Terror-Bezeichnung für IRGC wenig wirksam
10. April 2019Die USA haben bereits Hunderte Personen und geschäftliche Einheiten mit Verbindungen zu den Revolutionsgarden auf schwarze Listen gesetzt. Trotzdem glaubt US-Präsident Donald Trump offenbar, die völkerrechtlich neuartige Sanktionierung eines ganzen ausländischen Armeeteils, eben der iranischen Islamischen Revolutionsgarden (IRGC), sei geeignet, um den "maximalen Druck auf den Iran aufrechtzuerhalten". Dass dies seine erklärtes Ziel ist, bekräftigte er noch am Mittwoch (10.04.), also wenige Tage nach der Ankündigung, in einem Telefonat mit dem saudischen Kronprinzen Salman.
US-Außenminister Mike Pompeo sagte bei der Bekanntgabe der Maßnahme, dadurch sollten die Finanzquellen der Revolutionsgarden ausgetrocknet werden. Banken und Unternehmen weltweit wüssten nun, dass sie sicherstellen müssen, in keiner Weise mit den IRGC verbunden zu sein.
Kaum Auswirkungen auf EU-Geschäft
Auch die EU haben die USA mit der Maßnahme im Blick. Gegenüber der DW sagte der US-Sonderbeauftragte für den Iran, Brian Hook: "Wenn europäische Firmen Geschäfte mit dem Iran machen, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie mit einem Unternehmen der Revolutionsgarde Geschäfte machen." Und dies gelte es zu verhindern, weil es sich dabei letztlich um Terrorfinanzierung handele.
Allerdings ist die Geschäftstätigkeit zwischen der EU und dem Iran nach dem Rückzug der USA aus dem Atomabkommen stark zurückgegangen. Geplante Investitionen wurden auf Eis gelegt, aus Furcht, andernfalls vom amerikanischen Markt ausgeschlossen zu werden.
"Aus meiner Sicht handelt es sich bei der Terror-Bezeichnung um ein politisches Signal und nicht um eine rechtliche Verschärfung der Lage", sagt Anahita Thoms, die unter anderem Unternehmen mit Interesse am Iran-Geschäft berät. "Geschäftliche Beziehungen zu IRGC, ob direkt oder indirekt, waren schon vor Trumps Entscheidung schwierig, weil die Revolutionsgarden bereits auf einer schwarzen Liste der USA standen."
Gedämpfe Hoffnungen auf Umgehung von US-Sanktionen
Diverse deutsche Unternehmen sowie deutsche Tochtergesellschaften von internationalen Unternehmen hätten sich schon lange aus dem Iran-Geschäft zurückgezogen, andere erst nach der einseitigen Aufkündigung des Iran-Abkommens durch Trump im vergangenen Jahr. "Dessen neuerliche Ankündigung gegen die IRGC wird daran weder etwas im Positiven noch Negativen ändern."
Allenfalls habe die jüngste Maßnahme Washingtons eine noch weiter dämpfende Wirkung auf Unternehmen, die potentiell am Iran-Geschäft interessiert sind, aber auch großes Interesse am US-Markt haben. Die Wirksamkeit der Drohgebärden aus den USA zeigt sich auch an der Entwicklung um die Handelsplattform "Special Purpose Vehicle", die von der EU-Außenbeauftragten Mogherini ursprünglich als Mittel präsentiert wurde, um trotz US-Sanktionen den Handel Iran-EU aufrechtzuerhalten.
Gerade große Unternehmen seien aber skeptisch und warteten ab, sagt Thoms, denn die Handelsplattform könne vielleicht die Probleme bei der Zahlungsabwicklung lösen, aber es könne nicht das Problem unerwünschter Publicity lösen, wenn nämlich groß in der Presse steht, dass man gerade jetzt im Iran investiert. Auch könne dieses EU-Instrument Unternehmen keineswegs vor US-Sanktionen schützen. Es könne eben nur, so wie es aussieht, Zahlungen von Geschäften abwickeln, die aus Sicht der USA in Ordnung sind, und deren Zahl wird eher weniger.
Gewinner und Verlierer im Iran-Geschäft
Auch wenn sich rein juristisch durch Trumps Maßnahme nicht viel ändern mag, hat er die Drohkulisse gegen Iran-Geschäfte noch einmal verstärkt. Für Irans Volkswirtschaft und Bevölkerung einerseits und für die Revolutionsgarden andererseits ergeben sich laut dem Iran-Experten Mehrdad Emadi unterschiedliche Konsequenzen. "Trumps Entscheidung wird die zersetzende wirtschaftlichen Aktivitäten der IRGC nur anfeuern und ihren nationalen wie internationalen Einfluss verstärken", sagt Emadi gegenüber der DW. Die Revolutionsgarden und ihr Geschäftsimperium hätten aus den Sanktionen stets Profit zu schlagen gewusst, durch ihre Kontrolle von Schmuggel und schwarzem Markt. "Das Geschäftsimperium der Garden beruht auf der Ausbeutung der Verwerfungen einer Volkswirtschaft unter internationalen Sanktionen", fasst die "Financial Times" zusammen.
Weiter Wirtschaftsmisere im Iran
Umgekehrt würden Länder wie China, Indien, die Türkei und die VAE weiterhin Geschäfte mit Unternehmen bzw. Scheinfirmen der IRGC machen, aber wegen des gestiegenen Risikos zu verbesserten Konditionen. "Ausländische Firmen werden für Exporte in den Iran höhere Preise verlangen und für Energieimporte aus dem Iran höhere Abschläge", vermutet Emadi. Der Experte erinnert daran, dass die Periode der massivsten internationalen Sanktionen gegen den Iran zwischen 2007 und 2011 auch die Periode des größten Wirtschaftsaufschwungs in der Türkei und in den VAE war. Emadi vermutet, dass der Iran verstärkt über Firmen aus der Türkei und den VAE europäische Produkte einführen werde, mit einem Aufschlag von bis zu 35 Prozent. Die Folge sind Preissteigerungen und weitere Verschärfung der Wirtschaftslage für die breite Masse der Bevölkerung.
Irak als Leidtragender
Ein Nachbarland des Iran wird laut Emadi am meisten unter der Maßnahme leiden: der Irak. Der Iran sei der zweitgrößte Investor in den nördlichen wie südlichen Provinzen des Landes geworden. Ohne direkte Beteiligung der IRGC und ohne deren Schutz vor lokalen militanten Gruppen und dem IS hätten wichtige Projekte für den Wiederaufbau des Iraks nicht in Angriff genommen werden können. "Durch die offizielle Bezeichnung der Revolutionsgarden als Terrororganisation haben die USA zusätzlich Unsicherheit in die wirtschaftliche Lage des Irak gebracht, Investitionen erschwert und innere regionale Spannungen angeheizt", so das Fazit des Experten Emadi. Der irakische Ministerpräsident Adel Abdul-Mahdi, ein Schiit, sagte, er habe versucht, Trump von seinem Entschluss abzuhalten, da dieser negative Konsequenzen für den Irak und die Region haben könnte.
Jason Blazakis, ein mit der Materie "ausländische Terrororganisation" vertrauter ehemaliger Mitarbeiter im US-Außenministeriums, sieht in der Maßnahme Trumps eine potentielle Gefahr für US-Truppen im Irak. Gegenüber Reuters sagte Blazakis, es bestehe die Gefahr, dass Kassem Soleimani, der Kommandeur der Al-Kuds-Brigaden, also der IRGC-Einheiten im Auslandseinsatz, die schiitischen Milizen im Irak zu Angriffen auf US-Ziele auffordert.