen die Regierung in N'Djamena kämpfen. Die Präsidenten der beiden Nachbarländer vereinbarten im März, die Aktivitäten der Rebellen im Grenzgebiet zu unterbinden. Ungeachtet des Abkommens halten die gegenseitigen Vorwürfe unvermindert an.
Die JEM ist eine der mächtigsten schwarzafrikanischen Rebellengruppen in Darfur. Seit 2003 kämpft sie dort gegen Soldaten der arabisch-dominierten Regierung sowie gegen arabische Reitermilizen, die der Regierung nahestehen. Den Kämpfen in Darfur sind Schätzungen zufolge mehr als 200.000 Menschen zum Opfer gefallen, 2,5 Millionen wurden aus ihren Dörfern vertrieben. (sams)