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PolitikSyrien

Syrien: Wo ist das Geld von Baschar al-Assad?

Cathrin Schaer
18. Dezember 2024

Der gestürzte Diktator soll Milliarden aus der syrischen Wirtschaft abgezogen haben - Geld, dass das geschundene Land dringend benötigt.

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Beschädigtes Assad-Plakat an einem Regierungsgebäude nach dem Sturz des Regimes, Aleppo, Dezember 2024
Beschädigtes Assad-Poster an einem Regierungsgebäude nach dem Sturz des Regimes, Aleppo, Dezember 2024Bild: Burak Kara/Getty Images

Wie viel Geld besitzen der gestürzte syrische Diktator Baschar al-Assad und seine Familie? Darauf kann niemand eine exakte Antwort geben. Die genaueste und wahrscheinlich sachlichste Schätzung dürfte das US-Außenministerium 2022 in einem Bericht an den Kongress vorgelegt haben. Darin wird das persönliche Vermögen von Assad und seiner Frau Asma auf eine Summe zwischen einer und zwei Milliarden Dollar (950 Millionen bis 1,5 Milliarden Euro) geschätzt.

Die Familie Assad besitzt demnach Immobilien in Dubai, Moskau und London und verfügt über Dutzende geheime Bankkonten.

So etwa berichteten britische Medien, die dortigen Behörden hätten bei Ausbruch des syrischen Bürgerkriegs ein Konto Assads mit 40 Millionen Pfund (etwa 48 Millionen Euro) bei einer Londoner Filiale der internationalen Bank HSBC eingefroren.

Das geschätzte persönliche Vermögen von ein bis zwei Milliarden Dollar ist wahrscheinlich aber nur ein kleiner Teil des Vermögens der Familie Assad. Andere, spekulativere Schätzungen gehen davon aus, dass der Clan auch 200 Tonnen Gold und Vermögenswerte im Wert von rund 22 Milliarden Dollar besitzt. Einige Kommentatoren meinen sogar, das verborgene Vermögensnetzwerk Assads könnte insgesamt einen Wert von bis zu 122 Milliarden haben.

Und das, obwohl Assad sich Experten zufolge als "Mann aus dem Volk" zu inszenieren pflegte und Zeugen der Washington Post berichteten, die Familie habe normale Autos gefahren und ihre Kinder auf normale Schulen geschickt.

Weitere Milliardäre in der Verwandtschaft

Informationen über die von den Behörden beschlagnahmten Geld- und Vermögenswerte sowie Gerichtsverfahren, in die Familienmitglieder wie Assads Cousins, die Makhloufs, verwickelt waren, geben weitere Hinweise darauf, wie viel Geld der Diktator und seine Kumpane aus der Wirtschaft Syriens herausgepresst haben.

So wurde etwa das Vermögen von Assads Cousin Rami Makhlouf sogar auf 5 bis 10 Milliarden Dollar geschätzt.

Ein weiterer Cousin aus der Makhlouf-Familie, Hafez, besaß 2016 ein Bankkonto mit rund 3,2 Millionen Dollar, das von den Schweizer Behörden wegen Geldwäscheverdachts eingefroren wurde.

Und 2017 beschlagnahmten spanische und französische Behörden Eigentum von Assads Onkel Rifaat al-Assad im Wert von rund 600 Millionen Euro. Dazu gehörten Hotels, Restaurants und andere Immobilien.

Villa von Assads Bruder Maher. Darunter wurde ein Netz von Tunneln gefunden
Unter der Villa von Assads Bruder Maher wurde ein Netz von Tunneln gefundenBild: Hasan Belal/Anadolu/picture alliance

Wie haben die Assads ihr Geld erworben?

"Die Assads sind direkt oder indirekt an fast allen groß angelegten Wirtschaftsaktivitäten des Landes beteiligt", heißt es in dem Bericht des US-Außenministeriums von 2022.

Ebenso seien sie in Drogenhandel, Waffenschmuggel und Erpressung verwickelt und verwalteten die Erträge aus diesen Aktivitäten über "scheinbar legitime Unternehmensstrukturen und gemeinnützige Einrichtungen", so der Bericht.

In seiner Eigenschaft als Staatsoberhaupt habe Assad uneingeschränkte Macht über den öffentlichen Sektor gehabt, schrieben der syrischstämmige Politökonom Karam Shaar und der in Columbia lehrende Politikwissenschaftler Steven Heydemann 2024 in einem Papier für das Brookings Institute. Diese habe er auch eingesetzt, um staatliche Geschäfte in Richtung von Unternehmen zu lenken, die er über seine Geschäftsfronten kontrolliert habe. 

So etwa hätte ein von zwei Freunden Assads geführtes Unternehmen den Regierungsauftrag zur Wartung und Renovierung der beiden größten Kraftwerke Syriens erhielt. Diese seien "Berichten zufolge" für eine Ausnahme von westlichen Sanktionen in Betracht gezogen worden, damit sie saniert werden könnten.

In den vergangenen Jahren habe Assad seine Kontrolle über Einkommensquellen gefestigt, so Shaar und Heydemann weiter. Dabei versuchte der Diktator offenbar, auch den Reichtum von Verbündeten und Familienmitgliedern für sich zu gewinnen.

Darauf gehe auch das Kräftemessen mit seinem Cousin, dem Milliardär Rami Makhlouf, im Jahr 2020 zurück, so die Experten. Makhlouf wurde an den Rand gedrängt und angeblich unter Hausarrest gestellt. Derweil übernahm Assad dessen Imperium.

In den vergangenen Jahren war zudem bekannt geworden, dass das Assad-Regime auch hinter der erhöhten Produktion und dem Handel des süchtig machenden Methamphetamins Captagon steckte. Der Drogenhandel sorgte bei vielen Regierungen in Syriens Nachbarländern für große Verärgerung. 

Drogenfabrik in der Villa von Maher al-Assad, Dezember 2024
Auch mit der Produktion der Droge Captagon machten die Assads Geld. Im Bild: Ausschnitt aus einer Drogenfabrik in der Villa von Maher al-Assad, Dezember 2024Bild: Emin Sansar/Anadolu/picture alliance

Was geschah mit dem Geld der Herrscherfamilie?

Es ist klar, dass Baschar al-Assad Syrien in Eile verlassen hat. Seine in Krebsbehandlung befindliche Frau hielt sich zu dieser Zeit mit den drei Kindern des Paares bereits in Russland auf.

Videos, gefilmt von Syrern, die nach Assads Sturz dessen Häuser und Büros betraten, zeigen, dass die Familie erheblichen Reichtum zurückließ, so etwa edle Möbel, Designerwaren und eine Garage voller Luxusautos - darunter ein Ferrari, ein Lamborghini und ein Rolls Royce.

Doch in Russland wird die Familie nicht mit leeren Händen dastehen. "Es wird eine internationale Jagd nach den Vermögenswerten des Regimes geben", sagte Andrew Tabler, ein ehemaliger Beamter des Weißen Hauses, der früher an der Identifizierung von Vermögenswerten der Assad-Familie arbeitete, diese Woche dem Wall Street Journal. "Sie hatten vor der Revolution viel Zeit, ihr Geld zu waschen. Sie hatten immer einen Plan B und sind jetzt gut für das Exil gerüstet."

Kürzlich berichtete die britische Zeitung Financial Times, die syrische Zentralbank habe zwischen 2018 und 2019 Bargeld im Wert von 250 Millionen Dollar zum Flughafen Vnukovo, südwestlich von Moskau, geflogen.

"Die ungewöhnlichen Überweisungen aus Damaskus unterstreichen, wie Russland, ein wichtiger Verbündeter Assads, zu einem der wichtigsten Ziele für Syriens Bargeld wurde, als westliche Sanktionen es aus dem Finanzsystem drängten", schrieb die Zeitung.

Zuvor hatte die Financial Times berichtet, die Assads besäßen mindestens 18 Luxuswohnungen in Moskau. Die Familie habe zudem auch zwischen 2018 und 2019 weitere Vermögenswerte in Russland erworben, so die Zeitung.

Bankangestellter neben syrischen Pfund-Banknoten nach dem Sturz von Assad, Damaskus, Dezember 2024
Ein Land weitgehend ohne Auslandswährung: Die Assads schafften Fremdwährungen seit Jahren ins Ausland Bild: Louai Beshara/AFP/Getty Images

Wirtschaftliche Not der Bevölkerung

Selbst wenn die Assads nur einen Bruchteil des ihnen von verschiedenen Organisationen zugeschriebenen Reichtums besitzen, kontrastiert dieser auf drastische Weise mit der wirtschaftlichen Not, in der sich viele Syrer befinden.

Seit Beginn des Bürgerkriegs ist das syrische Bruttoinlandsprodukt (BIP) auf schätzungsweise 9 Milliarden Dollar (8,5 Milliarden Euro) gesunken. Auch im laufenden Jahr dürfte es jüngsten Berechnungen der Weltbank von 2024 zufolge weiter schrumpfen. "Seit 2022 sind 69 Prozent der Bevölkerung von Armut betroffen - das entspricht etwa 14,5 Millionen Syrern", heißt es.  

Aus dem Englischen adaptiert von Kersten Knipp.

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