Surfen in Marokko: Wellen und Freiheit
29. Mai 2021Etwa einen Tag lang muss man fahren, wenn man aus dem Norden Marokkos den kleinen verschlafenen Hafen von Tarfaya erreichen möchte. Dort hat eine kleine Gruppe junger Surfer die Begegnungsstätte inklusive Cafè mit dem Namen "Nuevas Olas" (Neue Welle) eröffnet, um sich mit anderen Surf-Interessierten auszutauschen und Kindern das Surfen beizubringen. Salim Maatoug ist der Präsident des Clubs, während Hossin Ofan die Surfclub-Aktivitäten koordiniert.
Das Geld für die Einrichtung der Begegnungsstätte haben sich die jungen Männer von der Bank geliehen. Damit haben sie Surfbretter und Neoprenanzüge für ihren Club gekauft und das Café ausgestattet.
"Wir haben eine Abmachung. Jeder, der mal in Tarfaya war, muss zurückkommen und etwas für den Ort tun", sagt Salim Maatoug, der früher als Reiseleiter in Marrakesch gearbeitet hat.
Mehr als hundert einheimische Kinder - Jungen und Mädchen - haben bisher die kostenlosen Surfkurse besucht. Und bevor die Kinder selber ins Meer stürmen und das Wellenreiten versuchen, wärmen sie sich gemeinsam auf.
Die Surfer bringen den Kindern nicht nur das Surfen bei. Sie unterrichten die Kinder in ihrer kleinen Holzhütte auch in Englisch und Spanisch, in der Hoffnung, dass sie dadurch mehr Jobmöglichkeiten in Marokko bekommen. Viele junge Menschen in Marokko nehmen auf der Suche nach einem besseren Leben gefährliche Bootsfahrten in Kauf, um nach Europa zu gelangen. Tausende Menschen sind deshalb bereits ertrunken.
Die Eltern hatten daher auch Sorge vor den Wellen - und die Surfer mussten ihnen erst das Wellenreiten erklären, um sie für das Projekt zu gewinnen.
Zu Beginn waren nicht viele Mädchen im Surfclub, aber als die Familien gesehen haben, dass das Surfen eigentlich sicher ist, sind immer mehr Mädchen dazu gekommen.
"Jetzt haben wir eine große Anzahl von Mädchen, die surfen. Mädchen sind die Zukunft dieses Clubs ", sagt Maatoug. Er hofft, dass eines der Mädchen den Club irgendwann mal führen wird.
Tarfaya bietet seinen 9.000 Einwohnern nur wenige Arbeitsmöglichkeiten. Einer der Surfer, Hossin Ofan, arbeitet als Fischer, während sein Zwillingsbruder Lahcen bei einer Tankstelle arbeitet. In der Wüste, jenseits der Stadt, befindet sich aber auch einer der größten Windparks auf dem afrikanischen Kontinent.
Im vergangenen Jahr hatten die USA die marokkanischen Ansprüche auf die Westsahara anerkannt – obwohl die meisten Länder der Welt immer noch eine von den Vereinten Nationen unterstützte Lösung anstreben. Die neue US-Regierung scheint das derzeit nicht rückgängig machen zu wollen. Ob es Investitionen in die Region gibt, in der das meiste Geld aus dem Phosphatabbau oder der Fischerei stammt, ist allerdings unklar.
Die Surfer hatten schon lange die Idee für die Begegnungstätte "Nuevas Olas". Zeitweise haben sie sich an alten spanischen Ruinen in der Wüste getroffen, um gemeinsam zu essen, lachen und Musik zu hören. Schließlich hat ihnen der Stadtrat die Lokalität zur Eröffnung eines Surf-Hotspots zur Verfügung gestellt.