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Gas für Europa

Jannis Papadimitriou4. Oktober 2014

Ab 2020 bekommt Europa Erdgas aus dem Kaspischen Meer über die Trans-Adria-Pipeline (TAP). Nach anfänglichen Schwierigkeiten nimmt das Vorhaben Konturen an. Zentraler Punkt: Moskau bleibt beim Projekt außen vor.

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Bauarbeiten zur South-Stream-Pipeline in Bulgarien (Foto: Getty)
Wird die Trans-Adria-Pipeline zur ernsthaften Konkurrenz für die russische South-Stream-Pipeline? (Foto)Bild: ANDREJ ISAKOVIC/AFP/Getty Images

Unter Umgehung Russlands soll die TAP Gas aus dem Kaspischen Meer über Nordgriechenland und Albanien nach Süditalien liefern und dort am bestehenden europäischen Versorgungsnetz andocken. Die Finanzierung des südeuropäischen Gaskorridors schien auf wackeligen Füßen zu stehen, nachdem der deutsche Stromriese Eon und der französische Total-Konzern im vergangenen Februar den Wunsch signalisierten, aus dem TAP-Projekt auszusteigen - was sie Ende September auch taten. Doch inzwischen steht ein neuer Investor bereit: Enagás, einer der größten Gaslieferanten Spaniens, übernimmt die meisten Anteile von Eon. Wichtigste Anteilseigner am TAP-Projekt sind weiterhin der britische Energieriese BP, die norwegische Statoil sowie der aserbaidschanische Staatskonzern Socar mit jeweils 20 Prozent.

"Wir bedauern selbstverständlich, dass Eon und Total ausgestiegen sind, aber jedes Unternehmen muss halt schauen, ob dieses Investment ins eigene Portfolio passt", erklärt der kaufmännische Geschäftsführer der TAP, Lutz Landwehr, im Gespräch mit der DW. Der spanische Gasversorger Enagás sei jedenfalls stark und bringe auch konkrete, spezifische Erfahrungen mit. Insofern würde das TAP-Projekt aus dem Shareholderwechsel gestärkt herausgehen, meint der Geschäftsführer aus Deutschland.

Vorinvestitionen, etwa für Zugangsstraßen, liefen schon 2015 an, sagte Landwehr am Mittwoch (1.10.) auf der Energiekonferenz "Balkans and the Adriatic Oil & Gas Summit" in Athen. Erste Lieferungen aus dem aserbaidschanischen Gasfeld Shah Deniz, das über eine Billion Kubikmeter Gas umfassen soll, würden voraussichtlich erst Anfang 2020 erwartet. Die Trans-Adria-Pipeline soll bis zu 20 Prozent des europäischen Gasbedarfs sichern.

Infografik "Südlicher Gaskorridor der EU"

Eine Schlüsselrolle für Griechenland

Von den 880 Kilometern der geplanten Gasröhre entfallen 540 auf Griechenland, womit dem krisengeplagten Land eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung des Projekts zukommt. Bereits 2013 haben Griechenland, Albanien und Italien in Athen ein Abkommen über den Bau der TAP unterzeichnet und somit ein klares Bekenntnis der politischen Unterstützung für das milliardenschwere Projekt zum Ausdruck gebracht.

Verzögerungen gibt es dennoch: Der genaue Verlauf der Pipeline durch Nordgriechenland steht noch nicht fest, da mehrere Städte, Gemeinden und Bürgerinitiativen gegen vorhandene Baupläne protestieren und Änderungen am Trassenverlauf verlangen. Nach Angaben der Athener Zeitung TA NEA gibt es bisher mehr als 140 Änderungswünsche. Das TAP-Konsortium verspricht, Einwände sorgfältig zu prüfen und zudem ein "soziales Investitionsprogramm" in Absprache mit den Kommunen vor Ort umzusetzen, um etwas mehr Akzeptanz für das Infrastrukturprojekt herzustellen.

Auch das Genehmigungsverfahren verläuft nicht immer reibungslos. Viel Zeit benötigt vor allem die Bearbeitung behördlicher Umweltschutzauflagen. Doch nun habe das Warten ein Ende, erklärt der griechische Energieminister Jannis Maniatis. "Mit Freude kann ich Ihnen heute mitteilen, dass ich vor ungefähr 20 Tagen die Umweltauflagen des TAP-Projekts genehmigt habe; aus meiner Sicht liegen wir somit gut in der Zeit", sagt Maniatis im Interview mit der DW.

Gas-Pipeline in Griechenland (Foto: AFP)
Entscheidende Bedeutung: Vor allem für Griechenland ist das TAP-Projekt wichtigBild: Sakis Mitrolidis/AFP/Getty Images

Für Irritationen sorgt neuerdings die Ankündigung der griechischen Linksopposition (Syriza), im Fall eines Wahlsiegs würde sie Teile des TAP-Abkommens neu verhandeln. Im Parlament hat sich Maniatis bereits kleine Wortgefechte mit protestierenden Linksabgeordneten geliefert und auch im Gespräch mit der DW zeigt der sozialistische Politiker wenig Verständnis für die Oppositionskritik. Es sei undenkbar, ein Projekt von europaweiter Bedeutung neu verhandeln zu wollen, warnt Maniatis. Außerdem seien alle einschlägigen Wettbewerbs- und Transparenzvorschriften eingehalten worden und daher bestehe wenig Anlass, Vertragsänderungen vorzunehmen.

Zugang zu den europäischen Energienetzen

Die TAP-Pipeline scheint nicht nur deshalb attraktiv, weil sie kosteneffizienten Zugang zu den Gasvorräten im Kaspischen Raum bietet. Bei den beteiligten Ländern geht es nicht zuletzt auch darum, sich auf dem europäischen Energiemarkt neu zu positionieren. Beispiel Albanien: Bisher hatte das Land an der Adria kaum Gelegenheit, sich an den europäischen Energienetzen zu beteiligen. Das solle sich nun ändern, meint der albanische Vizeminister für Energie und Industrie, Dorian Ducka, im Gespräch mit der DW. "Durch das TAP-Projekt wird Albanien Teil des südeuropäischen Gaskorridors und somit auch der Energienetze in der Region", erläutert er. Auch in kaufmännischer Hinsicht habe die TAP Sinn. Davon verspreche sich Albanien ausländische Direktinvestitionen in Höhe von circa einer Milliarde Euro, sowie neue Arbeitsplätze und höhere Steueraufkommen.

Dr. Lutz Landwehr
TAP-Geschäftsführer Landwehr: "Die Pipeline könnte 20 Prozent des europäischen Gasbedarfs sichern"Bild: DW/J. Papadimitriou

Wichtiger noch: In Tirana sieht die langfristige Planung vor, dass die TAP-Pipeline in Albanien auf die geplante IAP-Pipeline (Ionian-Adriatic-Pipeline) trifft, die Gas in lokale Versorgungsnetze der Westbalkanländer einspeisen soll. "Dadurch würde Albanien zum Knotenpunkt für die Weiterverteilung von Erdgas in Richtung Westbalkan - etwa nach Montenegro, Bosnien und Kroatien", freut sich Dorian Ducka. Ähnliche Überlegungen werden auch in Nordgriechenland angestellt: Von dort aus soll eine 180 Kilometer lange griechisch-bulgarische Pipeline Erdgas aus Aserbaidschan in Richtung Bulgarien, Rumänien und Ungarn weiterleiten.

Unliebsame Konkurrenz für Russland?

Bleibt noch die Frage zu klären, ob Russland das TAP-Projekt als Konkurrenz zur South-Stream-Pipeline betrachtet, die voraussichtlich ab 2018 russisches Gas unter Umgehung der Ukraine durch das Schwarze Meer nach Bulgarien und Westeuropa liefern soll. Fast alle Teilnehmer auf dem "Balkans and the Adriatic Oil & Gas Summit" in Athen verneinen dies. Für den griechischen Energieminister Jannis Maniatis stellt sich die Frage gar nicht. In den nächsten Jahren benötige Europa ohnehin zusätzliche 100 Milliarden Kubikmeter Gas und könne jede Gaslieferung und jede neue Route gut gebrauchen, mahnt der Athener Politiker.

Foto von der Vertragsunterzeichnung zum Bau der TAP (Foto: Reuters)
Im Februar 2013 vereinbaren Griechenland, Italien und Albanien den Bau der TAPBild: Reuters

Diese Auffassung teilt Thedoros Tsakiris, Assistenzprofessor für Geopolitik an der Universität Nikosia (Zypern). South Stream und das TAP-Projekt stünden nicht in Konkurrenz zueinander, beteuert der Energieexperte. "South Stream erhöht nicht die Abhängigkeit Europas von russischen Gasimporten und soll auch keine neuen Marktanteile erobern, sondern bietet lediglich eine Alternativroute für bereits vereinbarte Gaslieferungen. Da ist die TAP-Pipeline keine ernst zu nehmende Konkurrenz - allein schon wegen ihrer geringen Kapazität. Während South Stream bis zu 150 Milliarden Kubikmeter pro Jahr liefert, bringt es die TAP auf höchstens 20 Milliarden im Jahr 2025“.