Toter Bauer im Schaufenster
28. Januar 2002Ein toter Bauer liegt schon seit Tagen in seiner Wohnküche in Daun in der Eifel. Klar ist, er wurde mit einem Holzscheit erschlagen - Mord!
In einem Schaufenster ist der Tatort nachgestellt, an dem täglich hunderte Schaulustiger vorbeispazieren. "Das ist widerlich", sagt eine Frau, die mit ihrem elfjährigen Sohn unterwegs ist. "Tolle Werbung für unser erstes Krimiforum", meint ein anderer Passant.
Bei dem in Deutschland ersten Treffen von Autoren, Verlegern, Filmproduzenten und Lesern sollen alle Seiten des Krimis beleuchtet werden - von Kommerz über Unterhaltung bis zur Wissenschaft. Krimiserien gehören nach aktuellen Umfragen zu den beliebtesten Sendungen im Fernsehen. Zu dem Treffen in Daun werden daher auch Schauspieler wie die "Tatort"-Kommissarion Ulrike Folkerts und die Kommissarin Bella Block alias Hannelore Hoger erwartet.
Schauplatz voller Intrigen und Verbrechen
Der Initiator von "Tatort Eifel", der Krimi-Autor Jacques Berndorf, schwört auf die idyllische Eifel als Schauplatz von Intrigen und Verbrechen. Die Titel seiner Publikationen sind ein wahrer Hymnus an den Landstrich, den er zu seiner Wahlheimat gemacht hat: Eifel-Blues, Eifel-Gold, Eifel-Filz.
Regionalkrimis sind seit Jahren begehrt - da ist sich Berndorf ganz sicher. Zwischen den malerischen Maaren und dichten Wäldern tummeln sich in seinen Büchern Drogendealer, Mafiosi, Neonazis und Mörder. Das Interesse des Lesers an solchen Stoffen ist für ihn erklärbar, "weil die meisten Menschen auf dem Land leben". Die Provinz sei überschaubar. "Verbrechen sind da weniger anonym als in der Großstadt", meint der ehemalige Polizei-Reporter.
Mehr Spannung, weniger Gewalt
Bei richtiger Vermarktung, so ist Berndorf überzeugt, lassen sich die Themen aus der Region besser verbreiten als typische Hollywood-Stoffe. "Wir schimpfen alle über das Fernsehprogramm mit ständigen Wiederholungen und platten Storys", sagt der Autor. Deshalb werde es beim "Tatort Eifel" auch ein medienkritisches Forum zu Qualität und Quote geben. Nach den Terroranschlägen in den USA vom 11. September, weswegen der ursprüngliche Termin für das Forum abgesagt worden war, diskutieren Experten auch den Umgang mit Gewalt in den Medien.
Erster Kurzkrimi-Preis in Deutschland
Sogar einen deutschen Kurzkrimi-Preis haben die Eifeler Krimi-Lobbyisten ins Leben gerufen. Die mit 2556 Euro dotierte Auszeichnung wird in einer Abendgala von Ulrike Folkerts an die drei Sieger verliehen. 180 Nachwuchs-Autoren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz haben Krimis mit dem Schwerpunkt Provinz in die Vulkaneifel geschickt. Für eine Krimistoff-Börse notierten zudem 30 Schriftsteller Ideen, aus denen einmal ein Film werden
könnte. "Es ist schwer für neue Autoren, einen Fuß in die Tür von Redakteurs- oder Produzentenbüros zu kriegen. Viele gute Ideen gehen verloren - oder werden oft auch geklaut", sagt die Medienberaterin Bettina Buchler.
"Tatort Eifel" will aber kein Fachkursus sein. Eifel-Liebhaber
Berndorf, der mit richtigem Namen Michael Preute heißt, sieht das Forum auch als ein Bonbon für Krimifreunde: die unmittelbare Nähe zu Autoren wie Ingrid Noll, Thea Dorn und Horst Eckert bei Lesungen, außerdem Kabarett- und Musikabende im Kreise Gleichgesinnter.
Die "'Bullen' - zärtlich gemeint - zeigen uns Autoren und den Krimifreunden mal, wie die Praxis wirklich aussieht", sagt Berndorf. Mitarbeiter des Landeskriminalamts zeichnen
Phantombilder, und die Polizei bietet ein Euro-Training als Warnung vor "Blüten" an. dpa/(cg)