Syriens Kurden zwischen Hoffnung und Angst
Der Fotojournalist Karlos Zurutuza war nach dem türkischen Einmarsch im nordsyrischen Grenzgebiet unterwegs. Er traf Familien auf der Flucht und einsame Männer, die in den Dörfern zurückbleiben.
Auf der Flucht
Nach Informationen der UN sind seit Beginn der türkischen Offensive fast 200.000 Menschen zu Binnenflüchtlingen geworden. Berichten zufolge versuchten viele Kurden, im kurdischen Siedlungsgebiet im Irak Schutz zu finden. Doch nur, wer eine irakisch-kurdische Aufenthaltsgenehmigung hat, darf die Grenze passieren.
Nur noch Männer
Viele Dörfer im Nordosten Syriens sind jetzt verlassen. Frauen und Kinder flohen aus dem Grenzgebiet ins Landesinnere, etwa in die Provinz-Hauptstadt Al-Hasaka. "Doch die Bedingungen werden immer schlechter in Al-Hasaka, weil sehr viele Flüchtlinge kommen. Also haben wir uns entschieden zu bleiben", sagte Suna, eine Mutter von drei Kindern, der DW.
Das Leben versickert
Der einst lebhafte Basar der syrischen Stadt Amude ist ein düsterer Ort geworden, an dem sich nur noch ein paar Männer treffen. Seit dem Beginn der türkischen Offensive haben viele Geschäftsleute ihre Läden geschlossen. Der Granatbeschuss von der anderen Seite der Grenze beginnt spätestens, wenn es dunkel wird. Wer in der Stadt geblieben ist, traut sich abends und nachts kaum aus dem Haus.
Er ist wieder da
Die Statue des früheren Machthabers Hafiz al-Assad grüßt wieder an der Einfahrtstraße von Kamischli, der wichtigsten Stadt im Nordosten Syriens. In der Region ist das Verhältnis zwischen kurdischer Selbstverwaltung und dem Regime von Präsident Baschar al-Assad seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs im Jahr 2011 angespannt.
Die Unsicherheit bleibt
Die syrischen Kurden fühlen sich von US-Präsident Trump verraten, seit er den Rückzug der US-Truppen angeordnet hat. "Wir wissen, was Trump uns angetan hat, aber über Putins Absichten wissen wir immer noch nichts", sagt Massud, ein Kunde in diesem Frisiersalon. Inzwischen haben die USA die Türkei überzeugt, dass eine Feuerpause im Norden Syriens angebracht ist.
"Ich sage lieber nichts"
Nach Jahren der Unterdrückung unter Baschar al-Assad und davor seinem Vater, weigern sich viele Menschen in der syrischen Stadt Derik zu sagen, was sie von dem wieder erstarkten Einfluss der syrischen Regierung in der Region halten. "Das ganze Land stand damals unter der Beobachtung der Geheimdienste. Das kann bald wieder so sein; deshalb wird niemand etwas darüber sagen", sagt ein Befragter.
Fünf Särge, fünf Schicksale
Überall im Nordosten Syriens müssen sich die Menschen um die Leichen kümmern, die täglich von der Front zu ihnen gebracht werden. Türkische Luftangriffe haben militärische Ziele und Zivilisten getroffen. Krankenhäuser wie das in Derik, in denen verwundete Kämpfer versorgt werden, wurden evakuiert, um weitere Opfer zu vermeiden.
Tausende von Opfern
Die Kurden in Syrien beklagen rund 11.000 Opfer im Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS). Obwohl der IS keine Gebiete von nennenswerter Größe mehr kontrolliert, ist das Morden weitergegangen. Dutzende Zivilisten und Hunderte Kämpfer sind Berichten zufolge ums Leben gekommen, seit die Türkei ihre Offensive im Nordosten Syriens gestartet hat.
Alleingelassen
Nach dem Ausbruch des syrischen Bürgerkrieges im Jahr 2011 entschieden sich die Kurden in Syrien für keine der beiden Seiten - nicht für die Regierung, nicht für die Opposition. Durch den Rückzug der US-Truppen bleiben sie allein zurück, ohne jede Unterstützung.