Tatort Sanssouci - ein Friedrich-Krimi
11. Februar 2012Potsdam Mitte des 18. Jahrhunderts: eine moderne Garnisonstadt und ehrwürdige Residenz. Ein Ort, an dem kleine Handwerker und einfache Schankwirte sich irgendwie durchschlagen, während fürstliche Kammerherren und Gesandte in Saus und Braus leben. Eine Stadt, die vom Militär geprägt ist, von Einquartierungen, Aufmärschen und Appellen, ständigen Kontrollen der Bürger, Ausgangssperren, Gewalt gegen unbotmäßige Soldaten, Spießrutenläufen. Vor den Toren das Schloss Sanssouci, Hort feingeistiger Kultur und gepflegter Konzerte. Doch über allem liegt eine Atmosphäre von Unterdrückung, falschen Bezichtigungen, Verdacht, Verfolgung, Verrat, ja sogar Spionage und Mord. Autor Oliver Buslau führt uns in "Schatten über Sanssouci" tief hinein in die Abgründe von Schloss und Stadt. Seinem historischen Kriminalroman merkt man das gründliche Quellenstudium an, gleichzeitig aber ist das Buch mit leichter Hand, zuweilen auch köstlich humorvoll und ironisch geschrieben. Was für eine unterhaltsame und spannende Annäherung an den großen Preußenkönig und seine Zeit!
Abenteuer um Musik und Politik
Im Zentrum der Erzählung steht der berühmte Flötist Johann Joachim Quantz, Flötenlehrer Friedrichs des Großen, Hofkomponist und Kammermusikus. Er hat es sich bequem gemacht im Schatten der Mächtigen, seine Kompositionen sind gefällig, aber nicht allzu modern, seine handgefertigten Flöten gefragt, das Gehalt ist gut. Doch plötzlich ändert sich alles radikal: Quantz gerät ins Zentrum einer mysteriösen politischen Intrige, sogar unter Mordverdacht. Ein Polizeirat ermittelt, der König wendet sich von ihm ab, seine Musikerkollegen spielen ohne ihn. Das schöne Leben: Aus den Fugen! Quantz ist zur Unperson geworden. Bis in Gestalt des französischen Freigeists und Exzentrikers La Mettrie Rettung naht. Der Musiker und der Philosoph tun sich zusammen, ermitteln auf eigene Faust – und gegen den vom Monarchen eingesetzten Kriminalrat. Nach allerlei Wirrungen und Abenteuern zeichnet sich schließlich eine große politische Intrige, gesteuert vom Erzfeind Österreich und dessen Kaiserin Maria Theresia ab. Das Komplott wird aufgedeckt. Aber bis es so weit ist, fließt viel Wasser die Havel hinunter und Quantz samt seinem französischen Freund muss allerlei Gefahren bestehen.
Kriminalfall vor historischer Kulisse
Hier kommen nicht nur die Fans von spannender Literatur auf ihre Kosten, sondern auch Menschen, die Musik mögen. Denn die spielt im Kriminalfall vor historischer Kulisse eine wichtige Rolle. Sie ist Auftragskunst im Dienste des preußischen Monarchen. Sie ist Anlass für Zwist und Hader bei Hofe. Der musikalische Traditionalist Quantz – als hätte er nicht mit der Kriminalgeschichte genug zu tun! - steht im Konflikt mit den Neutönern, die sich an den Kontrapunkt Johann Sebastian Bachs anlehnen und zu geheimen Soireen zusammen kommen. Musik ist aber auch – sehr spannend! – Mittel und Methode zur Verschlüsselung und Dechiffrierung geheimer Botschaften.
Oliver Buslau hat nicht nur einen raffinierten Krimi entwickelt, er zeichnet ein anschauliches Panorama historischer Figuren. Friedrich der Große ersteht vor unseren Augen als eine vielschichtige Persönlichkeit: autoritär, tyrannisch, kauzig, aber auch musikalisch, gerecht, tolerant und modern. Der greise Johann Sebastian Bach hat einen Auftritt. Eingebildete Höflinge, tumbe Grenadiere, die kultivierte und emanzipierte Königsschwester Anna Amalia, dubiose Diplomaten, sogar Friedrichs heißgeliebte Windhunde haben ihre Rolle! Lesevergnügen!
Autorin: Cornelia Rabitz
Redaktion: Gabriela Schaaf
Das Buch:
Oliver Buslau: Schatten über Sanssouci. Kriminalroman. Emons Verlag Köln 2011; 415 Seiten; € 11,90; ISBN 978-3-89705-854-5