Wasserkrise in Südafrika
22. März 2015Er liegt idyllisch, eingebettet zwischen schroffen Bergen: Der Berg River Dam, das Wasser-Reservoir für den Großraum Kapstadt. Nur wenige Kilometer weiter südwestlich jedoch offenbart sich ein ganz anderes Bild: Plastikflaschen und Autoreifen schwimmen im Plankenbrug River bei Stellenbosch. Ein fauliger Geruch liegt über dem Wasser. Dazu kommt der Schmutz, den man nicht sieht: Escherichia coli Bakterien, die Infektionen und Durchfall verursachen. Der Quell der Verschmutzung liegt im angrenzenden Township Kayamandi. Von dort fließen Fäkalien und Abwässer der 30.000 Bewohner in den Plankenbrug.
Mtombenkosi Mofu läuft durch die engen Gassen Kayamandis zum öffentlichen Wasserhahn. Die Südafrikanerin lebt im ärmeren Teil des Townships, in einer "shack", wie die grob zusammengezimmerten Hütten genannt werden. Das ganze Viertel teilt sich zwei Toilettenblöcke und die Wasserstelle. Auf den ersten Blick sieht das Wasser in Mofus orangefarbenen Plastikeimer sauber aus, doch Mtombenkosi Mofu wiegelt ab: "Das Wasser ist nicht wirklich sauber. Manchmal riecht es und wenn nachts die Betrunkenen vorbeilaufen, verrichten manche ihr Geschäft dort bei der Wasserstelle. Sie kümmern sich nicht darum, die Toiletten zu benutzen. "
Landflucht belastet die städtische Infrastruktur
Kayamandi ist kein Einzelfall. Fäkalien und Abfälle aus den Wellblech-Siedlungen belasten an vielen Orten Südafrikas Abwassersystem. Dazu kommt ein extrem hoher Wasserverbrauch pro Kopf, verursacht durch lecke Rohre und mangelndes Bewusstsein bei den Verbrauchern.
Gunnar Sigge ist Leiter des Ernährungswissenschaftlichen Instituts an der Universität Stellenbosch und Ko-Autor einer Wasser-Studie. Er formuliert es noch drastischer: "Wir haben eine Wasser-Krise", sagt er. "Zum einen befinden wir uns in einer klimatischen und geographischen Region, in der der Klimawandel bereits Realität ist. Unsere ohnehin schon niedrigen und wechselhaften Regenfälle werden weniger und so erhöht sich der Druck auf vorhandene Wasser-Reserven." Zum anderen gebe es eine massive Landflucht. Viele Leute ziehen in die Städte, auf der Suche nach Arbeit und das setzt die Infrastruktur unter Druck, so der Wissenschaftler.
Überfällige Investitionen
Seit 1994 hat sich die Zahl der informellen Siedlungen in Südafrika von 300 auf 2700 erhöht. Die Klärwerke sind überlastet. Nach Angaben des südafrikanischen Wasserministeriums funktioniert eines von zehn Abwasser-Systemen funktioniert nicht sachgemäß. Zudem mangelt es an gutem Management und geschultem Personal. Investitionen in die Infrastruktur sind in vielen Städten längst überfällig. Gunnar Sigge appelliert an die Gemeinden: "Am wichtigsten ist es jetzt, Notfall-Pläne zu erarbeiten. Und parallel dazu das Geld für die Modernisierung der Anlagen zu organisieren, um die ansteigende Menge an Abwasser zu bewältigen." Auf der anderen Seite, so der Experte, müssten die Verbraucher dringend geschult werden sparsamer mit Wasser umzugehen und das Abwasser-System nicht zusätzlich zu belasten.
Menschen wie Mtombenkosi Mofu leiden am meisten unter dem prekären Abwasser-System - und sind doch gleichzeitig Teil des Problems. Sie hofft auf Verbesserungen: "Für meine Zukunft wäre es gut, wenn die Menschen ihr eigenes Haus bekommen würden, dann hätte man seinen eigenen Wasseranschluss und seine eigene Toilette."
Fest steht: Die Townships werden immer größer. Und mit ihnen der Durst nach Frischwasser und die Menge an Abwasser. Laut einem Wasser-Bericht des Instituts für Sicherheits-Studien in Pretoria wird der Wasserbedarf in Südafrika bis zum Jahr 2030 das Angebot um 17 Prozent übersteigen. Für Appelle wird es dann zu spät sein.