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Unser "Nachtschwärmer"-Tipp: Tallinn

Mirko Schwanitz (Euranet)21. Januar 2009

Die mittelalterlichen Gassen von Estlands Hauptstadt Tallinn beherbergen eine wachsende Zahl angesagter Clubs und Bars - und eine Geldbörse braucht man für die Vergnügungen vielleicht auch bald schon nicht mehr.

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Die estnische Hauptstadt Tallinn
Hinter der mittelalterlichen Fassade verbirgt sich eine moderne SzeneBild: AP

In kaum einem anderen EU-Land sind Tradition und Moderne so eng verflochten wie in Estland. Das merkt schnell, wer seinen Wagen in einer der mittelalterlichen Gassen der Hauptstadt Tallinn parkt und sein Handy zückt, um die Parkgebühren per Anruf zu bezahlen.

Torten und Touristen bei Timo Tirs

Mittelalterliche Häuser in Tallinn (20.4.01)
In Tallinn sind Tradition und Moderne verbundenBild: AP

Pittoreske Bürgerhäuser säumen den mittelalterlichen Marktplatz, über den ich hinunter zum alten Markt schlendere. Am Freiheitsplatz, dem "Vabaduse Väljak", liegt das "Moskwa". Gleich neben dem Eingang kämpfen zwei Damen mit mächtigen Hüten mit zwei ebenso mächtigen Tortenstücken. Eine Etage höher saugen die Touristen Caipirinhas aus Gläsern und Jungbanker Informationen aus Laptops, während Chef Timo Tirs den Diskjockey instruiert, der heute fürs "Chill-Out" verantwortlich ist.

Das "Moskwa" hat eine lange Tradition. Es existiert schon seit den 1930er-Jahren. Heute kommen hier Leute her, die jung und erfolgreich sind und Geld haben. Es ist eines der größten Cafés im ganzen Land – dennoch wirkt es nicht so unterkühlt wie viele der anderen modernen Bars von Tallinn. Trotz seiner Größe strahlt es Wohnzimmeratmosphäre aus.

Ohne Geldbörse geht - ohne Handy gehts nichts

Frau mit Handy in der Hand
Mit dem Handy kann man in Tallinn vieles bezahlenBild: picture-alliance / KPA

Besitzer Timo Tirs hatte schon als Jugendlicher den Traum, aus dem Traditions-Café etwas ganz Besonderes zu machen. Heute ist von den 1930er-Jahren nicht viel geblieben im "Moskwa". Es sei sogar moderner als jedes Café in Deutschland, behauptet Timo lächelnd. "Bei uns kannst du deine Rechnung ganz einfach per Handy bezahlen. Und wir bekommen eine SMS von der Bank, dass die Rechnung bezahlt ist."

Auf seine Geldbörse ist man in Tallinn nicht mehr angewiesen, wenn man sein Handy dabei hat – das meint auch Helen Sildna. In ihrem Musik-Club "Hollywood", ganz in der Nähe des "Moskwa", versinke ich erst einmal in riesigen karamelfarbenen Ledersesseln. Möbel, Musik und Essen erwecken den Einruck, als befände ich mich in einem Wellness-Lokal. Doch die Partyzone beginnt gleich hinter einer unscheinbaren Tür, die einst zu einem Kino führte. Aber das war zu sozialistischen Zeiten – und die sind schon eine Ewigkeit her, meint Helen. Heute ist das "Hollywood" unter den jungen Tallinnern vor allem seiner Partys wegen beliebt.

Mehr Chancen für junge Unternehmer als anderswo

Party in einer Disco
In Tallinn gibt es viele gute ClubsBild: DW

"Ich bin hier dafür zuständig, Gruppen für Auftritte zu verpflichten. Ich wollte immer was mit Musik zu tun haben. Schließlich war meine Mutter Opernsängerin und mein Vater spielt als Trompeter in einem Orchester", erzählt Helen. Heute hat sie "Blacky" engagiert, eine junge estnische Band. Für Tallinns aufregende Szene und die Menge an guten Clubs hat Helen eine Erklärung. Nach der Unabhängigkeit seien gerade die jungen Leute besonders aktiv gewesen. "Deshalb sind viele Chefs hier erst in den Dreißigern. Es ist gut, in Estland zu leben. In anderen Ländern besteht das System seit Jahrzehnten, alles ist eingefahren. In Tallinn kannst du Ideen leicht umsetzen und wirst als junger Mensch akzeptiert."