Tragödie am Kabuler Airport
22. August 2021"Unsere Gedanken sind bei den Familien von sieben afghanischen Zivilisten, die tragischerweise in der Menge in Kabul gestorben sind", erklärte das britische Verteidigungsministerium. London bemühe sich, die Lage "so sicher wie möglich zu gestalten".
Zuvor hatte bereits ein Korrespondent des Senders Sky News von chaotischen Szenen vor den Toren des Flughafens der afghanischen Hauptstadt berichtet, bei denen Menschen "gequetscht" worden seien. Viele seien dehydriert und verzweifelt gewesen. Laut seinem Bericht konnten Sanitäter bei mehreren Menschen keine Lebenszeichen mehr feststellen, woraufhin diese in weiße Tücher gehüllt wurden.
"Gefährlich & volatil"
Die US-Botschaft in Kabul warnte auf ihrer Internetseite: "Aufgrund potenzieller Sicherheitsbedrohungen (...) raten wir US-Bürgern, derzeit nicht zum Airport zu reisen und die Tore des Flughafens zu meiden." Auch das Auswärtige Amt in Berlin beschrieb die Situation am Flughafen als "gefährlich & volatil".
Die Warnungen scheinen anzukommen. Der Kommandeur des deutschen Evakuierungseinsatzes, Brigadegeneral Jens Arlt, nannte die Situation am Sonntag "relativ entspannt". Grund dafür sei, dass sich bei der Zuflucht suchenden Bevölkerung herumgesprochen habe, dass einige Tore zum Flughafen
aus Sicherheitsgründen vorerst geschlossen blieben. Dies sei aber nur eine Momentaufnahme, sagte er.
Ein Augenzeuge schilderte die Situation am Flughafen allerdings folgendermaßen: Je länger der Tag dauere, desto mehr Ausreisewillige kämen hinzu. Am Eingang würden aktuell regelmäßig Personen von Briten aufgerufen und in den Flughafen eskortiert. Die Menschen in der gedrängten Menge, die alle auf einen Evakuierungsflug ins Ausland hofften, seien aggressiv. "Wir wollen aber keine Chance verpassen, hineinzukommen", sagte der Augenzeuge, der nach eigenen Angaben selbst auf einer Liste für einen Flug steht.
Die radikal-islamischen Taliban machten die US-Streitkräfte für die chaotischen Szenen am Kabuler Flughafen verantwortlich. "Amerika, mit all seiner Macht und seinen Möglichkeiten", habe es nicht geschafft, "Ordnung auf dem Flughafen zu schaffen", sagte der hochrangige Taliban-Vertreter Amir Chan Mutaki. "Im ganzen Land herrscht Frieden und Ruhe, nur am Flughafen von Kabul herrscht Chaos", fügte er hinzu.
Evakuierungen auch im September?
Großbritannien setzt sich inzwischen dafür ein, die Rettungsmission aus Afghanistan über den 31. August hinaus zu verlängern. "Vielleicht dürfen die Amerikaner länger bleiben, dann werden sie unsere volle Unterstützung haben", schrieb Verteidigungsminister Ben Wallace in einem Gastbeitrag für die "Mail on Sunday".
US-Präsident Joe Biden hatte bisher das Ziel ausgegeben, die Evakuierungsaktion bis Ende des Monats abzuschließen. Auf eine Verlängerung wollte er sich nicht festlegen lassen.
wa/nob (afp, dpa, rtr)