1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Tote bei Feuergefechten in Beirut

14. Oktober 2021

Im Libanon ist der Konflikt über die juristische Aufarbeitung der verheerenden Hafen-Explosion in Beirut in tödliche Straßengewalt umgeschlagen. Mindestens sechs Menschen wurden getötet, 30 weitere verletzt.

https://p.dw.com/p/41fpO
Libanon Beirut | Unruhen und Proteste
Auch Soldaten waren im Einsatz: Die Armee erklärte, auf jegliche Schützen das Feuer zu eröffnenBild: Hussein Malla/AP Photo/picture alliance

Die Gewalt begann laut einem Augenzeugen, als Unbekannte aus einem Gebäude in Nähe des Justizpalastes Schüsse abgaben. Dort war ein Protest gegen Ermittlungsrichter Tarek Bitar geplant, der die Untersuchung zur gewaltigen Explosion im Hafen von Beirut im August 2020 leitet. Dabei waren mehr als 190 Menschen getötet und rund 6000 verletzt worden. Wer genau für die plötzliche Gewalt an diesem Donnerstag verantwortlich war, blieb zunächst unklar.

Libanon Beirut | Ausschreitungen | Mutter mit Kindern
Eine Frau sucht mit zwei Kindern Schutz hinter einem AutoBild: Hussein Malla/AP Photo/picture alliance

Die Stimmung war in Beirut sehr angespannt. Auf einem Video waren Scharen von Menschen zu sehen, die bei Schüssen über eine Kreuzung rennen und Schutz suchen. Sicherheitskräfte waren in großer Zahl im Einsatz und sperrten Straßen ab. Anwohner wurden aufgefordert, in ihren Häusern zu bleiben. Eltern flüchteten mit ihren Kleinkindern auf dem Arm oder holten ihre Kinder in Panik von der Schule ab. Das Militär entsandte Panzer und die Armee warnte, man werde auf jeden schießen, der das Feuer eröffne.

Ermittlungsrichter sollte abgesetzt werden

Die schiitische Amal-Bewegung, die enge Kontakte zur Iran-treuen Hisbollah pflegt, hatte zum Protest vor dem Justizpalast aufgerufen. Sie fordert, dass Ermittlungsrichter Bitar der Fall entzogen wird. Am Donnerstag wies ein Kassationsgericht einen Antrag zweier schiitischer Ex-Minister zurück, Bitar abzusetzen - kurz darauf brach die Gewalt auf der Straße aus. Die beiden Ex-Minister Ali Hassan Khalil und Ghasi Saitar haben Verbindungen zu Hisbollah und Amal.

Libanon Beirut | Unruhen und Proteste
Anhänger der Amal-Bewegung demonstrieren vor dem Justizpalast in BeirutBild: JOSEPH EID/AFP

Schon vor einigen Wochen hatten Ex-Minister gegen Bitar geklagt und ihm bei der Untersuchung mangelnde Neutralität vorgeworfen. Seinem Vorgänger war der Fall vor einem halben Jahr nach Beschwerden von beschuldigten Ex-Ministern entzogen worden. Bitar kann seine Arbeit zumindest nach dem neuen Gerichtsbeschluss vom Donnerstag vorerst fortsetzen. Bitar hatte gegen Khalil einen Haftbefehl erlassen, nachdem dieser zu einer Befragung nicht erschienen war.

Erinnerungen an den Bürgerkrieg

Einige fühlten sich an die Straßengefechte des Bürgerkriegs erinnert. Damals, von 1975 bis 1990, führten unter anderem christliche und muslimische Milizen im Libanon gegeneinander einen Bürgerkrieg. Die Feuergefechte spielten sich auch in der Nähe einer früheren Demarkationslinie zwischen schiitischen und christlichen Vierteln ab.

Ministerpräsident Najib Mikati rief nach den Ausschreitungen am Donnerstag zur Ruhe auf und kündigte für Freitag eine Trauerfeier an. Präsident Michel Aoun erklärte, die Täter würden zur Rechenschaft gezogen. Die Armee nahm neun Verdächtige fest. Kuwait rief seine Bürger auf, den Libanon zu verlassen. Die USA und Frankreich forderten, es müsse der Justiz ermöglicht werden, ein unabhängiges Ermittlungsverfahren zu führen.

nob/uh (dpa, rtr)