Tausende Rechtspopulisten vereinigen sich in Chemnitz
1. September 2018Insgesamt gingen nach Angaben der Versammlungsbehörden mehr als 8000 Menschen auf die Straße. Rund 4500 nahmen an einem gemeinsamen Marsch der AfD und des ausländerfeindlichen Bündnisses Pegida teil, unter ihnen auch der thüringische AfD-Chef Björn Höcke. Diese Kundgebung wurde größer, weil sich ihr Teilnehmer einer Veranstaltung der rechtspopulistischen Bürgerbewegung Pro Chemnitz anschlossen. Viele Menschen riefen: "Wir sind das Volk."
Gleichzeitig kamen - ebenfalls nach offiziellen Angaben - rund 3500 Menschen auf einem Parkplatz bei der Johanniskirche zusammen, um für Frieden und gegen Ausländerfeindlichkeit zu demonstrieren. An dieser Kundgebung des Bündnisses Chemnitz Nazifrei nahmen auch SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil, Grünen-Bundeschefin Annalena Baerbock und der Fraktionschef der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, teil. Rund 70 Vereine, Organisationen und Parteien hatten zu Demonstrationen unter dem Motto "Herz statt Hetze" aufgerufen.
Inzwischen sind sind alle großen Demonstrationen offiziell zu Ende, so die sächsische Polizei. Viele Teilnehmer hätten die Heimreise angetreten. Der überwiegende Teil verhalte sich friedlich, es habe aber auch vereinzelte Scharmützel zwischen den beiden Lagern gegeben. "Wir haben die Lage aber voll im Griff", sagte ein Polizeisprecher.
"Hier ist der rationale Widerstand"
Die Route durch die Stadt verlief nicht weit vom Tatort, wo es vor knapp einer Woche zu der tödlichen Messerattacke auf einen 35-jährigen Deutschen gekommen war. "Hier ist der rationale Widerstand", war auf einem selbst gebastelten Schild eines Teilnehmers zu lesen - in Anspielung auf die Formulierung "nationaler Widerstand", einen Sammelbegriff für Rechtsextreme in Deutschland. "Hoch die internationale Solidarität", skandierten einige Gegner der Rechtspopulisten.
Zuvor hatten Chemnitzer Bürger, Unternehmer und Wissenschaftler einen Aufruf an ihre Mitbürger an das Karl-Marx-Monument geklebt. Auf dem Plakat am Sockel des Denkmals stand: "Chemnitz ist weder grau noch braun." Und auf der Internetseite der Initiative #wirsindmehr heißt es: "Womit wir nicht leben können, sind Hass, Gewalt, Intoleranz und vor allem Wegschauen." Das sei der Nährboden, auf dem Demokratiefeindlichkeit wachse. "Das macht Angst. Aber aus der entsteht der Mut, den es jetzt von uns Bürgern braucht."
Wachsende Polizeipräsenz
Nachdem die Polizei zunächst zurückhaltend im Stadtgebiet auf Streife war, stieg die Präsenz zum Nachmittag sichtbar an. Die Beamten sicherten den Ort der "Chemnitz-Nazifrei-Kundgebungen" mit Absperrungen. Später waren die Sicherheitskräfte mit einem Großaufgebot im Einsatz, um neuerliche Ausschreitungen zu verhindern. Ein Zug der Rechten wurde vorzeitig abgebrochen. Viele Beamte kamen aus anderen Bundesländern.
Nach der Messerattacke vom vergangenen Sonntag sitzen ein Iraker und ein Syrer in Untersuchunghaft. Die Tat war Anlass für Demonstrationen, aus denen heraus es zu ausländerfeindlichen Attacken kam. Teilnehmer streckten auch den Arm zum Hitlergruß.
jj/qu (dpa, rtr)