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Tausendundeine Nacht in Syrien

30. Oktober 2009

Rasend schnell hat sich Tobias eingelebt, Freunde gefunden und schon mehr als ein paar Brocken arabisch gelernt. Warum ihn das Orient-Fieber gepackt hat? Das will Reporterin Stefanie Markert genauer wissen.

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Tobias Lösche in einem Teehaus in Damaskus (Foto: DW)
Tobias Lösche in einem Teehaus in DamaskusBild: DW/Markert

Das Teehaus Noufara gleich hinter der Omajaden-Moschee in der Altstadt von Damaskus. Tobias hat einen Bekannten getroffen, der ihn zu einer Wasserpfeife einlädt. Ein Kellner legt ihm glühende Kohlestückchen auf Alufolie, die den Tabak abdeckt. „Er hat jetzt Löcher reingestochen. So kommt die Hitze an den Tabak“, sagt Tobias, der sich die Geschmacksrichtung Doppelapfel bestellt hat, nicht zu tief und schön ruhig inhaliert.

Märchenerzähler in der Altstadt von Damaskus (Foto: DW)
Märchenerzähler in der Altstadt von DamaskusBild: DW/Markert

Sein Bekannter Ahmad Al-Kilani, ein älterer Syrer, der in Hamburg lebt und sich als Unternehmer um Kontakte in Wirtschaft und Kultur zwischen beiden Ländern kümmert, beobachtet den jungen Deutschen, der nun auch das Mundstück richtig herum aufgesetzt hat. „Tobias ist schon ein richtiger Profi. Er ist in Damaskus seit ein paar Wochen und er hat die Stadt richtig kennengelernt. Ich freue mich für ihn.“

Der Unternehmer

Goldmosaike auf dem Schatzhaus der Omajaden-Moschee (Foto: DW)
Goldmosaike auf dem Schatzhaus der Omajaden-MoscheeBild: Stefanie Markert

Al Kilani schwatzt über sein jüngstes Projekt: Er will junge Künstler in Damaskus gewinnen und Mode machen. Über die Mode soll zwischen den Kulturen ein Dialog entstehen. Und die vielen Schleier in Damaskus? Muss seine Mode die Menschen verhüllen? „Nein, nein, nein. Im Gegenteil: Syrien öffnet Herz und Seele der ganzen Welt, das wird mehr werden. Ich baue auf die jungen Leute, die sind offen für alle Ideen.“ Al-Kilani zeigt auf Wasserpfeife rauchende junge Frauen, das habe es vor 10 Jahren auch noch nicht gegeben.

Der Märchenerzähler

Inzwischen kommt Bewegung ins Publikum. Ein Märchenerzähler nimmt auf einer Art Thron im Cafe Platz. Mit roter Kappe und Bauchbinde, ein Schwert vor sich liegend, erzählt er eine jahrhundertealte Geschichte über Kreuzritter, Könige und arabische Helden. Das einheimische und ausländische Publikum wird einbezogen und manch fremdsprachige Vokabel eingefügt, zum Beispiel ein deutsches „Ich liebe Dich“. Am Ende gibt es viel Beifall. Denn der 65-jährige ehemalige Händler, der sich nach einem Unfall aufs Märchenerzählen verlegt hat, ist weit über Damaskus bekannt. Tobias ist begeistert. „Das ist ja gelebte 1001 Nacht, echt super. Außer „Ich liebe dich“ habe ich zwar nichts verstanden. Trotzdem sollte man herkommen, es ist ein Event. Und wie er mit seinem Schwert auf den Tisch gehauen hat, da wird man wieder richtig wach! Hat mir gut gefallen.“

Das Restaurant

Antikes Qawanat in Syrien (Foto: DW)
Antikes Überreste in SyrienBild: Stefanie Markert

Wir verabschieden uns und ziehen weiter ins derzeit angesagteste Restaurant in der Altstadt. Im Naranj servieren Kellner in weißen Kaftanen erlesenste Speisen aus allen Teilen Syriens. Da klingelt das Telefon. Er parliert auf arabisch. Es ist Wael, Tobias bester Freund, seit kurzem sein Arabischlehrer. Er erkundigt sich, wie es Tobias geht. Wie fühlt sich der junge Deutsche nach rund 2 Monaten im Gastland? „Es gibt kein Ort wie zuhause, dachte ich. Mittlerweile fühle ich mich hier mehr zuhause als ich mir das gedacht habe.“

Im Altstadtrestaurant sind an diesem Abend mehrere Tische auffallend festlich gedeckt. Plötzlich fahren schwarze Limousinen vor, Sicherheitsleute sperren die ganze Strasse ab. Am Nebentisch munkelt man, der Tourismusminister komme. Als wir die üblicherweise fließend Englisch sprechenden Kellner fragen, wer denn genau an den Tischen sitzt, schauen sie sich hektisch um. Englisch haben sie ganz plötzlich verlernt. Tobias glaubt trotzdem, dass sich Syrien öffnet. „Was mir Leute erzählt haben, wie es früher unter dem Vater des jetzigen Präsidenten zuging, dann ist das doch viel offener jetzt. Die Leute können sich informieren, haben Handys. Das zeigt doch, dass sich der Staat liberalisiert, Stück für Stück, denke ich.“

Tobias hat noch bis Februar Zeit, diesen Prozess zu beobachten. Dann wird er zurückkehren von seinem Orientabenteuer.

Autorin: Stefanie Markert
Redaktion: Birgit Görtz