Trichet tritt Inflationsängsten entgegen
12. Mai 2010Wie unabhängig ist die europäische Zentralbank (EZB) tatsächlich von der Politik? Nach Meinung vieler Experten ist es in der Vergangenheit gelungen, die neue Währung stabil zu halten, weil mit der EZB eine unabhängige Instanz die Richtlinien der Geldpolitik bestimmte. Nun griff die Zentralbank zu einem bislang verpönten Mittel: Erstmals seit Gründung der EZB kauften europäische Notenbanken europäische Staatsanleihen, um massiven Spekulationen gegen die europäische Gemeinschaftswährung vorzubeugen. EZB-Präsident Jean-Claude Trichet hat die Entscheidung der Zentralbank zum Ankauf von Staatsanleihen der Euro-Länder verteidigt. "Unser Problem ist, dass wir die normale Währungspolitik in Europa am Funktionieren halten wollen", sagte Trichet in einem Interview des ZDF. Doch er stellte auch klar: "Die Banken sind nicht unser Problem." Das Problem sind immer noch die Schuldenberge einiger Euro-Staaten.
Das hochverschuldete Griechenland soll am Mittwoch (12.05.2010) die erste Finanzspritze des Internationalen Währungsfonds (IWF) von insgesamt 5,5 Milliarden Euro erhalten. Wie es aus Kreisen des Finanzministeriums in Athen hieß, werden es zwei Beiträge des IWF sein: Drei Milliarden Euro zu einem Zinssatz von 1,3 Prozent und ein zweiter Betrag in Höhe von 2,5 Milliarden Euro zu einem Zinssatz von 3,3 Prozent. Die Krise in Griechenland hatte in der Euro-Zone die Angst vor einer Ansteckung anderer Länder mit Haushaltsproblemen geschürt. Einige Finanzexperten warnen nun vor einer Inflation.
Trichet zeigt sich optimistisch
Trichet bemühte sich, Ängste vor einer Inflation zu dämpfen: "Die Liquidität, die wir in die Märkte hineinbringen, ziehen wir auch wieder ab, so dass sich die im Umlauf befindliche Geldmenge nicht vermehrt." In einer Reihe von Ländern sei es zu schweren Problemen gekommen, die die Währungspolitik der EZB infrage gestellt hätten. Dies sei der Grund für die veränderte Politik gewesen. Trichet betonte die Unabhängigkeit der EZB bei dieser Entscheidung.
Optimismus verbreitete auch Dominique Strauss-Kahn: Der Chef des IWF äußerte sich zuversichtlich, dass Griechenland mit Hilfe des Rettungspakets von EU und IWF aus seiner Finanzkrise herausfinden werde. Das mit den Finanzhilfen verbundene Sparprogramm sei "hart für die Griechen, aber der richtige Weg", sagte Strauss-Kahn in Zürich. Er sieht den zu Wochenbeginn mit der EU verabredeten Rettungsschirm über 750 Milliarden Euro als von den Märkten gut angenommen. Die Solidaritätsbemühungen sind aus seiner Sicht wahrgenommen worden: "Die Europäer und die Europäische Zentralbank haben ein beeindruckendes System eingeführt, um in Not geratenen Ländern zu helfen."
Brüssel fordert mehr Transparenz
Doch Brüssel will nun den Druck auf die verschuldeten Euro-Ländern erhöhen. Die EU-Kommission will zur Vermeidung hoher Schulden eine verstärkte Aufsicht über die Haushalte der Mitgliedsstaaten. Ein entsprechendes Konzept stellte EU-Währungskommissar Olli Rehn am Mittwoch in Brüssel vor. Demnach will die Kommission ab 2011 noch vor Verabschiedung über die nationalen Haushalte informiert werden. Bisher informierten die EU-Staaten Brüssel erst nach Verabschiedung des Haushalts.
Autor: Marcus Bölz (afp, dpa, apn)
Redaktion: Ursula Kissel