Der beliebte Fürst
2. Juni 2010Der persönliche Lebenslauf von Karel Schwarzenberg ist ein Spiegelbild der wechselvollen Geschichte Mitteleuropas. Als Sprössling der bürgerlichen Linie eines Adelsgeschlechts, welches umfangreiche Ländereinen und Besitzungen in Franken, Böhmen, der Steiermark und in Wien hatte, wurde er 1937 in Prag geboren.
Die Nazis beschlagnahmten nach der Besetzung der noch jungen Tschechoslowakei den Besitz der Familie. Nach Ende des Krieges enteigneten dann die Kommunisten das Adelsgeschlecht und verstaatlichten 1949 die Ländereien. Die Familie siedelte nach Österreich über. Karel Schwarzenberg behielt jedoch seine tschechoslowakische Staatsbürgerschaft und nahm später zusätzlich die Schweizer an.
Exil in den Familienschlössern
Der Familientradition folgend begann er, Forstwirtschaft und Rechtswissenschaften zu studieren, aber brachte dies nie zu Ende. Stattdessen führte er ein Leben als Bohemien in Wiener Kaffeehäusern zwischen Künstlern, Intellektuellen, Schriftstellern und Journalisten. Er heiratete Therese Gräfin von Hardegg, mit der er drei Kinder hat. Mit dem Tode seines Onkels Joseph III Schwarzenberg trat Karel das Erbe an und vereinigte die bürgerliche mit der fürstlichen Linie des Adelshauses.
Den Grundstein seiner späteren politischen Karriere legte die Schlussakte von Helsinki von 1977, in der sich die Unterzeichnerstaaten in Ost und West zur Achtung der Menschenrechte verpflichteten. Schwarzenberg wurde 1984 Präsident der Internationalen Helsinki Föderation, unter deren Dach sich 45 Menschenrechtsorganisationen vereinigten, und die sich die Überwachung der Helsinki-Verpflichtungen auf die Fahnen geschrieben hatte.
Aktivist für Bürgerrechte
Schwarzenberg, der über seinen Freund Vaclav Havel Kontakte zur Charta 77 und anderen osteuropäischen Menschenrechtsgruppen pflegte, nutzte sein neues Amt auch für Reisen in die Tschechoslowakei. Im Fränkischen Familienstammsitz in Scheinfeld gründete er ein Dokumentationszentrum zur Förderung der Tschechischen Literatur, mit besonderem Augenmerk auf Publikationen der Dissidenten.
Durch seine vielseitigen persönlichen Kontakte konnte er die samtene Revolution von 1989 mit prägen. Im Dezember 1989 ernannte ihn Vaclav Havel als neugewählter Staatspräsident zum Chef seiner Präsidialkanzlei.
Da Schwarzenberg nie die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft abgelegt hatte, erhielt seine Familie 1992 im Rahmen der postkommunistischen Restitution das Schloss im Südböhmischen Orlik und einige weitere Schlösser zurück.Schwarzenberg verzichtete jedoch in einem Vergleich auf eine Rückgabe von Ländereien, die unter die Landreform gefallen waren.
Einsatz für die Zivilgesellschaft
Nach Ende von Havels Amtszeit engagierte sich Schwarzenberg in gemeinnützigen Stiftungen und gab die Wochenzeitung "Respekt" heraus. Politisch organisierte sich Schwarzenberg zunächst in der Demokratischen Bürgerallianz ODA, die aus der Dissidentenbewegung hervorgegangen war.
Später nominierte die Grüne Partei ihn für das Amt des Außenministers in einer Koalitionsregierung mit der Konservativen Bürgerlichen Demokratischen Partei ODS. Dieses Amt bekleidete er von 2007 bis zur Übernahme der Regierung durch die Sozialdemokraten 2009.
Beliebter Politiker
Bei den Tschechen ist Schwarzenberg sehr beliebt, weil er sich über Jahre hinweg für sein Land engagiert hat und immer noch engagiert. Er steht für die Westorientierung Tschechiens und hat angekündigt, ausstehende Reformen in Angriff zu nehmen. Er unterscheidet sich von den etablierten Politikern, weil er nicht davor zurückschreckt, Schwierigkeiten beim Namen zu nennen. Die Erfahrungen Griechenlands möchten die tschechischen Wähler nicht machen müssen. Schwarzenberg macht sich für einen Sparkurs stark, der ohne Steuererhöhungen einhergehen soll, um den Aufschwung der exportorientierten Wirtschaft des Landes nicht zu gefährden. Er will außerdem das marode Gesundheits- und Rentensystem modernisieren.
Dabei kommt ihm zugute, dass er bei den Wählern als unbestechlich gilt. Gerade die von der ODS unter Bürgermeister Pavel Bem geführte Stadtverwaltung in Prag galt als vom Klüngel durchsetzt. Wer jedoch, wie Schwarzenberg, über ein Millionen-Vermögen verfügt, welches im dreistelligen Bereich geschätzt wird, brauche kein Bestechungsgeld, heißt es.
Dennoch nutzen politische Gegner seine Verbundenheit zu Österreich und Deutschland beizeiten aus, um Zweifel an seinem tschechischen Patriotismus zu erheben. Dies tat seiner Popularität aber keinen Abbruch, wie das Abschneiden seiner erst 2009 gegründeten Partei für Tradition, Verantwortung und Wohlstand, TOP 09, zeigt.
Autor: Fabian Schmidt
Redaktion: Julia Kuckelkorn