Trabi-Kult: Warum das DDR-Auto unsterblich ist
Vor 30 Jahren lief der letzte Trabant vom Band. Einst als zu klein, laut und stinkend verpönt, ist der "Sachsenporsche" heute ein Oldtimer-Liebhaberstück.
Von "Rennpappe" zu Oldtimer
Kaum ein anderes Auto wurde so oft verspottet. Nach dem Mauerfall trennten sich die meisten Ostdeutschen schmerzfrei von ihrer "Rennpappe". Doch das kleine Auto hat bis heute eine treue Fangemeinde, mehr noch: In den vergangenen zehn Jahren wurden gar 3000 wieder aufgemöbelte Trabis neu zugelassen. 30 Jahre nach Produktionsende tragen sie in Deutschland nun offiziell auch den Status Oldtimer.
Not macht erfinderisch
Hergestellt wurden die Trabis in der sächsischen Kleinstadt Zwickau. Mehr als drei Millionen Mal wurde der "Duroplastbomber" mit seinem unverwechselbaren Zweitaktsound angefertigt. Die berühmte Karosserie aus Kunststoff war aus der Not geboren: Blech war in der DDR Mangelware. Am 7. November 1957 rollte der erste Trabi vom Band, am 30. April 1991 der letzte - übrigens in pink.
Röhrender Motor mit wenig PS
Der im DDR-Volksmund wegen seiner Leichtbauweise auch "Rennpappe" genannte Kleinwagen hatte zwischen 18 und 26 PS und konnte bis zu 110 Kilometer pro Stunde schaffen - auch wenn dann Gespräche an Bord wegen der immensen Fahrgeräusche schwierig waren. Trotz der Fließbandproduktion im VEB Sachsenring Automobilwerk waren neue Trabis Mangelware.
Nur für Geduldige
"Ein himmelblauer Trabant rollte durchs Land", trällerte Sonja Schmidt 1971 in einem Schlager. Bis allerdings ein DDR-Bürger ohne Kontakte und Privilegien das Auto sein Eigen nennen konnte, war viel Geduld gefragt. Im Schnitt betrug die Wartezeit für den Trabanten zwölf Jahre, in Einzelfällen manchmal auch deutlich länger.
Prototypen ohne Zukunft
Die Ingenieure in Zwickau hätten den Trabant gerne auch weiterentwickelt. Prototypen mit durchaus zeitgemäßem Antlitz wurden geschaffen, durften aber auf Beschluss der SED-Führung nie gebaut werden.
"Auf der Reeperbahn nachts um halb eins..."
Gleich nach dem Mauerfall am 9. November 1989 fuhren Trabis dann plötzlich auch in großer Zahl über westdeutsche Straßen. Ein Ziel: "Die sündigste Meile der Welt". Ostdeutsche rollten mit ihren Trabis über die Reeperbahn in Hamburgs Amüsierviertel St. Pauli - Stripteasebars, Sexkinos und Spielhallen gab es im Osten nicht.
Deutsch-deutsches Symbol
Der Trabi stand auch für DDR-Mief, den viele Ostdeutsche nach der Wende möglichst schnell loswerden wollten. Gleichzeitig gilt der Wagen ebenfalls als Symbol für den Mauerfall und die schönen Momente der Wiedervereinigung. "Trabitrommeln", das Klopfen aufs Duroplastdach, war bei Westdeutschen eine liebevolle Begrüßungszeremonie, als die ersten DDR-Autos über die offenen Grenzen fuhren.
Zeitreise
Mittlerweile ist der Kleinwagen vor allem ein Liebhaberstück. Zahlreiche Fan-Clubs und Vereine kümmern sich um das Kulturgut und treffen sich regelmäßig. Berlin-Touristen können das kleine Auto auch nahe dem einstigen Grenzübergang "Checkpoint Charlie" mieten - und sich für einen Moment wie ein DDR-Bürger nach dem Mauerfall fühlen.
Doppeldecker
Zugegeben: Viel Gepäck passt nicht in den kleinen Trabi. Trotzdem leistet er seit sechs Jahrzehnten gute Dienste als Urlaubsgefährt. Beim internationalen Trabantfahrer-Treffen in Zwickau 2017 zeigten Trabi-Fans, wie das möglich ist.
Nestwärme
Einen Trabi zu verschrotten, wäre viel zu schade. Dieser hier schwebt sogar über dem Boden. In Neuruppin wurde er zum Nestplatz für Storche umfunktioniert und ist wohl das bekannteste und fotogenste Nest in Brandenburg.
Werbe-Ikone
Andere Trabis dienen nun als Werbeschilder. Auf der Insel Usedom weist dieser Besuchern den Weg zum Technik-Zweiradmuseum in Dargen, in dem auch Autos aus den vergangenen 50 Jahren ausgestellt werden.
Hollywood-Sternchen
Der Trabi hat nicht nur deutsche Fans. So hat sich US-Schauspieler Tom Hanks 2014 mit dem Kauf eines himmelblauen Trabants "P 601 de luxe" einen Traum erfüllt. Auf Hollywoods Straßen ist er aber nicht zu sehen. Hanks hat den Trabanten an das Automobilmuseum in Los Angeles verschenkt.
Auf Weltreise
Auch der tschechische Abenteurer Dan Priban ist Trabi-Fan - und durchquerte mit seinen Trabis bereits die Anden, Afrika und Australien. Zu DDR-Zeiten kam der Trabi oftmals nicht weiter als bis zum Balaton.
Erhoffter Neustart: Trabi 2.0
2009 wurde eine Neuauflage des Trabanten auf der Internationalen Automobilausstellung vorgestellt - im Jahr darauf bekamen die Designer sogar einen Preis. Der "Trabi nT" hat einen Elektromotor und kann mit einem Spitzentempo von 130 Kilometern pro Stunde über die Straßen sausen. "nT" steht für "new Trabi". Doch ein Investor für die Serienproduktion wurde bis heute nicht gefunden.
Wertsteigerung
Immer wieder wurde dem einstigen DDR-Volkswagen das Aussterben prognostiziert. Doch der kleine Wagen ist nicht tot zu kriegen. Im Gegenteil: 30 Jahre nachdem der letzte Trabi vom Band gerollt ist, steigen sowohl die Zulassungszahlen also auch der Wert. Ein Trabi im Top-Zustand kann heutzutage rund 10.000 Euro kosten.