Symbolische Zölle auf das Kultobjekt
23. Juni 2018Für mich, 27 Jahre alt, ist die Levi's Jeans nicht viel mehr als eine Jeans. Ja, okay, die Farben und Modelle sind ganz cool, der Stoff ist auch schön fest, aber 80 bis 110 Euro für eine einzige Jeans? No, thanks.
Bei vielen meiner Kollegen sieht, bzw. sah das früher anders aus. Jenen, die vor 20, 30, 40 Jahren zur Schule oder in die Uni gingen und für die die Levi's 501 "irgendwie zur Identität gehörte". Ein amerikanisches Produkt, das sich über die verstaubte deutsche Spießigkeit hinwegsetzte und für Sehnsucht nach Freiheit und Aufbruch stand. Ein Stückchen American Dream in Deutschland.
Wenn über die Zölle auf US-amerikanische Produkte berichtet wird, die die EU seit diesem Freitag erhebt, dann ist es also irgendwie verständlich, dass große Kultmarken im Zentrum der Aufregung stehen. Viele Fragen sich einfach: Wird die gute alte Jeans jetzt unerschwinglich?
Die kurze Antwort lautet: wahrscheinlich nicht. Die Zölle in Höhe von 25 Prozent gelten nur auf Produkte, die auch in den USA produziert werden. Und selbst wenn die Levi's Jeans über Jahrzehnte auch wirklich "Made in the USA" war - so gilt das heute längst nicht mehr.
Produziert wird außerhalb der USA
Anfang 2004 schloss Levi's seine letzte Fabrik in den USA, in San Antonio. Später wurde in Greensboro, im US-Bundesstaat North Carolina, noch in einer einzigen Fabrik eine Sonderedition der Levi's 501 Made in the USA gefertigt - für 178 Dollar Verkaufspreis das Stück. Aber auch diese Produktionsstätte wurde Ende 2017 aus Kostengründen aufgegeben.
Produziert wird nach Angaben des Unternehmens vor allem in China, Bangladesch, Mexiko oder Sri Lanka. Lediglich auf der Liste der weltweiten Zulieferer werden die USA noch aufgeführt: Von über 500 Fabriken in mehr als 26 Ländern sind gerade einmal zwölf Zulieferer aus den Vereinigten Staaten. Auf Anfrage sagt eine Sprecherin von Levi's Europe, dass Levi's von den Zöllen betroffen sei - in welchem Ausmaß sagt sie nicht. Angesichts der größtenteils ausgelagerten Herstellung dürfte die Zahl der betroffenen Produkte aber gering sein.
Was Jeansimporte nach Deutschland angeht, so befinden sich die USA nicht einmal unter den Top 20 Herkunftsländern. Am meisten wird aus Bangladesch importiert - im vergangenen Jahr waren es knapp 63 Millionen Jeans. Auf Rang 20 liegt Indonesien mit knapp einer halben Million Jeans. Aus den USA werden folglich noch weniger importiert.
Zölle mit Symbolcharakter
Die Zahlen zeigen: Die von der EU nun erhobenen Zölle sind eher symbolischer als wirtschaftlicher Natur. Die EU habe Firmen gewählt, "die Größeres repräsentieren als ihren Wert an sich", sagte Uni Manak, Expertin für globale Wirtschaft und Handel, dem Magazin "GQ" im März, als die Zölle angekündigt wurden. Ähnlicher Auffassung ist Stephanie Schmidt von der Außenhandelsvereinigung des deutschen Einzelhandels (AVE): "Ein Stück weit ist das Ganze symbolisch", so Schmidt. "Bei den Jeans ist es sicherlich ein Stück mehr - da geht es vor allem um den Namen."
Levi's, aber auch Produkte wie Harley Davidson oder Jack Daniels, auf die die Zölle ebenfalls abzielen sollen, sind nicht einfach irgendwelche US-amerikanischen Marken. Die Motorräder, Whiskeys und Jeans sind ein Stück amerikanische Identität, ein Stück American Dream. Wer den USA schaden will, der muss einfach den amerikanischen Traum angreifen - vielleicht war das die Strategie der EU-Politiker, als sie die Produktgruppen für die Zölle festgelegt haben. Bei manchen Produkten, die tatsächlich noch in den USA hergestellt werden, mag dieser Plan aufgehen. Bei anderen - vor allem auswärts produzierten Textilien - eher nicht.