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Hilfe gegen Tuberkulose

Mirjam Gehrke18. August 2013

Schlechte hygienische Bedingungen, Mangelernährung und beengte Wohnverhältnisse begünstigen Tuberkulose. Doch mit internationaler Hilfe kann Tansania Zehntausende Patienten pro Jahr behandeln.

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Regelmäßiges Lüften in den oft beengten Wohnungen und Hütten in den Slums von Daressalam ist eine einfache aber wirksame Prävention gegen TBC (Foto: DW/ M. Gehrke)
Tuberkulose-Prävention in TansaniaBild: DW/M. Gehrke

John Andrea Mashimba sitzt seit einigen Stunden in der brütenden Hitze auf einer der Holzbänke vor dem Distriktkrankenhaus von Temeke. "Ich bin hier zur Behandlung von Tuberkulose. Vor sechs Wochen habe ich erfahren, dass ich krank bin", erzählt der 58-jährige. Ein Dach spendet Schatten. Ansonsten ist der Wartebereich offen. Ein leichter Wind sorgt für etwas Abkühlung. Frische Luft ist aber auch wichtig, um die Ansteckungsgefahr für Ärzte und Krankenschwestern zu verringern. Tuberkulose (TBC) breitet sich über Tröpfcheninfektion aus. In engen Räumen herrscht hohe Ansteckungsgefahr.

Temeke ist das industrielle Zentrum der tansanischen Hauptstadt Daressalam. Die meisten der rund 800.000 Einwohner verdienen als Arbeiter oder Kleinunternehmer ein bescheidenes Einkommen. John Andrea Mashimba verkaufte Holzkohle - bis er krank wurde. "Ich habe Schmerzen in der Brust gehabt. Ich fühlte mich immer schwächer. Dann bin ich ins Krankenhaus gegangen. Ich wollte wissen, was mit mir los war und erfahren, dass ich Tuberkulose habe." Bei dem Test habe sich auch herausgestellt, dass er HIV-positiv ist, fügt er leise hinzu.

Tansania gehört zu den zwanzig am stärksten von Tuberkulose betroffenen Ländern der Welt. Jährlich werden über 60.000 neue Fälle diagnostiziert. Das geht aus der ersten nationalen Erhebung zu Verbreitung von TBC hervor, die das tansanische Gesundheitsministerium Anfang Juli veröffentlicht hat. In den vergangenen drei Jahrzehnten hat sich die Zahl der Tuberkulose-Erkrankungen verfünffacht, eine Folge der HIV-Epidemie. TBC ist die häufigste Koinfektion und die häufigste Todesursache für Menschen mit Aids.

Wartebereich unter freiem Himmel im Distriktkrankenhaus von Temeke/ Daressalam (Foto: DW/ M. Gehrke)
Patienten warten unter freiem Himmel im Distriktkrankenhaus Temeke in DaressalamBild: DW/M. Gehrke

Schnelle Diagnose entscheidet über Heilungschancen

Rechtzeitig erkannt und behandelt, ist Tuberkulose aber heilbar. Bei der Diagnose und Therapie hat Tansania große Fortschritte gemacht, bestätigt Christoph Benn. Der Direktor beim Global Fund zur Bekämpfung von Aids, Malaria und Tuberkulose hat jahrelang ein Krankenhaus in Tansania geleitet. "Inzwischen liegt die Erfolgsrate bei der Behandlung bei 88 Prozent", erläutert Benn. Das heißt, 88 Prozent derer, die eine Behandlung beginnen, schließen sie auch erfolgreich ab und sind dann nicht mehr ansteckend für andere. Das habe auch entscheidend dazu beigetragen, die Sterblichkeitsrate von Aids reduzieren.

Die Behandlung ist für die Patienten kostenlos. Die Therapie, eine Kombination verschiedener Antibiotika, dauert mindestens sechs Monate und kostet rund einhundert Dollar. Tansania erhält die notwendigen finanziellen Mittel zum Import der Medikamente vom Global Fund. Diese Organisation finanziert sich durch Gelder von Staaten und privaten Geldgebern. Deutschland hat bislang rund 1,2 Milliarden Dollar in den Fonds eingezahlt.

Loic besucht als freiwillige Helferin der NGO Mukikute TBC-Patienten zu Hause und hilft Ihnen bei der regelmäßigen Einnahme der Medikamente (Foto: DW/ M. Gehrke)
Die 27-jährige Loic hatte selbst TBC - heute betreut sie andere PatientenBild: DW/M. Gehrke

Ehemalige Patienten betreuen Betroffene

Zwischen Tablettenschachteln und Broschüren über gesunde Ernährung bei Tuberkulose sitzt die 27-jährige Loic auf einer Decke in einem kleinen Innenhof. Ihr gelbes T-Shirt hebt sich leuchtend-knallig von den grauen Betonwänden des Slums von Temeke ab. Loic ist freiwillige Gemeindehelferin und besucht TBC-Patienten. Heute erklärt sie der 21-jährigen Elisabeth, wie und wann sie ihre Tabletten einnehmen muss, und wie sie ihre anderthalbjährige Tochter Neema davor schützen kann, sich mit TBC anzustecken. "Ich habe Loic im Krankenhaus kennengelernt", erinnert sich Elisabeth, bei der vor vier Monaten TBC diagnostiziert wurde. "Sie hat es mir leicht gemacht, über meine Krankheit zu reden. Und jetzt besucht sie mich regelmäßig und bringt mir die Medikamente."

Loic arbeitet für Mukikute. Die Organisation wurde von ehemaligen TBC-Patienten gegründet. Ziel ist es, Betroffene über die Krankheit aufzuklären und sie während der Behandlung zu unterstützen. "Ich weiß nicht, wie viele Leben ich möglicherweise schon gerettet habe", erzählt Loic. Sie hat selbst vor einigen Jahren Tuberkulose gehabt. Heute besucht sie durchschnittlich bis zu drei Patienten pro Tag. "Ich bin ständig hier im Viertel unterwegs. Die Leute erkennen mich an meinem T-Shirt. Sie kommen zu mir, sie schildern mir ihre Symptome und bitten um Hilfe." Bei gesundheitlichen Beschwerden suchen viele Menschen in Tansania nach wie vor zunächst einen Medizinmann auf. Der Organisation Mukikute ist es gelungen, viele der traditionellen Heiler in Temeke zur Zusammenarbeit mit dem örtlichen Krankenhaus zu überreden.

Mary Benardi, TBC Patientin, im Kibong'oto Krankenhaus in Moshi, Tansani (Foto: DW/ M. Gehrke)
Mary Benardi im TBC-Krankenhaus Kinbong'oto im Norden TansaniasBild: DW/M. Gehrke

Die Betreuung der Patienten zu Hause entlastet die Krankenhäuser. Und bei den Hausbesuchen können Infizierte schon bei ersten Symptomen medizinisch betreut werden. Für Christoph Benn vom Global Fund ein überzeugendes Konzept, denn "die Gefahr geht normalerweise von den nicht diagnostizierten Fällen aus. Hier musste in bessere medizinische Vorsorge und Untersuchungsmöglichkeiten investiert werden."

Letzte Hoffnung für resistente Patienten

Trotz der hohen Erfolgsrate von 88 Prozent bei der Behandlung von TBC kommt es in Einzelfällen immer wieder zu Resistenzen. Für Patienten, bei denen die gängigen Antibiotika nicht wirken, besteht die letzte Hoffnung auf Behandlung im Kinbong'oto Krankenhaus in Moshi, im Norden Tansanias. Hier, am Fuße des Kilimandscharo, in 900 Metern Höhe herrscht ein gemäßigtes Klima. Von den 320 Betten sind 40 für medikamentenresistente Patienten reserviert. Derzeit werden auf der Isolierstation aber 45 Patienten behandelt, die auf die herkömmliche Therapie nicht mehr ansprechen. Ein neuer Trakt ist bereits im Bau, finanziert mit Mitteln des Global Fund.

Vor zwei Tagen ist die 20-jährige Mary Benardi vom Krankenhaus in Temeke ins 540 Kilometer entfernte Moshi gebracht worden. "Sie ist medikamentenresistent", erläutert Riziki Kisonga, einer der Ärzte. "Seit acht Monaten hustet sie. Sie hat stark abgenommen und klagt über Fieber und Schmerzen in der Brust." Mary Benardi wird weitere acht Monate im Kibong'oto Krankenhaus bleiben müssen. Sie sei aber zuversichtlich, sagt sie mit leiser Stimme, die durch die Atemschutzmaske kaum zu verstehen ist, dass sie danach zurückkehren und ein kleines Geschäft aufmachen könne, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen.

Auch John Andrea Mashimba in Temeke hofft, bald wieder Holzkohle verkaufen zu können. Zuvor aber muss er seiner Familie sagen, dass er HIV-positiv ist. Wo und wie er sich angesteckt hat, wisse er nicht.