Szenenwechsel in Bayreuth
24. Juli 2008Zu seinen größten Verdiensten gehört die Gründung der Richard-Wagner-Stiftung 1973, mit der er das Überleben der Festspiele gewährleisten wollte. Das Festspielhaus wird seitdem von der Stiftung an den Festspielleiter verpachtet. Allein der Stiftungsrat ist befugt, über die Nachfolge eines Festspielleiters zu entscheiden.
Streit mit dem Stiftungsrat
Schon 1999 hatte Wolfgang Wagner ihm die Türe geöffnet für die Suche nach seinem Nachfolger. Der Stiftungsrat entschied sich im März 2001 aber nicht für Wolfgangs Wunschkandidatin, seine zweite Ehefrau Gudrun, die er für die Position der Festspielleiterin als ungeeignet betrachtete. Er favorisierte anstatt dessen Eva Wagner-Pasquier, Wolfgangs verstoßene Tochter aus erster Ehe. Daraufhin schlug Wolfgang die Tür wieder zu und beharrte auf seinem lebenslangen Vertrag.
Im vergangenen Jahr kulminierten die immer offensichtlicher werdenden künstlerischen, personellen und finanziellen Probleme der Bayreuther Festspiele. Wolfgang Wagner war gesundheitlich stark angeschlagen und die Festspiele hatten ein gewaltiges Defizit zu beklagen. Nike Wagner, die von Wolfgang Wagner ausgegrenzte, kluge Tochter seines Bruders Wieland, plauderte aus, was die Bayreuther Spatzen schon längst von den Dächern pfiffen: Es sei doch offenbar, dass die Festspiele längst von den beiden Frauen geführt würden, die dezidiert vom Stiftungsrat nicht gewählt wurden: Von Gudrun Wagner, "die aus guten Gründen nicht gewählt wurde", wie sie hinzufügt, und von Wagners Tochter Katharina.
Katharinas Debüt
Im vergangenen Sommer hatte Wolfgang Wagner seine Tochter Katharina gewissermaßen in Bayreuth inthronisiert. Sie gab ihr Debüt mit einer Meistersinger-Inszenierung, die die faschistische Rezeptionsgeschichte auf die Bühne brachte und für die sie mehr Buhs als Bravi erntete. Nach einer beispiellos gelenkten Pressekampagne, hat sich Katharina Wagner - die in den Medien zum Fotomodell hochstilisiert wurde - öffentlich als Nachfolgerin ihres Vaters ins Spiel gebracht: Sie fühle sich auf jeden Fall dazu in der Lage, sagt sie, "aber mir geht es nicht um den Festspielleitertitel, sondern es ist eine Herzensangelegenheit."
Nicht jeder war von Katharinas Qualitäten als mögliche künftige Festspielleiterin überzeugt. Alleine jedenfalls wurden ihr – auch vom Stiftungsrat - keine Chancen eingeräumt. Kurze Zeit später, am 28. November 2007 verstarb ganz plötzlich und unerwartet Katharinas Mutter, Gudrun Wagner, die für die Entfremdung und Verfeindung zwischen ihrer Tochter Katharina und Wolfgangs Tochter aus erster Ehe, Eva, verantwortlich war. Der Weg war nun frei für eine Wiederannäherung der 63-jährigen Eva Wagner-Pasquier und der 29-jährigen Katharina. Die Ereignisse überschlugen sich.
Doppellösung
Am 8. April hat Wolfgang Wagner in einem Brief an die Geldgeber der Festspiele signalisiert, dass er von seinem lebenslangen Vertrag als Festspielleiter zurücktreten werde, wenn seinen beiden Töchtern Eva und Katharina eine gemeinsame Leitung der Bayreuther Festspiele übertragen würde. Der Stiftungsrat hat daraufhin die Wagner-Töchter mit Schreiben vom 10. April aufgefordert, unverzüglich ein gemeinsames Festspiel-Konzept vorzulegen. Am 31. August will er nun die Entscheidung über die Nachfolge Wolfgang Wagners treffen. Wer auch immer sich noch beworben hat, die Entscheidung dürfte feststehen: Katharina und Eva Wagner werden das neue Führungsduo am Grünen Hügel in Bayreuth werden. Denn nur dann tritt Wolfgang Wagner zurück.
Sein Wunsch und der des Stiftungsrats dürften sich dann erfüllt haben: Es bleibt bei einer dynastischen Nachfolgeregelung - eine neue Epoche der Bayreuther Festspiele bricht an. Ob sie den dringend erwünschten künstlerischen Aufschwung bringen wird, bleibt ebenso ungewiss wie die wirtschaftliche Zukunft der Festspiele. Weder Eva noch Katharina haben sich zu ihren Plänen und Visionen des zukünftigen Kurses der Bayreuther Festspiele öffentlich geäußert.