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Anti-Zuma-Proteste erreichen neuen Höhepunkt

Theresa Krinninger27. Januar 2016

Zu wenig Jobs, ungleiche Chancen - und nun bricht auch noch die südafrikanische Wirtschaft ein. Hunderttausende Südafrikaner haben genug von Präsident Zumas Politik und machen ihrem Ärger Luft.

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Südafrika: Banner mit Aufschrift "Zuma must fall" in Kapstadt (Foto: Getty Images)
Bild: Getty Images/AFP/R. Bosch

Bei den Südafrikanern hat sich der Frust lange angestaut: Die Schere zwischen Arm und Reich geht weiter auseinander, die Arbeitslosenquote liegt bei 25 Prozent - und jetzt kommt auch noch die Wirtschaftsflaute dazu. Die Menschen sind wütend. Viele von ihnen geben Präsident Jacob Zuma die Schuld. Ihre Botschaft: "Zuma Must Fall", zu Deutsch: "Weg mit Zuma". Mehr als 500.000 Menschen haben eine Online-Petition unterschrieben, die den Abtritt von Zuma fordert. Am Mittwoch organisiert die Oppositionspartei Democratic Alliance (DA) einen Protestmarsch gegen den Parteichef des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) in Johannesburg. Bereits im Dezember gingen Hunderttausende Demonstranten auf die Straße.

Das neue Südafrika steht wirtschaftlich so schlecht da wie seit seiner Gründung vor 22 Jahren nicht. Das Wirtschaftswachstum dümpelt derzeit bei etwa 1,5 Prozent. Der Marktbeobachter Heiko Stumpf spricht im Gespräch mit der DW nicht von Wachstum, sondern von Stillstand. Er beobachtet von Johannesburg aus die südafrikanische Wirtschaft für die Beratungsagentur "Germany Trade and Invest" (Gtai), eine Gesellschaft in Hand des Bundes, die den deutschen Außenhandel fördern soll.

Protestmärsche gegen Präsident Zuma in Südafrika (Foto: picture alliance)
Johannesburg im Dezember 2015: Tausende Menschen protestieren gegen Zumas PolitikBild: picture alliance/dpa/K. Ludbrook

Die Stagnation habe viele Gründe: "Südafrika exportiert Rohstoff, doch die weltweite Nachfrage daran hat nachgelassen", erklärt Stumpf. Dabei spielen auch die fallenden Preise für Eisenerz und Platin eine Rolle - beides sind wichtige südafrikanische Exportgüter. Hinzu kommen steigende Energiepreise, die hohe Arbeitslosigkeit und eine schwere Dürre - eine Folge des El-Niño-Wetterphänomens. Ganze Städte haben bereits Probleme mit der Wasserversorgung, die Landwirtschaft leidet und die Preise für Lebensmittel schießen in die Höhe. So ist Mais, ein südafrikanisches Grundnahrungsmittel, im Vergleich zum Vorjahr derzeit doppelt so teuer.

Die Wirtschaftsflaute hatten Experten kommen sehen. Doch ein regelrechter Schock für die internationale Finanzwelt war der plötzliche Führungswechsel im südafrikanischen Finanzministerium. Im Dezember ersetzte Jacob Zuma nach Meinungsverschiedenheiten über Nacht seinen Finanzminister Nhlanhla Nene durch den relativ unbekannten David van Rooyen. Dieser wurde wiederum auf Druck des ANC nach nur vier Tagen im Amt durch Pravin Gordhan ersetzt.

Nhlanhla Nene (Foto: picture alliance)
Rausschmiss trotz internationalem Renommé: Ex-Finanzminister Nhlanhla NeneBild: picture alliance / dpa

Zuma: "An den Rand gedrängt"

"Im Gegensatz zu anderen südafrikanischen Behörden hatten Unternehmen und Institutionen großes Vertrauen in das Finanzministerium und den Minister Nhlanhla Nene", erklärt Heiko Stumpf. Zumas Aktion habe den Eindruck vermittelt, er wolle Einfluss auf das Finanzministerium nehmen und versuche, die Haushaltsdisziplin einzuschränken. Die ausländischen Investoren und Gläubiger wurden nervös, zogen sich zurück. Die Währung Rand fiel kurzzeitig auf einen Tiefstand.

Jacob Zuma scheint von alledem dennoch wenig beeindruckt. Auf dem Weltwirtschaftsgipfel in Davos in der vergangenen Woche erschien Zuma nicht zum wichtigsten Afrika-Podium. Kritiker sehen das als schlechtes Zeichen für einen Präsidenten, der eigentlich alles geben sollte, um die eigene Wirtschaft wieder anzukurbeln. Dafür fehle aber der finanzielle Handlungsspielraum, sagt Stumpf. "Im Jahr 2009 lag die Nettoverschuldung noch bei 22 Prozent; jetzt sind es beinahe 45 Prozent." Hinzu komme, dass durch das enttäuschende Wirtschaftswachstum die Steuereinahmen ausblieben und der Regierung somit das Geld fehle.

Kein Geld für den Sozialstaat

Das hat wiederum soziale Folgen. Laut Politologe und Südafrika-Experte Henning Melber ist das Land aufgrund seiner Apartheid-Vergangenheit in einer misslichen Lage. "Bislang hat die Regierung versucht, die Gunst der schwarzen Wählerschaft zu erhalten, indem sie ihnen sehr viele sozialstaatliche Maßnahmen finanziert hat. Und jetzt geht ihr das Geld dafür aus." Dadurch werde der Unmut in der Bevölkerung noch weiter steigen, so Melber im DW-Interview.

Platinmine in Südafrika (Foto: imago/Kyodo News)
Fehlende Einnahmen aus dem Rohstoffgeschäft reißen Löcher in die StaatskassenBild: Imago/Kyodo

Für die deutschen Investoren gibt Marktbeobachter Stumpf vorerst Entwarnung. "Der Standortvorteil Südafrika verschwindet nicht über Nacht." Allerdings seien die hohen Schwankungen im Wechselkurs für Unternehmer sehr belastend. "Jetzt kommt es darauf an, wie sich die Wirtschaftspolitik des ANC in den kommenden Jahren entwickelt und vor allem wer 2019 die Nachfolge von Zuma antritt", so Stumpf. Erst dann wisse man, ob sich die Wirtschaftspolitik stabilisiert.

Sicher aber ist: Für Zuma und den ANC steht in Hinblick auf die Lokal- und Kommunalwahlen im Mai viel auf dem Spiel. Dem Südafrika-Experten Melber zufolge schade Zuma mit seinen jüngsten Eskapaden seiner Partei. "Schon jetzt gibt es Anzeichen, dass die Oppositionspartei "Democratic Alliance" (DA), wie schon bei den letzten Parlamentswahlen, noch einmal zulegen könnte und nach dem Westkap jetzt auch das Ostkap mit den wichtigsten Städten erobern könnte", so Melber. Der Protestmarsch am Mittwoch ist für die politische Konkurrenz also auch eine hervorragende Gelegenheit, viele der besorgten und frustrierten Südafrikaner für sich zu gewinnen.