Tansania wählt unter Mühen
28. Oktober 2020Die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in Tansania werden von Manipulationsvorwürfen überschattet. Neben Amtsinhaber John Magufuli (61) treten 14 weitere Präsidentschaftsbewerber an, darunter der Spitzenkandidat der größten Oppositionspartei Chadema, Tundu Lissu. Dieser sprach auf Twitter von weit verbreiteter Wahlfälschung und rief seine Anhänger dazu auf, sich auf demokratischem Weg dagegen zu wehren.
Lissu warf der Wahlkommission vor, die Regierungspartei Chama Cha Mapinduzi (CCM) zu begünstigen und erklärte, Wahlurnen seien mit vorher ausgefüllten Stimmzetteln bestückt worden. Dies sei vor allem in der Küstenmetropole Daressalam geschehen. Zudem werde den Mitarbeitern eines oppositionellen Umfrageinstituts der Zugang zu den Wahllokalen verwehrt.
Auf der teilautonomen Insel Sansibar kam es zu vereinzelten Gewalttaten. Dort hatte es bereits im Vorfeld der Abstimmung heftige Proteste gegeben, gegen welche die Polizei nach Angaben der Opposition mit Tränengas und scharfer Munition vorging. Zehn Menschen wurden den Angaben zufolge bei den Auseinandersetzungen getötet. Sowohl auf dem Festland als auch auf Sansibar wurden am Wahltag Online-Dienste wie Whatsapp und Twitter blockiert.
Insgesamt rund 29,1 Millionen Wähler hatten sich registrieren lassen. Vor den Stimmlokalen bildeten sich Medienberichten zufolge lange Schlangen. Mehrere Nichtregierungsorganisationen wurden indes nicht zur Wahlbeobachtung zugelassen.
Tansania galt lange Zeit als Zentrum der Stabilität in Ostafrika. Die Partei CCM und deren Vorgänger regieren in dem Land seit der Unabhängigkeit 1961. Seit Magufulis Amtsantritt im Jahr 2015 beklagen Beobachter aber ein immer gravierenderes Ausmaß an Unterdrückung. Menschenrechtsorganisationen werfen ihm einen zunehmend autoritären Regierungsstil vor.
Auf Magufuli geht etwa ein Verbot politischer Kundgebungen außerhalb von Wahlkampfzeiten zurück. Auch setzte er in seiner bisherigen Amtszeit strikte Mediengesetze durch. Amnesty International zufolge wurden in den vergangenen Monaten mehrere Medienhäuser geschlossen und Treffen der Opposition selbst im Wahlkampf verboten. Laut Human Rights Watch wurden allein seit Mitte Juni mindestens 17 Oppositionspolitiker und Regierungskritiker festgenommen.
sti/kle (afp, dpa, epd)