Braunschweiger sagen Umzug ab
15. Februar 2015Schock für die Narren im niedersächsischen Braunschweig: Die Besucher des sogenannten "Schoduvel" müssen in diesem Jahr zu Hause bleiben. Knapp zwei Stunden vor dem geplanten Beginn am Sonntagmittag sagte die Polizei den Karnevalsumzug ab, weil ihr nach eigenen Angaben Anhaltspunkte für eine "konkrete Gefährdung durch einen Anschlag mit islamistischem Hintergrund" vorlagen. Der Rathausmarkt in Braunschweigs Innenstadt wurde geräumt (Bild).
Polizeipräsident Michael Pientka sagte auf einer Pressekonferenz, die Staatsanwaltschaft Braunschweig habe ein Verfahren wegen des Verdachts auf Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat eingeleitet. Die Ermittlungen liefen auf Hochtouren. Festnahmen habe es zunächst keine gegeben. Auch seien kein Sprengstoff oder andere Waffen gefunden worden.
Pietka: Informant nicht tatverdächtig
Der Hinweis auf die konkrete Anschlagsgefahr habe die Braunschweiger Polizei am späten Samstagabend vom Staatsschutz erhalten, so Pientka. Die Informationen stammten von einem Hinweisgeber, der "mit Bezug auf Ort und Zeit" sehr konkret geworden sei. In der Nacht sei es dann den Sicherheitsbehörden "ein Stück weit gelungen", die Hinweise zu konkretisieren.
In Absprache mit dem Oberbürgermeister Ulrich Markurth und Zugmarschall Gerhard Baller sei dann entschieden worden, den Zug abzusagen. Pientka sagte auch, dass es in Braunschweig eine polizeibekannte Islamistenszene gebe: "Wir sind durchaus ein Brennpunkt".
Fassungslosigkeit und Verständnis für Entscheidung
Markurth sagte, es sei "ein trauriger Tag für unsere demokratische Gesellschaft". "Die Einschätzung der Polizei ließ eine andere Entscheidung allerdings nicht zu", so Markurth weiter.
Auch andere Politiker äußerten Verständnis für die Entscheidung. So twitterte etwa Niedersachsens Ministerpräsident Stefan Weil:"
Größter Karnevalsumzug Norddeutschlands
Das Spektakel am Karnevalssonntag in Braunschweig gilt als der größte Karnevalsumzug Norddeutschlands. In diesem Jahr sollten 4500 Teilnehmer aktiv dabei sein. Insgesamt wurden fast 300.000 Besucher erwartet. Rund 100 Motivwagen waren geplant.
Unmittelbar vor der Absage hatte das Bundesinnenministerium mitgeteilt, man sehe nach den Anschlägen von Kopenhagen derzeit keine erhöhte Terrorgefahr in Deutschland. Es gebe nach wie vor eine abstrakt hohe Gefährdung, sagte eine Sprecherin des Ministeriums der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
"Wir haben aber keine konkreten Hinweise auf Anschlagsplanungen in Deutschland", betonte sie. "Die Lage ist unverändert." Die deutschen Sicherheitsbehörden stünden im engen Austausch mit den dänischen Kollegen. Da die Ermittlungen in Dänemark noch liefen, sei es aber noch zu früh, um genauere Rückschlüsse für Deutschland zu ziehen.
Rosenmontagszüge starten
Die große Rosenmontagsumzüge in den Karnevalshochburgen am Rhein, Köln, Düsseldorf und Mainz, sollen wie geplant stattfinden. "Wir haben keine Hinweise auf Bedrohungen", sagte ein Sprecher des Innenministeriums von Nordrhein-Westfalen. Die Polizei sei aber sensibilisiert. Auch in Mainz hieß es aus dem rheinland-pfälzischen Innenministerium, es gebe keine konkreten Hinweise auf eine Terrorgefahr. "Aber wir sind sehr wachsam.". In Köln hatte das Festkomitee schon vor Tagen einen Karnevalswagen zurückgezogen, der nach dem Anschlag auf das Satiremagazin "Charlie Hebdo" in Paris geplant worden war.
chr /pg/SC (dpa, afp, rtr)